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AFRIKA/1795: DR Kongo - 150 Personen unter UN-Aufsicht verschwunden (SB)


Rückschlag für das UN-Entwaffnungsprogramm in der DR Kongo

Zur Rückführung bereite Ex-Kämpfer spurlos verschwunden


In der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) sind 150 Personen aus einem UN-Entwaffnungsprogramm spurlos verschwunden. Das ist sicherlich nur eine kleine Nebenmeldung verglichen beispielsweise mit jenen über die Blutspur der ugandischen LRA-Rebellen, die im Osten der DR Kongo mehr als 1000 Dorfbewohner massakriert und eine unbekannte Zahl von Kindern entführt haben. Oder mit der Meldung, daß sich die Armeen der DR Kongo und Ruandas zur Jagd auf Milizengruppen zusammengeschlossen haben. Dennoch sollte das Verschwinden jener 150 Menschen und ihrer Angehörigen nicht ebenso spurlos in Blätterwald verschwinden.

Bei den Personen handelt es sich um Kämpfer aus der ruandischen Volksgruppe der Hutu, die sich einverstanden erklärt hatten, ihre Waffen abzugeben und wieder nach Ruanda zurückzukehren, meldete UN News (10.2.2009). Die Entwaffnung war bereits abgeschlossen, die ehemaligen Milizen wurden von einer kirchlichen Organisation in Kasiki, 200 Kilometer nördlich der Provinzhauptstadt Goma, versorgt und sollten am 8. Februar, geschützt durch die Blauhelmsoldaten der UN-Mission MONUC, nach Goma und dann weiter nach Ruanda gebracht werden.

Als die UN-Soldaten des Entwaffnungs- und Wiedereingliederungsteams am 8. Februar Kasiki erreichten, war die Gruppe offenbar in großer Eile verschwunden. Nach MONUC-Angaben blieben die Soldaten noch vor Ort, um die 150 Personen gegebenenfalls ausfindig zu machen und zur Einhaltung ihres ursprünglichen Plans zu überreden. Zugleich appellierte MONUC an andere ruandische Milizen, sich entwaffnen und repatriieren zu lassen.

Über den Verbleib der Gruppe kann nur spekuliert werden. Falls sie "kalte Füße" bekommen und es sich anders überlegt hat, wäre das deswegen nachvollziehbar, weil ruandische und kongolesische Regierungssoldaten derzeit eine Hatz auf die Hutu-Rebellen der FDLR, von der sich die 150 Kämpfer getrennt hatten, betreiben und keineswegs den Eindruck erwecken, als nähmen sie dabei Rücksicht auf Unbewaffnete und Unbeteiligte. Ob die rückgeführten Ruander in ihrer ursprünglichen Heimat vor staatlicher Verfolgung geschützt sein würden, dürfte ein Hauptthema unter ihnen gewesen sein.

Falls die Gruppe aber ihre Pläne gar nicht aufgegeben hatte und aus anderen Gründen verschwunden ist, was gewiß nicht zu wünschen wäre, so würde das das Ansehen der MONUC in der Region noch mehr schmälern und sie könnte ihr Entwaffnungsprogramm einstellen.

Schlimm genug, daß im vergangenen Jahr aus einem bewachten Schutzhaus des UN-Tribunals für Ruanda in der tansanischen Stadt Arusha ein enorm wichtiger Belastungszeuge verschwand, kurz bevor er vor Gericht aussagen sollte, daß die ruandischen Behörden ihn und andere Zeugen erpreßt haben, Falschaussagen vor dem Tribunal zu machen, wodurch die angeklagten mutmaßlichen Völkermörder belastet wurden. Schlimm genug, daß das UN-Tribunal daraufhin nicht seine Arbeit eingestellt hat, um sämtliche Urteilssprüche aufzuheben und die Verfahren von neuem zu beginnen.

Sollte sich erweisen, daß die Vereinten Nationen auch im Fall der 150 ehemaligen Hutu-Milizen für keinen ausreichenden Schutz sorgen konnten, erwiese sich der ohnehin zu hinterfragende Anspruch, als Schutzmacht für welchen Frieden auch immer zu wirken, vollends als Makulatur. Aber selbst wenn sich die Gruppe aus freien Stücken vom MONUC-Entwaffnungs- und Rückführungsprogramm verabschiedet hat, wäre das alles andere als ein Ruhmesblatt für die UN-Soldaten.

11. Februar 2009