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AFRIKA/2033: Ostafrika von Sonne versengt - Wasserstellen versiegen (SB)


Dürre in Somalia und Nordkenia

40 Kilometer bis zur nächsten Wasserstelle

Demonstrationen in Nairobi wegen der hohen Lebensmittel- und Benzinpreise


Somalia wird von politischen Analysten gern als Musterbeispiel für einen "failed state" beschrieben. Seit mehr als zwei Jahrzehnten herrscht in dem ostafrikanischen Land Bürgerkrieg, die Provinzen Somaliland und Puntland haben sich mehr oder weniger abgespalten, und eine im Exil gebildete Übergangsregierung kontrolliert lediglich Teile der Hauptstadt Mogadischu und das auch nur, weil die Afrikanische Union mehrere tausend Soldaten zur Unterstützung entsandt hat.

In der Regel bedeutet die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Klan für die Einwohner Somalias mehr als die zu einer Religion. Klanskämpfe bestimmen die innersomalischen Verhältnisse, teils stark überprägt von ausländischen Interessen. Äthiopien und Eritrea fechten auf somalischem Boden einen Stellvertreterkrieg aus; fundamentalistisch muslimische Kräfte stellen sich den hegemonialen Absichten des Westens entgegen; Uganda will seinen Einfluß im ostafrikanischen Raum ausbauen und stellt dazu das größte Kontingent der AU-Mission AMISOM.

Die gesellschaftlichen Verhältnisse in Somalia wären jedoch gänzlich anders, wenn das Land nicht häufig von Naturkatastrophen heimgesucht würde. Wobei zwar manchmal auch großräumige Überschwemmungen auftreten, aber meist überwiegt Dürre. So wie aktuell in der Mittleren Shabelle-Region. Deren Bewohner sind durchaus dürreresistent, aber einen solchen Wassermangel wie derzeit haben sie noch nicht erlebt. Seit Anfang März habe man 54 Personen, die als Folge der Dürre gestorben sind, bestattet, davon allein sieben am heutigen Tag, sagte am Mittwoch Ali Barow, Anführer der kleinen Stadt Guulane, laut einem Bericht des UN-Informationsnetzwerks IRIN [1].

Die Stadt liegt rund 220 Kilometer nordöstlich von Mogadischu und zählt zusammen mit den umliegenden Dörfern Eil Barwaaqo, Hirka Dheere und Hagarey zwischen 20.000 und 25.000 Einwohner. Eine örtliche NGO habe zwar Wasser in einem Tankwagen herbeigeschafft, aber das habe nicht für alle Einwohner gereicht, und schließlich sei ihr das Geld ausgegangen, so Ali Barow. Das wird von Abukar Abdulahi Tifow, örtlicher Leiter besagter NGO namens WOCCA (Women and Child Care Organization), bestätigt. In einem Zeitraum über vier Wochen habe man Wasser für rund 8500 Personen herbeigeschafft. Aber dann seien die Mittel versiegt.

So wie das Wasser. Alle Trinkwasserstellen dieser Region sind ausgetrocknet. Es gibt nur noch wenige Stellen mit schmutzigem Wasser, das für den menschlichen Verzehr ungeeignet ist. Es wird trotzdem genommen, was die Gefahr von Krankheiten erhöht. Tifow zufolge gehen fast alle Todesfälle auf Diarrhö als Folge der Einnahme jenes Wassers zurück. Und der achtzigjährige Alasow Sharey Bool berichtet, daß er so eine Dürre noch nicht erlebt habe. Weil es in den letzten drei Jahren wenig regnete, hätten sie nichts, auf das sie aufbauen könnten. Sie hätten sich noch nicht einmal von der letzten Dürre erholt.

Ähnlich ergeht es den Einwohnern im Nachbarstaat Kenia. Am Dienstag demonstrierten dort Hunderte gegen die hohen Benzin- und Nahrungsmittelkosten. Dürre macht vor Landesgrenzen nicht halt, und so erlebt der Norden Kenias ebenfalls eine schwere Trockenheit. Die Menschen trieben ihre geschwächten Esel, die nichts gefressen hätten, an, um aus mehr als 40 Kilometern Entfernung Wasser herbeizuschleppen, sagte Abdullahi Ali aus der Stadt Sericho in einem weiteren IRIN-Bericht [2].

Nach Einschätzung der Vereinten Nationen sind mindestens 2,4
Millionen Somalier auf Hilfe angewiesen, weitere 1,4 Millionen sind
vertrieben. Das hat nicht nur mit der Serie an Dürreperioden zu tun,
sondern auch mit den sozialen Konflikten, aber diese werden durch
ungünstige klimatische Verhältnisse verstärkt.

Quellen:
[1] "Somalia: 'Worst Drought in a Lifetime'", UN Integrated Regional
Information Networks, 20. April 2011

http://allafrica.com/stories/201104210227.html

[2] "Kenya: Outrage Over Rising Fuel and Food Prices", UN Integrated Regional Information Networks, 20. April 2011
http://allafrica.com/stories/201104200474.html

21. April 2011