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KOLLATERAL/027: Syrien - Systematische Zerstörung der Wasserleitungen verschärft Wasserkrise (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 27. August 2015

Syrien: Systematische Zerstörung der Wasserleitungen verschärft Wasserkrise

von Kanya D'Almeida


NEW YORK (IPS) - In Syrien zwingt die mutwillige Zerstörung der Wasserinfrastruktur durch die Konfliktparteien viele Menschen dazu, auf der Suche nach Wasser ihr Leben aufs Spiel zu setzen oder immer weitere Strecken zurückzulegen. Und sind die Betroffenen am Ziel, fehlt es ihnen oft an der Kraft, um die gefüllten Kanister zu ihren Familien zu bringen.

Vor allem Kinder, die häufig zum Wasserholen losgeschickt werden, sind mit der Aufgabe hoffnungslos überfordert. So berichtete unlängst ein Ingenieur des Kinderhilfswerks UNICEF von einem Mädchen, das nach stundenlanger Suche endlich eine funktionierende Zapfstelle fand, dann aber in Tränen ausbrach, weil es zu erschöpft war, um den langen Rückweg mit dem schweren Kanister anzutreten.

Angesichts einer Hitzewelle mit Temperaturen von 40 Grad Celsius hat der Wassermangel in Syrien ein kritisches Ausmaß erreicht. In einer Pressemitteilung vom 26. August forderte UNICEF die Bürgerkriegsparteien auf, unverzüglich die systematische Zerstörung der Wasserinfrastrukturen einzustellen. Allein in Aleppo waren insgesamt 18 Leitungen vorsätzlich gekappt worden.

Das Völkerrecht verbietet eine solche Vorgehensweise, die das ohnehin schwere Los der Millionen Zivilisten, die seit Jahren unter dem Bürgerkrieg leiden, weiter verschärft. "Ob in Syrien oder anderswo - der Zugang zu sauberem Wasser ist nicht nur eine Notwendigkeit, sondern auch ein fundamentales Recht", meinte dazu Peter Salama, UNICEF-Direktor für die Region Nordafrika und Nahost. "Den Wasserzugang zu verweigern ist ein Verstoß gegen das Kriegsrecht, der sofort aufhören muss."

In einigen Gemeinden sind die Wasserleitungen seit 17 Tagen, in anderen seit über einen Monat trocken. In Städten wie Aleppo, Damaskus und Daraa sehen sich die Familien gezwungen, ihren Durst mit ungereinigtem Grundwasser zu stillen und sich somit der Gefahr einer Typhusinfektion und Durchfallerkrankung auszusetzen.


Hohe Wasserpreise

Wasserknappheit und wachsender Bedarf haben die Wasserpreise um bis zu 3.000 Prozent ansteigen lassen. Somit wird es für die Familien immer schwieriger, sich mit dem überlebensnotwendigen Nass zu versorgen.

Im Zuge der Bodenkämpfe und Luftanschläge wurden Pumpstationen und Leitungen vernichtet und Reparaturen der zerschossenen Infrastrukturen unmöglich gemacht. Hinzu kommt das Problem häufiger Stromunterbrechungen, die Techniker und Ingenieure daran hindern, das Wasser in die Wohngebiete zu pumpen.

UNICEF hat Wasserwagen losgeschickt, um die 500.000 Menschen in Aleppo zu versorgen. Außerdem hat die Organisation 95 Brunnen für 470.000 Menschen instand gesetzt sowie 300.000 Liter Benzin ausgegeben, um die Wasserverteilungssysteme in Aleppo und Damaskus in Gang zu halten. In beiden Städten leiden 2,3 Millionen beziehungsweise 2,5 Millionen Menschen unter Wassermangel. In Daraa sind 250.000 Menschen mit Wasser unterversorgt.


Finanzielle Engpässe

Aufgrund einer Finanzierungslücke von 40 Milliarden US-Dollar ist es UNICEF nicht möglich, seine landesweiten Wasser-, Hygiene- und Sanitäreinsätze durchzuführen. Allein für die Operationen in Aleppo und Damaskus benötigt das Kinderhilfswerk 20 Millionen Dollar. Doch angesichts der insgesamt fehlenden Mittel sind die Chancen, dass die Gelder doch noch fließen werden, gering.

Landesweit hat sich der Wasserzugang gegenüber 2011 halbiert. In jenem Jahr hatte Staatspräsident Baschar al-Assad mit der Niederschlagung von Massenprotesten einen Aufstand ausgelöst, der zur Gründung der inzwischen vier bewaffneten Gruppen inklusive des Islamischen Staates führte. Auch im fünften Jahr der kriegerischen Auseinandersetzungen ist ein Ende des Konflikts nicht in Sicht. (Ende/IPS/kb/27.08.2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/08/deliberate-targeting-of-water-sources-worsens-misery-for-millions-of-syrians/

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IPS-Tagesdienst vom 27. August 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. August 2015

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