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OFFENER BRIEF/015: Gerechtigkeit für Mumia Abu-Jamal, Leonard Peltier und die "Miami 5" (IVK)


Internationales Verteidigungskomitee (IVK) Bremen - 10. Dezember 2009

Offener Brief an US-Präsident Barack Obama

In einer Erklärung fordert die Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba e.V., Regionalgruppe Essen, anlässlich des INTERNATIONALEN TAGES DER MENSCHENRECHTE, dem 10. Dezember 2009, Gerechtigkeit für Mumia Abu-Jamal, Leonard Peltier und die »Miami 5«


An
US-Präsident Barack Obama, c/o US-Botschaft/Berlin

sowie die örtlichen Bundestagsabgeordneten:
- Ulrike Flach, FDP MdB
- Kai Gehring, Bündnis 90/Die Grünen MdB
- Rolf Hempelmann, SPD MdB
- Petra Hinz, SPD MdB
- Anton Schaaf, SPD MdB
und die regionalen und überregionalen Medien

Am morgigen 10. Dezember wird, anlässlich der am 10. Dezember 1948 durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedeten Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte weltweit der Tag der Menschenrechte begangen.
Gerade an diesem Tag wird in Oslo der ihm am 9. Oktober 2009 zuerkannte Friedensnobelpreis an US-Präsident Obama überreicht. In der Begründung des Nobel-Komitees heißt es u.a.: »Barack Obama erhält den Friedensnobelpreis für seinen außergewöhnlichen Einsatz zur Stärkung der internationalen Diplomatie und der Zusammenarbeit zwischen den Völkern (...) Demokratie und Menschenrechte sollen gestärkt werden (...) Seine Diplomatie fußt auf der Vorstellung, dass diejenigen, die die Welt führen sollen, dies auf der Grundlage von Werten (...) tun müssen, die von der Mehrheit der Weltbevölkerung geteilt werden.« Es dürfte in der Geschichte des Friedensnobelpreises einzigartig sein, dass der Geehrte zeitgleich 30.000 neue Soldaten in einen Kolonialkrieg beordert.
Aus der Elegie Lycidas des englischen Dichters John Milton (* 9. Dezember 1608; + 8. November 1674) rufen wir Ihnen aber auch zu: Look Homeward, Mr. President! [Im Original: »Look homeward Angel now, and melt with ruth.« / »Schau jetzt heimwärts, Engel, und lass dich von Mitleid erweichen.«]

In den USA werden täglich die Menschenrechte verletzt, nicht zuletzt die von im US-Gefängnis-Industrie-Komplex ungerechtfertigt Inhaftierten. Als Beispiele seien der nachweislich unschuldige afroamerikanische Journalist Mumia Abu-Jamal genannt, der seit 28 Jahren inhaftiert ist bzw. im Todestrakt sitzt und dessen Leben in diesen Tagen buchstäblich am seidenen Faden hängt, sowie der seit 30 Jahren ebenfalls unschuldig inhaftierte AIM (American Indian Movement) - Aktivist Leonard Peltier.

Unser besonderes Augenmerk richten wir auf den Fall der fünf cubanischen politischen Gefangenen Ramón Labañino Salazar, Fernando González Llort, Antonio Guerrero Rodríguez, Gerardo Hernández Nordelo und René Gonzalez Sehwerert (»Miami 5«), die am 12.09.1998 inhaftiert und im Dezember 2001 zu extremen Haftstrafen verurteilt wurden (15 Jahre bis mehrmals lebenslänglich!), einzig aus dem Grunde, weil sie ihre Heimat vor weiteren Terroranschlägen schützen wollten und obwohl sie nachgewiesenermaßen keine einzige US-Regierungsinstitution infiltriert hatten. Ihre Regierung in Havanna hatte sie vor dem Hintergrund von seit 1959 durch solche Anschläge erlittenen 3.478 Toten und 2.099 Invaliden nach Miami geschickt, um dort die rechtsextremistischen Terrorbanden zu unterwandern. Der Schauprozess in Miami ebenso wie das seither anhaltende, einem der längsten Verfahren der US-Justizgeschichte ist eine nicht enden wollende Kette von Ungerechtigkeiten und Verstößen gegen nationales und Völkerrecht; darunter die anhaltende Verweigerung des Besuchrechtes von Adriana Pérez, Ehefrau von Gerardo Hernández, und Olga Salanueva, Ehefrau von René González. (Ausführliche Belege, Informationen, Analysen, Kommentare finden Sie auf unserer Homepage unter http://www.cubafreundschaft.de/Hintergruende/hintergruende.html#Miami5 sowie unter www.miami5.de).
Permanent wurden im Falle der Miami 5 deren Menschenrechte verletzt; beispielhaft aus der o.g. UN-Erklärung vom 10.12.1948 die Artikel 9 (willkürliche Festnahme), 10 (faires Verfahren) und 16/3 (Schutz der Familie).
Folgerichtig hat am 25. Mai 2005 die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen der UN-Menschenrechtskommission in ihrer Entscheidung Nr. 19/2005 festgestellt:

»Die Inhaftierung von (hier folgen die o.g. Namen der Miami 5) ist willkürlich, sie stellt einen Verstoß gegen Artikel 14 des Internationalen Pakts über zivile und politische Rechte dar und entspricht der Kategorie III der anwendbaren Kategorien, die in den Fällen von der Arbeitsgruppe untersucht worden sind. Nach dem Erlass dieser Stellungnahme fordert die Arbeitsgruppe die Regierung auf, die notwendigen Schritte zu unternehmen, der Situation in Übereinstimmung mit den Prinzipien, die in dem Internationalen Pakt über zivile und politische Rechte statuiert sind, abzuhelfen.«

Am 15. Juni 2009 lehnte es der US-Supreme Court auf Antrag der Obama-Administration ohne Angabe von Gründen ab, den Fall neu und an einem neutralen Ort verhandeln zu lassen.
Allerdings hatte das 11. Appellationsgericht in Atlanta bereits am 4. Juni 2008 die Strafmaße von Ramón Labañino (lebenslänglich zzgl. 18 Jahre Haft), Antonio Guerrero (lebenslänglich zzgl. 10 Jahre Haft) und für Fernando González (19 Jahre Haft) für revisionsbedürftig erklärt. Diese drei wurden im Oktober 2009 wieder nach Miami überstellt, wo sie von derselben Richterin Joan Lenard be- und verurteilt werden sollten, die bereits 2001 die maßlosen Haftstrafen verhängt hatte. Am 13. Oktober 2009 wurde das neue Strafmaß für Antonio Guerrero verkündet. Staatsanwaltschaft (mit Verweis auf die internationalen Proteste) und Verteidigung hatten sich auf insgesamt 20 Jahre verständigt. Die fanatische Richterin legte, was selbst für US-Verhältnisse außergewöhnlich ist, zusätzlich 1 Jahr und 10 Monate drauf. »Begründung«: Zwar hätte Guerrero nachweislich keine US-Stellen ausspioniert, aber »er hätte es gern tun wollen«. Ein weiteres Unrecht.

Für den gestrigen 08.12.09 war die Neufestsetzung der Strafmaße für Ramón Labañino und Fernando González angekündigt worden. Die Haftstrafe von Labañino wurde gestern Nachmittag im Rahmen einer Absprache zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung auf 30 Jahre reduziert, die von González auf 17 Jahre und neun Monate. Unabhängig von den (zum Teil minimal) reduzierten Strafrahmen für drei von ihnen bleibt die weltweit erhobene Forderung bestehen: Alle Fünf müssen raus - sofort!

Sie, Herr US-Präsident und Friedensnobelpreisträger Obama, haben zu Beginn Ihrer Amtszeit mehrfach betont, dass Sie »einen Neuanfang in den Beziehungen zu Havanna« anstreben würden. Hier nun haben Sie die einmalige Gelegenheit, Ihren Worten Taten folgen zu lassen. In Ihrer Verfassung, Artikel II, Absatz 2 heißt es, dass der US-Präsident »die Macht hat Strafvollzugsaufschübe und Begnadigungen zu gewähren.« Wir fordern daher von Ihnen, diesem würdelosen und demütigendem Treiben kraft Ihres Amtes ein für allemal ein Ende zu setzen. Wir beschwören Sie: Setzen Sie der flagranten Ungerechtigkeit, der die Miami 5 seit 11 Jahren ununterbrochen ausgesetzt sind, endlich ein Ende, nutzen Sie die Ihrem Amt gegebene Macht weise und weisen Sie umgehend die Freilassung der fünf cubanischen Patrioten an.

Wir bitten Sie, werte Damen und Herren Bundestagsabgeordnete aus Essen/Mülheim, sich mit diesem Fall bekannt zu machen und für eine Erklärung des Deutschen Bundestages einzusetzen, um unsere Forderung nach umgehender Freilassung der Fünf und bis dahin der Gewährung des Besuchsrechts für ihre Familien zu unterstützen.

Sehr geehrte Damen und Herren der Medien, leider wird dieser Fall sowohl in den USA wie in unserem Land durch Zeitungen, Funkt und Fernsehen weitgehend verschwiegen, was die Verweigerer eines fairen Verfahrens einseitig begünstigt. Daher bitten wir Sie Ihrer journalistischen Verantwortung gerecht zu werden und über dieses anhaltende Unrecht sachlich und auf Faktenbasis zu berichten.

In Erwartung Ihrer Antworten verbleiben wir
mit freundlichem Gruß

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba e.V., Regionalgruppe Essen
i.A. Heinz-W. Hammer, Vorsitzender

(Beschlossen wurde die Erklärung auf der Öffentlichen Mitgliederversammlung am 2.12.09)
Siehe auch: http://www.cubafreundschaft.de/Hintergruende/hintergruende.html#Miami5


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Quelle:
Der Beitrag entstammt der Website www.freedom-now.de
mit freundlicher Genehmigung von Jürgen Heiser
Internationales Verteidigungskomitee (IVK)
Postfach 150530, 28095 Bremen
Weitere Informationen siehe auch http://www.mumia.de/


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Dezember 2009