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LAIRE/1268: Auslaufmodell bemannte Raumfahrt - X-37B löst Space Shuttles ab (SB)


Globalhegemonialer Anspruch der USA wird zunehmend durch robotische Systeme vorgetragen


Die US-Raumfähre "Discovery" ist heute gegen 18.00 Uhr MEZ in Cape Canaveral, Florida, gelandet. STS-133 ist die letzte "Mission" des tonnenschweren Personen- und Lasttransporters, die Weltraumbehörde NASA hat maximal zwei weitere Flüge mit den verbliebenen Space Shuttles "Endeavour" und "Atlantis" geplant. Es wäre allerdings ein Irrtum anzunehmen, daß die USA die Vorherrschaft im Weltraum an andere Nationen abtreten. Lediglich bei der bemannten Raumfahrt stecken die Militärstrategen im Pentagon und Weißen Haus ein wenig zurück, während sie in Betrieb und Weiterentwicklung unbemannter Raumfahrzeuge durchaus hohe Summen investieren.

Auch wenn die USA demnächst keinen eigenen weltraumtauglichen Personentransporter mehr im Arsenal haben, strebt die größte Militärmacht der Welt, dessen Streitkräfte eng mit der vermeintlich zivilen Zielen verpflichteten NASA zusammenarbeitet, "full spectrum dominance" an, also eine Vorherrschaft zu Land, Wasser, in der Luft und im Weltraum. Um das zu erreichen, müssen nicht Menschen ins All fliegen, vieles erledigen robotische Systeme besser und vor allem billiger. Vergleichbar mit der Entwicklung bei der US Air Force, die inzwischen mehr Piloten am Joystick ausbildet, über den Kampf- und Spionagedrohnen gesteuert werden, als in echten Jets, werden Roboter auch die zukünftige Raumfahrt bestimmen.

Dazu paßt es, daß die USA zwar ihr Space Shuttle-Programm auslaufen lassen, aber vor kurzem mit dem unbemannten Experimentalraumschiff X-37B bereits zum zweiten Mal eine Miniaturausgabe der Raumfähre ins All bringen. Wie beim ersten Flug der X-37B von April 2010 an lassen die Militärs den Verwendungszweck des Raumtransporters weitgehend im dunkeln. Dem 8,90 Meter langen, knapp fünf Tonnen schweren Raumschiff wird nachgesagt, daß es Satelliten im Orbit aussetzen kann. Das klingt an sich harmlos, doch zur Satellitenbeförderung existieren andere, bewährte Trägersysteme, dazu bedarf es keines neuen Transporters. Wenn man jedoch annimmt, daß X-37B militärische Aufgaben erfüllen soll, bekommt das Projekt Sinn.

Weltraumhegemonie kann eine Nation nicht nur dadurch erlangen, daß sie zahlenmäßig mehr Satelliten ins All schießt als andere Nationen oder technologisch laufend an der Spitze bleibt, sondern auch dadurch, daß im Bedarfsfall die Satelliten anderer Nationen ausgeschaltet werden. So wäre eine Schar Minisatelliten, von X-37B im Orbit ausgesetzt, möglicherweise in der Lage, Angriffe gegen die Satelliten der Chinesen, Russen oder von wem auch immer zu fliegen. Im Bereich der vorstellbaren Möglichkeiten, wie die Miniraumfähre eingesetzt werden kann, gehört auch die, daß auf ihr eine Laserwaffe installiert wird, mit der die künstlichen Trabanten der Konkurrenz zerstört werden können. Zu schlechter Letzt könnte X-37B Geschosse und ähnliche "Ballaststoffe" in den Orbit tragen und abwerfen ("Rods of God"), um im Rahmen kriegerischer Handlungen durch die Aufschlagswucht schwere Zerstörungen am Boden anzurichten. Bereits die Androhung dieser Option stellt ein beachtliches Erpressungspotential dar.

Historisch gesehen hat die bemannte Raumfahrt beiderseits des eisernen Vorhangs eine wichtige ideologische Funktion erfüllt, Stichwort Systemkonkurrenz. Es soll auch gar nicht ausgeschlossen werden, daß eine Weltraummacht wie die USA in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten aus eigener Kraft bemannte Flüge zum Mond und darüber hinaus durchführen wird. Auf den gesellschaftlichen Kitt, der sich über die Heldenverehrung von Raumfahrern erzeugen läßt, wird man im Weißen Haus weiterhin nur ungern verzichten. Doch pragmatische Aufgaben wie das Ausknipsen feindlicher Trabanten können auch Roboter erledigen. In den bevorstehenden Zeiten multipler Krisen, des Ressourcenmangels und des Klimawandels und der knallharten machtpolitischen Antwort darauf wird die bemannte Raumfahrt zum Auslaufmodell.

9. März 2011