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INTERNATIONAL/011: Kambodscha - Mehr Transparenz durch neue Börse, Erfolg fraglich (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 20. Juli 2011

Kambodscha: Mehr Transparenz durch neue Börse - Erfolg fraglich

Von Marwaan Macan-Markar


Bangkok, 20. Juli (IPS) - Die neu gegründete Börse von Kambodscha soll nicht nur neue Investoren anziehen, sondern zugleich auch den Finanzsektor transparenter machen. Damit will die Regierung des von Korruption durchzogenen südostasiatischen Staates vor allem ausländische Geberländer beruhigen.

Als der 'Cambodia Securities Exchange' Mitte Juli offiziell eröffnet wurde, waren noch keine Unternehmen gelistet. Erst soll vollständige Transparenz garantiert sein, wie der Vize-Generaldirektor der Börsenaufsichtsbehörde, Huot Pum, erklärte. Informationen über finanzielle Transaktionen müssten überwacht und regelmäßig veröffentlicht werden.

Laut Pum müssen sich die an der Börse notierten Unternehmen nach internationalen Standards richten. "Die Börse hilft dabei, eine vernünftige Corporate Governance zu sichern", erklärte er im Interview mit IPS.

Der Handel soll beginnen, sobald die drei Unternehmen, die einen Börsengang beabsichtigen - 'Telecom Cambodia', das Wasserwerk der Hauptstadt Phnom Penh und die autonomen Häfen von Sihanoukville - den internationalen Prüfungsgrundsätzen entsprechen.

Die Weltbank zeigt sich allerdings skeptisch. Die Börse dazu zu nutzen, den kleinen Wirtschafts- und Finanzsektor des Landes transparenter zu gestalten, könne Mängel der Regierungsführung wettmachen, sagte Mathew Verghis, der Chefökonom der Bank für Südostasien. "Die Börse kann einige Anreize für eine Verbesserung der Regierungsführung bieten", sagte er im Gespräch mit IPS. Die internationale Erfahrung habe andererseits aber auch gezeigt, dass die Börse durch die Regierungspolitik in dem jeweiligen Land beeinflusst werde.


Geringe Aussicht auf Verbesserung des Rechtssystems

Experten in Kambodscha dämpfen ebenfalls Erwartungen, nach denen die Börse eine Vertrauensbasis zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor schaffen könnte. "Als Kambodscha 2004 der Welthandelsorganisation WTO beitrat, regte sich Hoffnung, dass sich die Rechtskultur verbessern würde", sagte Yeng Virak, der Geschäftsführer der zivilgesellschaftlichen Organisation 'Community Legal Education Centre' in Phnom Penh. Viele hätten ein unternehmerfreundlicheres Klima erwartet, da das Land neue Gesetze einführen und sein Rechtssystem anpassen musste.

Dennoch habe es in den vergangenen sieben Jahren lediglich kosmetische Veränderungen gegeben, kritisierte er. Gesetze seien erlassen worden, ohne dass deren Umsetzung umfassend kontrolliert worden sei. In Kambodscha werde mit zweierlei Maß gemessen, beanstandete Yeng im Gespräch mit IPS. "Die Reichen und Mächtigen profitieren weiterhin von dem System, während die Armen und Schwachen die Verlierer sind. Die Magnaten in der Regierung betreiben rechtlich abgesicherte Plünderungen."

Die Anti-Korruptionsorganisation 'Transparency International' bestätigt Yengs Einschätzungen. Auf ihrem letztjährigen Korruptionsindex stand Kambodscha im vergangenen Jahr auf Rang 154 von 178. Die Nachbarn in der Region schnitten besser ab: Malaysia kam auf Platz 56, während Thailand den 78., Indonesien den 110. und Vietnam den 116. Rang einnahm. Das von einer Militärjunta regierte Burma belegte dagegen auf der Skala der korruptesten Staaten weltweit Platz zwei.

Der kambodschanische Premierminister Hun Sen steht unter erheblichem Druck, die grassierende Bestechlichkeit einzudämmen, um die Entwicklung des Landes nicht zu gefährden. Seit 1991, als die Pariser Friedensverträge unterzeichnet wurden, die einen fast 20-jährigen Bürgerkrieg beendeten, sucht Kambodscha einen Ausweg aus der Armut. Nach wie vor leben allerdings mehr als Drittel der 14 Millionen Einwohner von weniger als einem US-Dollar täglich.


Entwicklungshilfe aus dem Westen unverzichtbar

Westliche Entwicklungshilfe ist für das arme Land bislang von entscheidender Bedeutung. Trotz seiner autoritären Herrschaft ist es Hun Sen gelungen, sich finanzielle Hilfen aus dem Ausland zu sichern. Seine Versprechen gegenüber den Gebern, die Korruption zu bekämpfen, haben sich jedoch bisher als Lippenbekenntnisse erwiesen.

Im vergangenen Jahr stellten westliche Geber Hilfe in Höhe von 1,1 Milliarden Dollar bereit, im Vorjahr waren es noch 950 Millionen Dollar gewesen. Lokale und internationale Menschenrechtsgruppen kritisierten, dass die Geberländer eine Regierung belohnten, die ihre Versprechungen nicht einhalte und Oppositionspolitiker, Journalisten und Vertreter der Zivilgesellschaft offen unterdrücke.

Die Hun Sen-Regierung prahlt damit, im letzten Jahrzehnt ein Wirtschaftswachstum von zehn Prozent erzielt zu haben. Exporte von Textilien sowie Tourismuseinnahmen haben dem Land dabei geholfen, die ausländischen Deviseneinnahmen von 227 Millionen Dollar 1991 auf sechs Milliarden Dollar im vergangenen Jahr zu steigern. (Ende/IPS/ck/2011)


Links:
http://www.clec.org.kh/
http://www.worldbank.org/
http://www.transparency.org/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=56515

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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Juli 2011