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STANDPUNKT/139: "Die Ahnungslosen" (Hans Fricke)


"Die Ahnungslosen"

von Hans Fricke, 14. November 2011


Seit dem 11. November 2011 sind wir Zeuge eines makaberen innenpolitischen Trauerspiels mit dem Titel "Die Ahnungslosen". Die Ereignisse überschlagen sich und eine hilflose Erklärung jagt die andere. Die Generalbundesanwaltschaft (GBA) hat die Ermittlungen zu den beiden vor einer Woche in Eisenach tot aufgefundenen mehrfachen Bankräubern Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, die gemeinsam mit der mittlerweile inhaftierten Beate Zschäpe an der Erschießung der Polizeibeamtin Michele Kiesewetter im April 2007 in Heilbronn beteiligt gewesen sein sollen, an sich gezogen. Was anfangs wie eine Horrorvision anmutete, wird mehr und mehr ein realistisches Szenario, das alle Vermutungen und Ängste zu übersteigen droht.

Die drei Rechten, die Ende der 1990er Jahre beim neofaschistischen "Thüringer Heimatschutz" (THS) aktiv waren und damals u.a. einen funktionsfähigen Sprengsatz vor dem Jenaer Theater deponiert hatten, werden nun auch für die sogenannten Döner-Morde an acht Türken und einem Griechen zwischen 2000 und 2006 verantwortlich gemacht. Der "Thüringer Heimatschutz" war einem Beitrag von Markus Bernhardt in 'Junge Welt'vom 12./13.11.2011 zufolge von einem V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes aufgebaut und geleitet worden.

Wie die GBA erklärte, sei auch "die Verstrickung möglicher weiterer Personen aus rechtsextremistischen Kreisen in die Taten" Gegenstand des Ermittlungsverfahrens. Am 13. November wurde mit Holger G. ein weiterer Komplize der braunen Terrorgruppe festgenommen, die sich selbst den Namen "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) gab. Damit ist bereits jetzt eine Legende zerstört. Nämlich die, es habe sich um eine isolierte Gruppe gehandelt. Die alten Kontakte aus der Zeit des "Thüringer Heimatschutzes" haben offenbar weiterhin bestanden, denn G. gehörte zu jenen, gegen die Ende der neunziger Jahre wegen Bombenanschläge und Sprengstofffunde ermittelt wurde. Ob auch Ermittlungen gegen Beamte der Landesämter für Verfassungsschutz in Thüringen, Sachsen, Hessen und NRW geführt werden, ist nicht bekannt. Es häufen sich aber Kritiken und Anfragen von Abgeordneten, wie es überhaupt möglich gewesen sein konnte, dass Mundlos, Böhnhardt bzw. Zschäpe Anfang 1998 ohne Hilfe der Behörden bzw. der führenden THS-Kader untertauchen, über Jahre unbehelligt von Polizei und Verfassungsschutz in Zwickau wohnen und 13 Jahre bombend und mordend quer durch die deutschen Lande ziehen konnten. Jetzt werden weitere, zurückliegende Straftaten dahingehend untersucht, ob auch sie zur neonazistischen Mordserie gehören. Dabei soll es sich um einen Nagelbomben-Anschlag in einer überwiegend von Türken bewohnten Straße in Köln im Jahr 2004 sowie um einen Handgranatenanschlag auf jüdische Aussiedler am Düsseldorfer S-Bahnhof "Wehrhahn" im Sommer 2000 handeln.

Es lässt sich schon jetzt absehen, dass der wahrscheinlich größte Geheimdienst-Skandal in der Geschichte der Bundesrepublik weitere Kreise ziehen wird. Es geht um die Fragen, welche staatlichen Stellen und V-Leute haben das Mörder-Trio bei seinen Aktivitäten unterstützt, gedeckt, finanziert und mit "legalen illegalen Papieren", die im Regelfall nur verdeckte Ermittler, die im Auftrag des Nachrichtendienstes arbeiten und von ihm geführt werden, versorgt. Der Bundesanwaltschaft dürfte kaum zuzutrauen sein, dass sie diese Fragen restlos aufklärt. lm übrigen scheint es schwer verständlich, warum zwei Neonazis, die offenbar von den Geheimdiensten mit Papieren ausgestattet wurden und völlig unbehelligt leben und morden konnten, sich selbst plötzlich umgebracht haben sollen.

Nach Einschätzung von Hans-Peter Uhl, CSU-Innenexperte könnten die Morde an der Heilbronner Polizistin und an den ausländischen Kleinunternehmern eine Verfassungsschutz-Affäre nach sich ziehen. ln einem lnterview mit der "Mitteldeutschen Zeitung" wird er mit den Worten zitiert: "Es ist nicht ausgesschlossen, dass sich aus all dem noch ein Verfassungsschutzproblem ergibt." Möglicherweise habe der Geheimdienst mehr über die Hintergründe der Taten gewusst, als bisher bekannt sei, wurde Uhl zitiert. "Ich habe das Gefühl, das wird noch sehr interessant", so der CSU-Politiker.

Zwei Ergänzungen zu Herrn Uhl's Erklärungen seien mir erlaubt:
1. Das "Verfassungsschutzproblem" braucht sich nicht erst noch "ergeben". Es ist schon jetzt für jedermann offenkundig und
2. halte ich den Ausdruck "sehr interessant" aus dem Munde eines Mannes, der seit 2005 Leiter der Arbeitsgruppe Innenpolitik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist, für deplatziert. Er wäre gut beraten gewesen, hätte er sich des Ausdrucks "beschämend" bedient. Dieses Adjektiv gilt für alle mit deutscher Innenpolitik, folglich auch mit der inneren Sicherheit befassten Personen und Gremien, nicht zuletzt für die von Herrn Uhl geleitete Arbeitsgruppe.

Denn wer sehen wollte, dem war schon lange klar, dass der Rechtsextremismus in unserem Land sich zu einer neuen Qualität, nämlich zum Rechtsterrorismus, entwickelt hatte. Wer, wie der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD), am Wochenende konstatierte, aus Rechtsextremisten seien Terroristen geworden, vermittelt objektiv den irreführendenden Eindruck, diese Entwicklung sei sozusagen "über Nacht" geschehen, und der muss sich gleichzeitig fragen lassen, welchen Wert die Arbeit des Verfassungsschutzes im Hinblick auf die rechte Szene hat. Aber so, wie die Bundesregierung sich jahrelang davor hütete zuzugeben, dass es sich beim Afghanistaneinsatz der Bundeswehr um einen ganz gewöhnlichen Kriegseinsatz handelt, so scheute sie sich bis zur Erklärung des Bundesinnenministers vor wenigen Tagen davor, die neonazistischen Morde als Rechtsterrorismus zu bezeichnen.

Folgt man der offiziellen Geschichtsschreibung, dann hat es in der BRD, in der deutschen Geschichte überhaupt, nur linke Gewalt gegeben. Es existiere kein "rechtsextremistischer Terror" versicherte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) selbstsicher, der seit seinem Amtsantritt mit weisen Sprüchen über den Islam und die rote Gefahr brillierte, nach dem Massaker des Anders Breivik in Oslo.

"DIE ZEIT" und "DER TAGESSPIEGEL" berichteten in ihren Ausgaben vom 16. September 2010, dass seit dem 3. Oktober 1990 "mindestens 137 Menschen bei Angriffen von Neonazis und anderen rechten Gewalttätern ums Leben gekommen sind. Diese Zahlen stützen sich auf gemeinsame Recherchen beider Zeitungen. Sie haben Urteile gesichtet, Staatsanwaltschaften, Gerichte, Sicherheitsbehörden sowie Opferberatungsstellen befragt und mit Hinterbliebenen getöter Menschen gesprochen.

"DER TAGESSPIEGEL" kommentierte am 16. September 2010 das Ergebnis der Recherche mit den Worten: Polizei und Bundesregierung melden "für die Jahre von Oktober 1990 bis heute lediglich 47 Todesopfer. Das sind 90 weniger als "DER TAGESSPIEGEL" und "DlE ZEIT" recherchiert haben. Obwohl die Innenminister von Bund und Ländem sich vor zehn Jahren auf ein neues, deutlich erweitertes System zur Erfassung politisch motivierter Kriminalität (PMK) verständigt hatten. Doch immer gibt es noch reichlich Fälle, in denen Strafverfolger ein rechtes Tatmotiv kaum oder gar nicht ergründen".

Die Bundesregierung begründet die große Diskrepanz zwischen den Feststellungen der staatlichen Stellen und journalistischen Recherche in der Bundesdrucksache 16/14122 wie folgt: "... Möglichkeiten zur Korrektur und Anpassung der polizeilich erfassten Fälle der politisch motivierten Kriminalität entsprechen den sich gegebenenfalls ändernden Bewertungen im Laufe der polizeilichen Ermittlungen, des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens und des Strafverfahrens ... Mit Ausnahme der echten Staatsschutzdelikte, die unabhängig von der Motivation des Täters immer als PMK zu erfassen sind, ist für die Polizei- und Justizbehörden die Tatmotivation für die konkrete Tat entscheidend. Sie ist in Würdigung aller Umstände der Tat und der Einstellung des Täters zu ermitteln."

Demgegenüber haben die von Journalisten des "DER TAGESSPIEGEL" und der "Frankfurter Rundschau" vorgelegten Listen zu rechtsextrem motivierten Tötungen nach eigenen Angaben darüber hinaus all jene Fälle enthalten, bei denen der Täter nachweislich einem rechtsextrem eingestellten Milieu anzurechnen und ein anderes Tatmotiv nicht erkennbar ist.

In der Großen Anfrage der Abgeordneten Petra Pau, Jan Korte, Sevim Dagdelen, Ulla Jelpke, Ulrich Maurer, Kornelia Möller, Jens Petermann, Raju Sharma, Frank Tempel, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE vom 20. März 2011 (Bundesdrucksache 17/5303) heißt es dazu:

"Das Problem der Argumentation der Bundesregierung ist, dass sie die vom Gericht nachzuweisende Tatmotivation des Täters zum entscheidenden Maßstab für die Klassifizierung des Täters macht, die nachgewiesene Tatmotivation also darüber entscheidet, ob die Tat der PMK-rechts zuzuordnen ist. Nun ist bekannt, dass Täter vor Gericht ihr Totmotiv verschleiern können. Sie müssen nicht darlegen, wenn es so war, dass sie einen Migranten aus rassistischen Motiven totgeschlagen haben oder einen Obdachlosen zu Tode gequält haben, weil der für sie 'unwertes Leben' dargestellt hat. Die Täter können beispielsweise, um das Strafmaß für sich beträchtlich zu mindern, sagen, dass sie den Migranten oder den Obdachlosen unter erheblichen Alkoholeinfluss getötet hätten und während der Tat nicht zurechnungsfähig waren. Und die Angeklagten rechter Tötungsdelekte müssen vor Gericht nicht darlegen, dass sie in einem rechtsextrem eingestellten Milieu tief verstrickt sind und dass menschenverachtende Gewalt Teil ihrer Lebenseinstellung oder Programmatik ist.

Gerichte müssen natürlich alle Umstände der Tat und die Einstellung des Täters würdigen.

Juristisch ist dies nicht immer einfach und allen Tätern kann auch nicht einwandfrei die spezifische Motivation zur jeweils vorgeworfenen Tat nachgewiesen werden. Die politische Beurteilung und Bewertung der Tötungsdelekte muss diese gesamte juristische Bewertung der Gerichte nicht nur nicht nachvollziehen. Sie darf sie nicht zu ihrem eigenen Maßstab machen. Die polizeiliche Kriminalstatistik wird auch nicht nach diesen Kriterien geführt.

Das Ergebnis des bisherigen Vorgehens der Bundesregierung ist: Die reale Gefahrenlage wird nicht erfasst und die tatsächliche Bedrohung, die vom Rechtsextremismus ausgeht, wird der Bevölkerung verharmlosend dargestellt. Die PMK ist die Grundlage für die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Gefährdungslagen in bestimmten Deliktbereichen. Es liegt auf der Hand, dass bei einem gesellschaftlich so brisanten Thema wie Rechtsextremismus und rechtsextreme Gewalt eine Differenz von 90 Todesopfern zu erheblichen Verunsicherungen über Aussagekraft und Zuverlässigkeit öffentlicher Darstellung führt.

Die Journalistinnen und Journalisten des "DER TAGESSPIEGEL", der "Frankfurter Rundschau" und der "DlE ZEIT" gehen allerdings einen anderen Weg: Sie weisen tatsächlich nach, dass die Täterinnen und Täter, die sie in ihrer Bilanz der rechten Tötungsdelikte seit 1990 aufführen, aus dem rechten Millieu kommen. Und sie weisen darüber hinaus auch nach, dass die Täter selbst im Ermittlungs- und Strafverfahren ihre Gesinnung teilweise offenbart hatten und damit auch die Motivation. Den 137 Tötungsdelikten fügten "DER TAGESSPIEGEL" und "DIE ZEIT" noch weitere 14 Verdachtsfälle von Todesopfern rechter Gewalt hinzu."

Die Große Anfrage von Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE enthält auf 39 Seiten die Aufzählung von 79 Tötungsverbrechen mit politisch rechter Motivation, ihre Begehungsweise und andere Einzelheiten. Sie stand seit März diesen Jahres als Bundesdrucksache allen besorgten und überraschten "Ahnungslosen", angefangen von der Bundeskanzlerin bis in die Innenministerien der Bundesländer zur Verfügung. Es lag also an ihnen, sich kundig zu machen oder sich auf die seit Jahren aus politischen Gründen geschönten amtlichen Statistiken zu stützen. Es sei ohnehin gestattet, darauf aufmerksam zu machen, dass die Partei DIE LINKE meines Wissens nach die einzige Partei im Bundestag ist, die mit ihren kleinen und großen Anfragen die Bundesregierung immer wieder gezwungen hat, zum Thema neonazistische Gewalt Stellung zu nehmen, während die anderen Parteien damit beschäftigt waren, die neonazistische Gefahr zu verharmlosen und zu verdrängen.

Die besagte jüngste Große Anfrage der Linkspartei beginnt mit der Tötung des polnischen Staatsbürgers Andrej T. am 7. Oktober 1990 in Lübbenau (Brandenburg) und endet mit der Tötung des 50-jährigen Hans-Joachim S. in Dessau (Sachsen-Anhalt) am 1. August 2008 durch zwei alkoholisierte Rechtsextreme. "Vor allem Sebastian K. agierte mit extremer Brutalität. Er schlug auf das wehrlose auf einer Bank schlafende Opfer mit einem fünf Kilogramm schweren Müllkontainer ein. Die Polizei entdeckte auf dem Handy der beiden Täter unter anderem Hakenkreuze, die Parole 'Die Juden sind unser Unglück' und Lieder rechtsextremer Bands. Im Prozess berichtete ein Zeuge, Sebastian K. habe in der Untersuchungshaft das Opfer einen 'Unterbemittelten' genannt, der nichts anderes verdient habe. Das Landgericht Dessau sah kein rechtes Motiv und verurteilte im April 2009 beide Angeklagten wegen Mordes.

"Die Zustände in der Polizeidirektion Dessau etwa beschäftigen" einem Bericht von Johannes Radtke vom 16. September 2010 zufolge, "seit längerem einen Untersuchungsausschuss des sachsen-anhaltinischen Landtags. Drei engagierte Staatsschützer waren dort nach eigenen Angaben von ihrem Chef belehrt worden, sie müssten ja 'nicht alles sehen'. Zu viele registrierte rechte Straftaten könnten nämlich 'das Ansehen unseres Landes' schädigen." Johannes Radtke schreibt weiter: "Im bayrischen Memmingen etwa verhandelte das Landgericht im Dezember 2008 den Fall eines polizeibekannten Rechtsextremisten, der einen Nachbarn mit dem Bajonett erstochen hatte, nachdem dieser sich mehrfach über das Abspielen rechtsextremer Musik beschwert hatte. Obwohl der Täter in den Polizeivernehmungen zugab, dass er sehr wohl ein politisches Motiv verfolgte, spielte dieses in der eintägigen Verhandlung keine Rolle. Deshalb taucht die Tat in der bayrischen PMK-Statistik nicht auf. Dem Vizepräsidenten des Landgerichts, Manfred Mürbe, ist dies im Rückblick peinlich. Die Strafkammer habe es halt dabei belassen, den 'äußeren Sachverhalt' zu klären, sagte er auf Nachfrage."

Abschließend fragt Radtke: "Wie also steht es heute um die braune Gewalt in Deutschland? Von insgesamt 19.468 rechten Straftaten, darunter 959 Gewalttaten, sprach Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU), als er im März die Bilanz für 2009 vorlegte. 'Alles andere als erfreulich' sei dies, 'der zweithöchste Wert seit 2001'. Doch wenn die Behörden reihenweise selbst schlimmste Taten wie Mord und Totschlag nicht richtig einordnen, wie verlässlich sind dann erst die Statistiken über weniger schwere Delikte?"
(http://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2010/09/16/eine-furchtbare-bilanz_4579)

Die neue Qualität des Naziterrors erfordert schnelle und radikale Reaktionen. Die zwielichtige Rolle und das Versagen von Polizei und Verfassungsschutz müssen umgehend aufgeklärt werden. Nicht das Geheimgremium des Bundestages ist der Ort der Aufklärung, sondern die demokratische Öffentlichkeit.

Der Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten ist zuzustimmen, wenn sie am 13. November 2011 in einer Pressemitteilung zu den neonazistischen Mordtaten u.a. erklärte:

"Unabhängig davon, ob sich alle Informationen bestätigen werden, steht doch eins fest: Die Überwachung und Kontrolle von Neonazis mit oder ohne NPD-Parteibuch durch Gewährsleute des Verfassungsschutzes hat sich einmal mehr als wirkungslos erwiesen. (...) Während VertreterInnen staatlicher Sicherheitsbehörden aber auch aus Politik und Medien die Gefahr eines wachsenden 'Linksextremismus' und sogar eines 'Linksterrorismus' beschworen, konnten Neonazis jahrelang unentdeckt morden: Statt dessen wird antifaschistischer und zivilgesellschaftlicher Protest gegen Naziaufmärsche kriminalisiert und führte in Dresden zu einer verdachtsunabhängigen Massenübenrvachung von Handydaten und weiteren Repressionen sowie Einschüchterungsversuchen. Die Morde, aber auch die Zunahme von Brandanschlägen auf linke Projekte, wie auf das Anton-Schmauss-Haus der Falken in Berlin-Britz, die Übergriffe auf Menschen, die nicht in das Weltbild von Neonazis und Rassisten passen, verlangen ein Umdenken in der Auseinandersetzung mit der Neonaziszene. Die absurde realitätsfremde Gleichsetzung von "Links- und Rechtsextremismus' gehört ebenso auf den Prüfstand wie die von der Bundesrepublik (geschönte) Statistik über Opfer rassistischer und neonazistischer Übergriffe, da sie in keinem Verhältnis zur Erhebung von Opferberatungsstellen und von Medien steht. (...)"

Am 14. Mai vor zehn Jahren standen vor dem Erfurter Landesamt für Verfassungsschutz Demonstranten, darunter der heutige Linken-Fraktionsvorsitzende im Thüriger Landtag, Bodo Ramelow, mit Porträts des damaligen Ministerpräsidenten, seines Innenministers und Verfassungschutzchefs. Auf den Porträts war zu lesen: "Alle reden von Nazis. Wir bezahlen sie." Angesichts des jetzt bekannt gewordenen Geheimdienst-Skandals eine durchaus nachvollziehbare Behauptung.


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Quelle:
© 2011 Hans Fricke, Rostock
mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. November 2011