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KRIEG/1460: US-Waffenlieferung potenziert Israels Angriffsoption (SB)



Das symbiotische Bündnis der Vereinigten Staaten mit Israel ist allen oberflächlichen Wellenschlägen vermeintlicher Kontroversen im seit Jahrzehnten systematisch verschleppten Friedensprozeß zum Trotz felsenfester Natur. Anders ließe sich kaum erklären, daß die Speerspitze westlicher Hegemonialinteressen im Nahen Osten nicht nur mit der weltweit umfangreichsten Militärhilfe Washingtons ausgestattet und ökonomisch alimentiert wird, sondern auch die modernsten Kriegswaffen erhält. Dieser Brückenkopf inmitten einer als potentiell feindlich eingestuften Region nimmt eine Sonderstellung ein, handelt es sich doch nicht um ein kollaborierendes arabisches Regime, das seiner Natur nach ein unsicherer Kantonist bleiben muß. Israel führt keine Stellvertreterkriege für die USA, sondern stürmt als regionale Vorhut voran, wobei die US-Administration am allerwenigsten fürchten muß, daß dieser Bündnispartner kriegsmüde werden könnte oder dessen Bürger gegen die bellizistischen Ambitionen ihrer politischen Führung aufbegehren.

Deutlich wird der gravierende Unterschied zwischen Israel und Ländern wie Saudi-Arabien, dessen Regime mit Washington paktiert, wenn man die jüngsten Waffenabkommen beider Regierungen mit den USA kontrastiert. Mit den Saudis schließen die Amerikaner das größte Waffengeschäft aller Zeiten ab, dessen Umfang auf 60 Milliarden Dollar beziffert wird. In den nächsten fünf bis zehn Jahren sollen Kampfflugzeuge und Hubschrauber geliefert werden, wobei Riad darüber hinaus Interesse an neuen Schiffen für die Marine sowie an Raketenabwehrsystemen im Wert von weiteren 30 Milliarden Dollar bekundet hat. Geplant ist der Verkauf von 84 neuen F-15-Kampfjets und die Aufrüstung von 70 weiteren dieser Flugzeuge sowie die Bereitstellung von 70 Hubschraubern des Typs Apache, 72 Black Hawks und 36 Little Birds.

Mit Saudi-Arabien rüstet Washington die Front gegen den Iran massiv auf, woran auch der israelischen Führung unmittelbar gelegen ist. Andererseits müssen in Israel die Warnsignale schrillen, wenn ein regionaler Rivale aus dem arabischen Lager seine militärische Schlagkraft in derartigem Umfang steigert. Die Israelis können sich jedoch sicher sein, von den USA nicht hinters Licht geführt oder ernsthaft düpiert zu werden. Washington hat sich Israel gegenüber zum Informationsaustausch hinsichtlich solcher Geschäfte verpflichtet, die der US-Kongreß zudem blockieren würde, sofern israelische Sicherheitsinteressen verletzt werden.

Wie von US-amerikanischer Seite bei der Bekanntgabe des geplanten Waffengeschäfts mit Saudi-Arabien hervorgehoben wurde, sind zum Verkauf die älteren F-15 vorgesehen, die überdies nur in einer abgerüsteten Version ohne Langstreckenwaffen geliefert werden. Hingegen seien Israel die modernsten F-35 Tarnkappenjets zugesagt, so daß der technologische Vorsprung gewahrt bleibe. Dies bestätigen nun aktuelle Meldungen, wonach die Regierung in Jerusalem 20 Kampfjets vom Typ F-35 erhält, die vom Radar kaum zu erfassen sind und so unbemerkt bis in den Iran fliegen könnten, wie aus naheliegenden Gründen sofort angemerkt wird. Die Flugzeuge sollen zwischen 2015 und 2017 ausgeliefert werden, wobei Israel dortigen Medien zufolge eine Option für weitere 75 Maschinen desselben Typs zugestanden wird. (www.spiegel.de 08.10.10)

Der hochmoderne F-35 des US-Rüstungskonzerns Lockheed Martin ist ein Mehrzweck-Kampfflugzeug der "fünften Generation", dessen Stückpreis mit etwa 100 Millionen Dollar angegeben wird. Wie der israelische Botschafter in den USA, Michael Oren, mitteilte, kauft sein Land im Zuge dieses Abkommens für insgesamt 2,25 Milliarden Dollar ein.

Vertreter des Pentagon bestätigten das Waffenabkommen, ohne jedoch Details zu nennen. Das Geschäft war zunächst von der Regierung und dem Verteidigungsministerium Israels gebilligt worden, worauf es in einer Sitzung des militärpolitischen Kabinetts, das die Schlüsselminister und die Leiter der bewaffneten Strukturen des Landes vereinigt, endgültig bestätigt wurde. Der Generaldirektor des israelischen Verteidigungsministeriums, Ehud Shani, unterzeichnete den Vertrag gestern im israelischen Konsulat in New York. (german.ruvr.ru 08.10.10)

Botschafter Michael Oren erklärte, sein Land könne sich mit den Flugzeugen "gegen jede Bedrohung aus der Region selbst" verteidigen. Noch deutlicher wurde Ehud Shani, der gegenüber der israelischen Tageszeitung "Haaretz" bilanzierte, die Kampfjets veränderten die Machtbalance im Nahen Osten, da Israel künftig über die modernsten und höchstentwickelten Kampfflugzeuge in der Region verfüge. Das Geschäft stelle ein "historisches Ereignis" dar und führe die Militärmacht Israel in eine "neue Ära". Das Land könne damit Herausforderungen in der Nähe wie auch in weiterer Entfernung begegnen.

Was Oren euphemistisch als Verteidigungspotential gegen regionale Bedrohungen auswies, präzisierte Shani mit seinem expliziten Verweis auf Herausforderungen in weiterer Entfernung im Sinne einer Sicherheitsdoktrin, die Präventivschläge ausdrücklich der Landesverteidigung subsumiert. Israel hat dies in der Vergangenheit mehrfach praktiziert und drängt auch hinsichtlich des Irans auf einen Angriff, der das Atomprogramm Teherans und essentielle militärische Anlagen zerschlagen soll. Mit der Lieferung der F-35 stellt Washington seinem engsten Verbündeten eine zentrale Komponente zur Verfügung, die einen derartigen Luftschlag entscheidend begünstigen kann. Daß Israel die ersten Maschinen dieses Typs frühestens 2015 erhalten soll, mindert nicht die Gefahr eines früheren Angriffs mit den bereits vorhandenen Mitteln, zu denen nicht zuletzt die geschenkten deutschen U-Boote gehören. Zudem legt die Dauer des Afghanistankriegs nahe, daß auch der Konflikt mit dem Iran die Welt noch auf Jahre in Atem halten könnte.

8. Oktober 2010