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HERRSCHAFT/1622: Bundesratabsage an CCS-Technologie - Green New Deal unbetroffen (SB)



Das umstrittene Gesetz zur Abscheidung und Lagerung von Kohlendioxid (CCS - Carbondioxid Capture and Storage) ist am Freitag vor dem Bundesrat gescheitert. Damit könnte auch die vom Energiekonzern Vattenfall eingeplante Investition in Höhe von 1,5 Milliarden Euro für den Bau einer CCS-Demonstrationsanlage in Jänschwalde vom Tisch sein. Vielleicht hat der Bundesratentscheid sogar Auswirkungen auf den Braunkohletagebau in der Lausitz, dem noch mehrere Dörfer zum Opfer fallen sollen und der aus klimatechnischen Gründen ohne CCS an Attraktivität verliert.

Gegen die CCS-Technologie hatte sich in der Bevölkerung so heftiger Widerstand breitgemacht, daß die Landesregierungen von Schleswig-Holstein und Niedersachsen vor einigen Monaten eine Länderklausel im Gesetzesvorhaben durchsetzten. Sie ermöglicht es den Bundesländern, CSS-Vorhaben in bestimmten Regionen ihres Zuständigkeitsbereichs oder sogar vollständig zu verbieten.

Umweltverbände wie Greenpeace und BUND begrüßen die aktuelle Bundesratentscheidung, der Energiekonzern Vattenfall hingegen zeigt sich enttäuscht. Abgesehen von diversen unkalkulierbaren Gesundheits- und Umweltrisiken durch die unterirdische Lagerung des Treibhausgases Kohlendioxid lautet ein von den Kritikern vorgebrachtes Argument, daß mit CCS lediglich die schmutzige Technologie der Kohleverstromung legitimiert werde, anstatt regenerative Technologien zu fördern. So schlagkräftig dieses Argument auch ist, denn die CCS-Technologie würde sogar einen nicht zu vernachlässigenden Teil der im Kohlekraftwerk generierten Energie gleich wieder auffressen - welch einträgliches Geschäft für die Stromerzeuger! -, würde sich doch gesamtgesellschaftlich wenig ändern, blieben doch die regenerativen Energiesysteme ebenfalls der systemimmanenten Bildung von Oligopolen und Monopolen unterworfen.

Daß bestimmte Erwartungen mancher Betreiber eines Windrads oder Sonnenkollektors erstens auf relative Energieautarkie und zweitens auf einen fundamental anderen Lebensstil inzwischen häufig in individualistische Lebensbewältigungskonzepte und reformistische politische Konzepte gemündet sind, bedeutet nicht, daß damit die gesellschaftlichen Widersprüche der Produktions- und Reproduktionverhältnisse vom Tisch wären. Im Gegenteil, sie wurden lediglich aus der Wahrnehmung verdrängt. Es sind vergleichbare Strukturen, die bereits die Energieversorgung Deutschlands unter sich aufgeteilt haben, die auch das Netzbetreiber-Oligopol bilden. Es besteht aus den Unternehmen 50Hertz Transmission, Tennet, Amprion und EnBW. Sie haben nun den Bau dreier leistungsstarker Stromtrassen quer durch Deutschland angekündigt, um den kleinteilig generierten Strom aus regenerativen Quellen aufzunehmen und in die großen Verbrauchsregionen im Süden Deutschland zu leiten. Trotz des steigenden Anteils der Regenerativen am Gesamtenergieverbrauch - von Energieautarkie ist abgesehen von Vorzeigeprojekten weit und breit nichts zu sehen.

So begrüßenswert die Absage an die CCS-Technologie auch ist, handelt es sich dabei doch um einen bescheidenen Erfolg verglichen mit Ideen, Konzepten und Ansätzen, in denen sich um eine Abschaffung der profitorientierten Produktionsbedingungen und vorherrschenden Verwertungsbedingungen unter den nur als entfremdet zu bezeichnenden Arbeitsverhältnissen bemüht wurde. Der Green New Deal, den die "Generation nachhaltig" mit den Kapitalinteressen eingeht, bleibt vom Bundesratentscheid unbetroffen.

23. September 2011