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LAIRE/1241: Sparpläne der Bundeswehr - Trojanisches Pferd für die Berufsarmee (SB)


Die Transformation der Bundeswehr zur Berufsarmee

Von der Landesverteidigung zur Ressourcensicherung


Verteidigungsminister zu Guttenberg hat Sparpläne vorgelegt, wonach die Bundeswehr um ein Drittel verkleinert werden soll. Damit bewegt er sich jedoch nicht etwa auf den Standpunkt radikaler Friedensaktivisten zu, die eine Abschaffung der Bundeswehr verlangen, sondern er will die Armee schlagkräftiger machen. Die Wehrpflicht wurde bereits verkürzt und soll ganz abgeschafft werden. Deutschland würde dann eine Berufsarmee erhalten. Den sozioökonomischen Voraussetzungen zufolge dürfte der Plan aufgehen, denn es wird genügend perspektivlose Nachwuchsdeutsche geben, die sich für Brot und Lohn in die entlegensten Weltregionen schicken lassen, um dort lauter gute Dinge zu tun, beispielsweise Frieden erzwingen oder anderen Soldaten beibringen, wie man Frieden erzwingt.

Miesmacher, die anmerken, daß die Bundeswehr allein zur Landesverteidigung eingesetzt werden darf, sind offensichtlich von vorgestern. In einer globalisierten Welt gibt es keine Nationen mehr. Was umgekehrt bedeutet, daß die Nation alles ist. Deutschland wird auch am Hindukusch, am Horn von Afrika, im Mittelmeer, in Sudan, DR Kongo und Uganda sowie - schon bald der Vergessenheit anheimgefallen - in Bosnien-Herzegowina und Kosovo verteidigt. Und morgen in der ganzen Welt.

Die Sparpläne der Bundeswehr sind das Trojanische Pferd, mit dem die Berufsarmee in Deutschland eingeführt werden soll. Anders wäre eine solche Transformation nicht durchsetzbar. Hinter den Kürzungsplänen wird die eigentliche Botschaft versteckt. Wäre das Verteidigungsressort nicht verringert, sondern womöglich noch aufgestockt worden, hätte die Gefahr bestanden, daß der Widerstand gegen die Transformation unüberwindlich angewachsen wäre. Dann wäre vielleicht sogar gesellschaftlich breiter darüber diskutiert worden, was eine Berufsarmee anders macht als eine Armee von Wehrpflichtigen, und man wäre darauf gekommen, daß mit dem Berufssoldat viel eher Kriege für Ziele zu führen sind, wie sie der frühere Bundespräsident Horst Köhler selbstverständlich nicht gemeint hat, als er den Militäreinsatz der Bundeswehr in einen Kontext mit der Ressourcensicherung für die deutsche Wirtschaft stellte ...

Die Transformation der Bundeswehr ist ein politisches Projekt, ein Projekt der Eliten. Durch die Umformung werden nicht einfach nur neue Strukturen geschaffen, es geht inhaltlich um neue Aufgaben. Im Reichstag denkt man langfristig. Wenn der Meeresspiegel steigt und die Überlebensressourcen global wesentlich knapper werden, dann wächst die Notwendigkeit, Frieden zu erzwingen, das heißt zu befrieden, um die eigene privilegierte Lebensweise zu sichern. Das führt das US-Militär derzeit in Pakistan prächtig vor. Wie aus dem Lehrbuch: Während die Einwohner um ihr Leben kämpfen, weil der Indus und andere Flüsse entufert sind und weite Landesteile unter Wasser gesetzt haben, bombardiert die US-Luftwaffe pakistanische Wohnhäuser und bringt deren Bewohner ums Leben.

Was haben die Leute nur gegen uns, wir sind Amerikaner, wir sind doch die Guten, lautet der völlig von der Realität abgehobene Spruch, der tatsächlich keine Ausgeburt einer drittklassigen Hollywood-Komödie ist, sondern die Einstellung vieler Welteroberungskrieger aus Amerika wiedergibt. Auch wir, die Deutschen, sind Amerikaner. Uneingeschränkt.

Damit soll nicht der doch recht eingeschränkten Sichtweise zumeist nationalkonservativer Kreise das Wort geredet werden, die Deutschland zu mehr Geltung verhelfen wollen. Mit der Umformung der Bundeswehr wird die Verwendbarkeit des soldatischen Menschenmaterials für die vorherrschenden Kräfte, die sich nicht mit nationalstaatlichen Kategorien wie USA oder Deutschland fassen lassen, verbessert. So etwas hat dann Rückwirkungen auf die Gesellschaft und ihr bevorzugtes Menschenbild: Krieg wird zur weithin anerkannten (Überlebens-)Ratio.

Die Bundeswehr wird verkleinert und zu einer Berufsarmee umgebaut. Wer sagt denn, daß sie nicht in einigen Jahren wieder personell auf den Stand von heute gebracht wird? Wie anders wenn nicht auf diese Weise sollte ein Verteidigungsminister vorgehen, wollte er in Deutschland eine Invasions- und Ressourcensicherungsarmee aufbauen?

25. August 2010