Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → MEINUNGEN

LAIRE/1257: Illegale Datenbeschaffung - Ja zu Steuersünder-CDs, Nein zu WikiLeaks (SB)


Kurze Anmerkungen zur widersprüchlichen Haltung der Regierung gegenüber Datenlecks


Nicht Mitleid mit den Systemprofiteuren, die dermaßen viel Geld anhäufen, daß sie einen Teil davon auf Bankkonten in Liechtenstein oder der Schweiz deponieren konnten und sich nun im Visier der deutschen Steuerfahndung befinden, steckt hinter der folgenden Beobachtung: Die Regierung verhält sich widersprüchlich. Sie zeigt eine auffällige Diskrepanz im Umgang mit illegal beschafften Daten. Da haben wir zum einen jene berüchtigten CDs mit Steuersündern aus der Schweiz und Liechtenstein, die deutsche Finanzbehörden - vom Bundesverfassungsgericht höchstrichterlich abgesegnet - zwielichtigen Personen abgekauft haben. Und auf der anderen Seiten die ebenfalls nicht legal beschafften Datensätze von WikiLeaks über vertrauliche Diplomatendepeschen aus dem US-amerikanischen Außenministerium.

Dürfen die Bürgerinnen und Bürger eigentlich nicht von ihrer Regierung ein in sich widerspruchsfreies Verhalten erwarten? Das trifft offensichtlich nicht zu. Worin sonst besteht der prinzipielle Unterschied zwischen dem Datenleck, das zur Aufdeckung von Bankgeheimnissen, und dem, das zur Aufdeckung von diplomatischen Geheimnissen führt, wenn nicht allein darin, daß erstere den Behörden genehm, letztere unangenehm sind?

Der sich hier offenbarende Widerspruch überrascht allerdings nicht wirklich, steht er doch geradezu synonym für eine qua ihres Gewaltmonopols legitimierte Herrschaft. Was wäre eine Regierung, die nicht das Recht nach ihrem Gusto zurechtböge? Sie liefe in Gefahr, das Vertrauen der Menschen in ihre Durchsetzungsfähigkeit zu verlieren ...

Wer sich den Kopf darüber zerbricht, warum die Steuersünder-CDs ein positiv konnotiertes Datenleck sind, wohingegen die von WikiLeaks freigegebenen Diplomatendepeschen einem finsteren Leck entspringen sollen, hat noch immer nicht begriffen, daß Recht und Unrecht Knetmasse in den Händen der Mächtigen sind. Beim Umgang mit den Steuersünder-CDs kommt hinzu, daß die Regierung nicht alle Möglichkeiten der Strafverfolgung ausnutzt - beim Umgang mit den WikiLeaks-Daten hingegen kommt hinzu, daß diese als Vorwand für erweiterte Möglichkeiten der Strafverfolgung genutzt werden.

9. Dezember 2010