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KULTUR/0771: IT-Herold Schwarzenegger zelebriert die Krise (SB)



Wie im Guten, so im Schlechten - als Transformator innovativer Energien bleibt Kalifornien auch in der Weltwirtschaftskrise an vorderster Front. Mit 42 Milliarden Dollar Haushaltsdefizit laviert die Regierung in Sacramento am Rand der Zahlungsunfähigkeit, vor der sie ein im Februar beschlossenes Sparpaket bewahren soll, das die weitere Verelendung von Millionen Bürgern der achtgrößten Volkswirtschaft der Welt mit massiven Einschnitten in Sozialbudgets sowie Lohnkürzungen und Entlassungen im öffentlichen Dienst nicht aufhalten kann und will. Gerade in Zeiten der Not unverbrüchlich der neoliberalen Lehre verpflichtet gehen die Ausgabenkürzungen mit erheblichen Steuervergünstigungen für große Unternehmen einher.

Mitverantwortlich für die fortgesetzte Politik des Klassenkampfs von oben ist der republikanische Gouverneur Arnold Schwarzenegger, der gestern in Hannover zur Eröffnung der diesjährigen Computermesse CeBIT mit seinem Image als Vollstrecker kokettierte. Als Standort großer IT-Konzerne und des legendären Innovationsclusters Silicone Valley repräsentiert sein Staat wie kein anderer das zentrale Akkumulationsmodell des sogenannten kognitiven Kapitalismus, so daß die Wahl des ehemaligen Schauspielers als Garant für gute Stimmung und Anbahner vielversprechender Geschäfte normalerweise funktioniert hätte.

Nun allerdings tritt Schwarzenegger als Sachwalter einer Produktionsweise an, die maßgeblich an der angeblichen Virtualisierung des Kapitalismus beteiligt war. Ohne das weltweite Datennetz und den in Echtzeit getätigten Handel am globalen Finanzmarkt hätte dieser Krisenzyklus kaum jene zerstörerische Dynamik erreichen können, die sich im gigantischen Ausmaß der faulen Kredite wie in der globalen Synchronizität des Niedergangs manifestiert.

Schwarzenegger ist daher auf andere als geplante Weise das passende Symbol dieser CeBIT. Als ehemaliger Terminator produzierte er den cineastischen Entwurf einer IT-gestützten Durchdringung der menschlichen Lebenswelt, die in Kalifornien in elektronisch kontrollierten Bewegungsverboten für Sexualstraftäter, in automatisierten Hochsicherheitsknästen und in hermetisch abgesicherten Gated Communities ihren zeitgemäßen Ausdruck findet. Als Krisenmanager einer auf Informations- und Unterhaltungsindustrie gestützten Volkswirtschaft weiß er darum, daß der schöne Schein desto farbenprächtiger illuminiert werden muß, je stärker die von ihm überstrahlten Gespenster der Armut und Not aus ihm herauszutreten versuchen. Als Herr der Exekutive schließlich verkörpert er die Gewalt, die eingesetzt werden wird, wenn die Blendwirkung des kalifornischen Traums nicht mehr hinreicht, um die soziale Revolte in die Ohnmacht gegenseitiger Überlebenskonkurrenz und die Betäubung konsumistischer Versprechen zu lenken.

Die Herrschaft der Maschinen, gegen die sich Schwarzenegger schließlich als abtrünniger Cyborg wandte, droht allerdings auch in Kalifornien nicht. Wie in der Terminator-Serie stecken auch heute Menschen hinter den Algorithmen der robotischen Funktionslogik, die sich nicht erst zu verselbständigen braucht, um Anlaß zum Widerstand zu geben. Der in Hollywood stets an Beispielen, die der Leitideologie des Liberalismus huldigen, glorifizierte Geist der Rebellion und die mit ihm in eins gesetzte Gabe des Menschen, sich immer wieder neu zu erfinden, erweist sich am Beispiel Schwarzeneggers als eine Verschlüsselung herrschender Interessen, die zu dechiffrieren es keiner informationstechnischen Systeme bedarf.

3. März 2009