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AFRIKA/1842: UNCTAD warnt vor Nahrungsmittelmangel (SB)


Keine Entspannung seit Beginn der Preisexplosion für Nahrungsmittel

300 Millionen Einwohner Afrikas haben nicht genügend zu essen


Während die deutsche Industrie von riesigen solarthermischen Kraftwerken in Nordafrika träumt und den dort produzierten "grünen" Strom nach Europa leiten will, und die FAO plötzlich riesige Flächen von angeblich ungenutztem Agrarland in Afrika entdeckt haben will, träumt die dortige Bevölkerung von etwas ganz anderem, das ihr um vieles näher liegt als jene Perspektiven: Ein wenig zu essen, wenigstens für diesen einen Tag.

In Afrika leiden 300 Millionen Menschen Hunger, teilte die UNCTAD, die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung, diese Woche mit. [1] Die Lebensmittelkrise, die im vergangenen Jahr einsetzte, sei noch immer präsent, seine Ursachen wurden nicht behoben, warnten Experten. Damit die Lage auf dem Kontinent nicht noch schlimmer werde, seien große Anstrengungen erforderlich, erklärten sie bei einem Treffen, das unter dem Thema "Food security in Africa: lessons from the recent global crisis" in Genf abgehalten wurde.

"Ich habe noch nie so sehr im Stich gelassene Bauern gesehen. Sie haben niemals Hilfe beim Saatgut, Dünger, bei Finanzhilfen und hinsichtlich der Preisstabilität erhalten. Und sie müssen um Regen beten. Sie bekommen nicht die gleiche Unterstützung wie in Asien, Europa, den Vereinigten Staaten. Sie sind in der Armutsfalle gefangen", sagte Akinwumi Adesina, Vizepräsident der Alliance for a Green Revolution in Africa, auf der UNCTAD-Konferenz.

Seit den 1980er Jahren hat sich der Kontinent von einem Nettonahrungsexporteur zu einem Nettonahrungsimporteur gewandelt. Inzwischen müssen die Staaten Afrikas ein Viertel der Nahrungsmittel von außerhalb einführen. Adesina kritisierte, daß die Vernachlässigung der Landwirtschaft bei einigen afrikanischen Regierungen und Geberländern auf eine lange Tradition zurückgeht; im Rahmen von Strukturanpassungsprogrammen und einer neoliberalen Ökonomie seien Agrarsubventionen gestrichen worden.

Nach UNCTAD-Angaben [2] wird die ohnehin mangelhafte landwirtschaftliche Produktivität Afrikas vom Bevölkerungswachstum, der Urbanisierung und von Veränderungen der Ernährungsgewohnheiten überholt. Finanzielle Mittel, die zu landwirtschaftlichen Reformen führen könnten, seien kaum mehr anzutreffen, weil die Regierungen während der Finanzkrise ihre Haushalte erschöpft hätten.

Auch wenn die Lebensmittelpreise geringfügig zurückgegangen sind, können sich viele afrikanische Familien nicht mehr Nahrung in ausreichender Menge leisten. Als Ursachen hat die UN-Unterorganisation Arbeitslosigkeit und geringere Einkommen ausgemacht. Die Experten warnen davor, daß jederzeit eine ähnliche Lebensmittelkrise wie 2008 eintreten könnte, sollten die Preise für Grundnahrungsmittel wie Reis, Weizen, Mais und Speiseöl auf dem Weltmarkt erneut steigen. Innerhalb von nicht einmal zwei Jahren ist die Zahl der Hungernden weltweit von rund 840 Millionen auf über eine Milliarde gestiegen.

Anmerkungen:

[1] "Help vital for African food security, meeting told", 30. Juni 2009
http://www.unctad.org/Templates/Page.asp?intItemID=4934&lang=1

[2] "Lingering food crisis in Africa to be examined", 29. Juni 2009
http://www.unctad.org/Templates/Page.asp?intItemID=4922&lang=1

2. Juli 2009