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INTERNATIONAL/027: Swasiland - Der IWF verlässt das Land, Absage an Reformvorschläge der Regierung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 24. Mai 2012

Swasiland: Der IWF verlässt das Land - Absage an Reformvorschläge der Regierung

von Grit Porsch



Berlin, 24. Mai (IPS) - Das Beraterteam des Internationalen Währungsfonds (IWF), das in Swasiland gemeinsam mit der Regierung einen Reformplan für die desolate Haushalts- und Finanzpolitik ausarbeiten sollte, hat das Handtuch geworfen und ist abgereist.

"Die Regierung hat bislang kein glaubwürdiges Reformprogramm vorgelegt, das wir hätten unterstützen können", begründete Teamleiter Joannes Mongardini die Entscheidung. "Ihr Budget enthält etliche Posten, die zu Lasten von Investitionen in Gesundheits- und Schuldienste erhöht wurden", betonte er.

Swasilands finanzieller Niedergang hatte 2008 begonnen, als die Einnahmen der Zollunion des Südlichen Afrika (SACU) im Kielwasser der weltweiten Krise abstürzten. SACUs Mitglieder Botswana, Lesotho, Namibia, Südafrika und Swasiland kassieren gemeinsame Zolltarife, die zu ungleichen Teilen an die Mitgliedsländer ausgezahlt werden.

Nun fehlt viel Geld in Swasilands öffentlichen Kassen. Die Senioren haben seit Jahresbeginn keine Regierungszuschüsse erhalten, in den Krankenhäusern werden Medikamente knapp, und die Regierung kann ihren verfassungsmäßigen Auftrag nicht erfüllen, allen Kindern eine Grundschulbildung zu garantieren. Berichten zufolge lassen sich hunderte der vor zwei Jahren angeschafften Containerklassen wegen fehlender Wartung kaum noch benutzen.

Die Aktivistin Janice Sibandze, die in Manzini, der Wirtschaftsmetropole des Landes, im kommunalen Gesundheitsdienst arbeitet, klagte gegenüber dem UN-Nachrichtendienst IRIN: "Die Regierung hat noch weniger Geld, um ihre Bevölkerung zu ernähren und deren Bedarf an Gesundheitsversorgung und Schulbildung zu decken. Jetzt muss die internationale Hilfe einspringen, um eine humanitäre Krise abzuwenden. Darauf sollte sich die Welt schon einmal vorbereiten."


Reicher König, armes Land

Mswati III., der König des bitterarmen Landes, sorgt mit seinem ausschweifenden Lebenswandel und den luxuriösen Shoppingtouren seines Hofstaats immer wieder für Schlagzeilen, obwohl zwei Drittel seiner 1,2 Millionen Untertanen kaum genug zum Leben haben. Das Land hat die höchste HIV/Aids-Rate weltweit. In der am meisten gefährdeten Altersgruppe der 15-49-Jährigen ist jeder 4. Swasiländer HIV-infiziert oder aidskrank.

Ein Kernpunkt der nicht durchgesetzten Reformvorschläge des IWF war eine zehnprozentige Gehaltskürzung der im öffentlichen Dienst Beschäftigten. Analysten vermuten, dass die Regierung bei so umfassenden Kürzungen Unruhen befürchtet und deshalb den Vorschlag blockiert hat. Schließlich gibt sie allein 17 Prozent ihres Budgets für staatlich besoldete Sicherheitskräfte aus. Die überwiegend aus Subsistenzfarmern bestehende ländliche Gesellschaft muss sich mit vier Prozent des Staatsbudgets begnügen.

Die Parlamentsabgeordneten hatten schon im März die zehnprozentige Kappung ihrer Bezüge mit der Begründung zurückgenommen, sie hätten sich als einzige Vertreter des öffentlichen Sektors auf solche Kürzungen eingelassen.

Inzwischen sieht sich die Regierung in Mbabane gezwungen, die Gehälter im öffentlichen Dienst mit ihren Devisenreserven zu finanzieren, mit denen Importe bezahlt werden sollen. Der IWF empfiehlt allen Zentralbanken einen für drei Monate ausreichenden Devisenbestand. Doch Swasilands Devisenbestände reichen nach Angaben der Zentralbank nur noch für 1,9 Monate.

Diese Erosion gefährdet nach Ansicht eines in Mbabane arbeitenden Bankers, der auf Anonymität bestand, eine der letzten Stützen wirtschaftlicher Stabilität: die Bindung des Lilangeni an den südafrikanischen Rand.


Hyperinflation erwartet

"Bei einem derart niedrigen Wert der Landeswährung werden wir eine Hyperinflation nach Art Simbabwes erleben, so dass Geringverdiener in die Armut abstürzen", warnte der Bankexperte.

Auch Johannes Manikela, Präsident der Unternehmervereinigung FESBC, ist beunruhigt. Auf einer Presskonferenz betonte er, kleine und mittlere Unternehmen drohe das Aus, weil die Regierung ihnen keine Aufträge vermittelt.

Der Wirtschaftsexperte Amos Dlamini zeichnete ein ebenso düsteres Zukunftsbild. "Der Rückzug des IWF war das Signal, dass die Finanzreform nichts bewirkt und die Privatwirtschaft nicht darauf setzen kann, genug zu verdienen, um mit ihren Steuern die Regierung solvent zu halten", betonte er.

"Weil der IWF Swasiland keinen Fortschritt bei den Wirtschaftsreformen bescheinigt, wird Südafrika nicht bereit sein, seinen Swasiland gewährten Kredit von umgerechnet 300 Millionen US-Dollar zu erweitern, um dem Land, wie im vergangenen Jahr, aus der Finanzklemme zu helfen", prognostizierte der anonyme Banker aus Mbabane. (Ende/IPS/mp/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Mai 2012