Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → KOMMENTAR

KRIEG/1348: New Green War ... umweltfreundliche Kriegführung der US-Marines (SB)



Nicht nur beim Siegen und Erobern stehen die Soldaten des US Marine Corps an vorderster Front. Sie zeichnen sich auch durch die Bemühung aus, das Morden und Zerstören besonders umweltfreundlich zu gestalten. Die wegen ihrer bevorzugten Vorgehensweise, den Gegner mit großer Feuerkraft niederzumachen und dabei kaum Unterschiede zwischen Kombattant und Zivilist zu machen, berüchtigte Angriffstruppe soll laut einem Bericht der Tageszeitung The Guardian (13.08.2009) in Afghanistan besonders energieeffizient gegen die einheimische Bevölkerung vorgehen. Auf Anweisung ihres Oberbefehlshabers General James Conway, der die Marines auf dem Vormarsch nach Bagdad anführte und ihre Effizienz beim Erschießen irakischer Zivilisten zu verantworten hat, soll das Corps als erste der vier Teilstreitkräfte seinen Energieverbrauch einer genauen Untersuchung unterziehen. Angestrebtes Ziel ist, den Kraftstoffverbrauch von 3.600.000 Litern täglich in Afghanistan deutlich zu reduzieren. Diese Menge wird allein für die 10.000 dort stationierten Marines verwendet, was bedeutet, daß ein Soldat durchschnittlich 360 Liter Treibstoff für Zwecke der Produktion - aus Sicht der NATO von Stabilität, aus Sicht der Afghanen von Leichen - und Reproduktion seiner dazu benötigten Kräfte am Tag verbraucht.

Gespart werden soll in erster Linie aus logistischen Gründen, haben die Taliban sich doch darauf spezialisiert, die mindestens 700 Kilometer langen Nachschubwege der Besatzungstruppen, auf denen täglich Hunderte von Tanklastwagen unterwegs sind, anzugreifen. Im Sinne der US-Sicherheitsdoktrin, laut der die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und der Klimawandel eine Angelegenheit der nationalen Sicherheit sind, wird schon seit längerem über den Einsatz regenerativer Energien bei den Streitkräften nachgedacht, um eine generell umweltfreundlichere Kriegführung zu ermöglichen. Da die von Invasionen und Bombardements jeweils betroffene Umwelt auch bei energieeffizienten Zerstörungsmethoden umfassend geschädigt wird, so daß die überlebenden Menschen zusätzlich zur militärischen Aggression materielle Not erleiden, macht dieses Beispiel besonders deutlich, daß ökologisches Denken in den Zentralen der Neuen Weltordnung als Ressourcensicherung gegen die Interessen der Mehrheit der Menschen konzipiert ist.

Hauptsächlich ist der Versuch des Marine Corps, Energieeffizienz auf dem Gefechtsfeld zu verwirklichen, profanen Gründen wie den immens hohen Kosten, die die Versorgung der Truppen in Afghanistan mit Öl und Benzin erzeugt, und die Angreifbarkeit der Tankerkonvois durch am Straßenrand vergrabene Sprengfallen, die für 80 Prozent der Verluste unter US-Soldaten in Afghanistan verantwortlich sein sollen, geschuldet. Laut dem Guardian entfällt das Gros des Treibstoffverbrauchs auf Generatoren, mit denen die Elektrizitätsversorgung in den Garnisonen und Feldlagern der US-Truppen gewährleistet wird. Dieser Strom wird im Sommer zu einem großen Teil für Kühlung und im Winter für Heizung verbraucht, was deutlich macht, wie umfassend die Energieabhängigkeit von Besatzungstruppen in einem infrastrukturell kaum entwickelten Land wie Afghanistan ist.

So wird für die militärische Überlegenheit der NATO-Truppen ein in mehrfacher Hinsicht hoher Preis bezahlt. Zum einen in Form des Blutes der Soldaten und Zivilisten, die den Nachschub organisieren, zum andern in Form des Geldes, das für die gigantischen Mengen an Treibstoff ausgegeben wird, den die hochmobilen, im Unterschied zu der einheimischen Bevölkerung bestens versorgten und elektronisch aufwendig vernetzten westlichen Truppen benötigen, zum dritten im Verbrauch essentieller Ressourcen für zerstörerische Zwecke, was im Endeffekt auf einen potenzierten Schaden hinausläuft. Die US-Streitkräfte erlauben sich einen Tagesbedarf an fossilen Brennstoffen wie ganz Schweden, um ein politisches und ökonomisches System durchzusetzen, das den USA privilegierten Zugriff auf Ressourcen sichert, mit denen auch im zivilen Bereich überaus verschwenderisch umgegangen wird.

Der strategische Zugriff auf Energieressourcen, auf die Grundlagen menschlicher Reproduktion wie Wasser und Nahrungsmittel sowie die materiellen Voraussetzungen industrieller Produktivität ist ein so verbrauchsintensiver Prozeß, daß die vom Pentagon angemahnte Umweltverträglichkeit imperialistischer Kriegführung den ganzen Zynismus eines globalen Verwertungssystems offenlegt, dem die großen Unterschiede in Produktivität und Konsumption zwischen Nord und Süd Mittel und Zweck eigener Raubabsichten sind.

16. August 2009