Leibniz-Gemeinschaft - 27.03.2019
Leibniz-Einrichtungen in Köln, Hannover, Kiel und Berlin evaluiert
Die Förderung von drei Leibniz-Einrichtungen soll fortgeführt werden. Beim Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik in Hannover empfiehlt der Senat, die gemeinsame Förderung zu beenden. Das hat der Senat der Leibniz-Gemeinschaft nach Abschluss der regelmäßigen wissenschaftlichen Evaluierung beschlossen.
1) GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften e.V., Mannheim und
Köln (GESIS)
GESIS ist, so der Senat der Leibniz-Gemeinschaft in seiner heute
veröffentlichten Stellungnahme, eine der größten europäischen
Infrastruktureinrichtungen für die Sozialwissenschaften. Das
Leibniz-Institut unterstütze mit reichhaltigen Dienstleistungen
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in allen Phasen ihrer Arbeit von
der Recherche über die Planung und Durchführung von Studien bis zur
Analyse und Archivierung von Daten.
Der Senat hebt hervor, dass das bei der vergangenen Evaluierung vorgestellte Konzept zu einer weitergehenden Systematisierung der Angebote und Dienste von GESIS überzeugend umgesetzt worden sei. GESIS erarbeite mit vor allem methodisch ausgerichteten Forschungsleistungen sehr gute Grundlagen für die permanente Weiterentwicklung seiner wichtigen Angebote. Das stark nachgefragte wissenschaftliche Weiterbildungsangebot des Instituts zur Nutzung von Daten sei ausgezeichnet.
Der Leibniz-Senat weist auf die hohe Bedeutung der Langfristvorhaben von GESIS hin, etwa Bevölkerungsumfragen zur sozialen Situation oder zum Wahlverhalten. Das Institut vernetze seine Angebote auch international sehr konsequent. Es sei in einer sehr guten Ausgangslage, um im Rahmen der entstehenden "Nationalen Forschungsdateninfrastruktur" (NFDI) und auf europäischer Ebene wichtige Aufgaben zu übernehmen. Der Senat begrüßt auch die weiteren strategischen Planungen des Leibniz-Instituts für die nächsten Jahre und empfiehlt Bund und Ländern, die gemeinsame Förderung von GESIS fortzusetzen.
2) Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik, Hannover (LIAG)
Ziel des Leibniz-Instituts für Angewandte Geophysik ist es, die oberen
Erdschichten (Geosphäre) zu erforschen und dazu neue Methoden zu
entwickeln. Die geowissenschaftlichen Erkenntnisse des Instituts sollen
nicht zuletzt der Erschließung, Nutzung und dem Schutz der Geosphäre
dienen.
In der heute veröffentlichten Stellungnahme zum Institut hält der Senat der Leibniz-Gemeinschaft fest, dass die vor sieben Jahren angemahnten grundlegenden Verbesserungen nicht im erwarteten Maß erreicht worden seien. Es sei nicht gelungen, ein wissenschaftliches Institutsprofil zu entwickeln und selbständig Forschungsthemen zu setzen. Vielmehr konzentriere sich das LIAG weiterhin auf die Entwicklung von zwei Fachinformationsdiensten und die Methodenentwicklung. Diese sei seit langer Zeit am Institut verankert und für sich genommen sehr gut. Es bleibe aber unklar, welche wissenschaftlichen Ziele man mit diesen Entwicklungen verfolge; die Methoden würden auch nur unzureichend nach außen getragen oder im Rahmen von Kooperationen Partnern zur Verfügung gestellt. Insgesamt gesehen seien die Leistungen gegenüber der vergangenen Evaluierung vor sieben Jahren rückläufig.
Der Senat führt diese Situation maßgeblich darauf zurück, dass das Aufsichtsgremium des LIAG wesentliche Weichenstellungen versäumte, die zu einer anderen Entwicklung hätten führen können. So sei die Besetzung von Leitungspositionen nicht mit dem notwendigen Einsatz gesteuert und vorangetrieben worden. Der Senat habe seit der letzten Evaluierung mehrfach intensiv auf die Beseitigung administrativer Hemmnisse gedrängt. Die Empfehlungen des Senats seien nicht angemessen aufgegriffen worden. Das Handeln der "Gemeinsamen Verwaltung des Geozentrums Hannover", die unter anderem für das LIAG verantwortlich ist, sei vielfach nicht nachzuvollziehen und habe die wissenschaftliche Entwicklung des Instituts behindert.
Vor dem Hintergrund grundlegender inhaltlicher und struktureller Kritikpunkte empfiehlt der Senat Bund und Ländern, die gemeinsame Förderung des LIAG zu beenden.
3) Institut für Weltwirtschaft, Kiel (IfW)
Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft würdigt in einer heute veröffentlichen
Stellungnahme die Leistungen des IfW in der Erforschung aktueller
weltwirtschaftlicher Themen. Zu diesen gehörten beispielsweise die Effekte
von Globalisierung, Migration und Digitalisierung auf Arbeitsmärkte, die
internationale Finanzmarktarchitektur oder die ökonomischen Folgen des
Klimawandels. Am IfW werde erfolgreich mit modernen mikro-, makro- und
verhaltensökonomischen Methoden gearbeitet. Über gemeinsame Projekte sei
das Institut mit vielen sehr renommierten Institutionen im In- und Ausland
verbunden. Es erbringe hochwertige Leistungen in der Politikberatung.
Der Senat geht außerdem auf das große persönliche Engagement des langjährigen Präsidenten des IfW ein, der nun ruhestandsbedingt aus dem Institut ausgeschieden sei. Er habe die Vernetzung von wichtigen Akteuren aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft maßgeblich vorangebracht und insbesondere den hochrangig besetzten, inzwischen jährlichen Global Solution Summit ins Leben gerufen. Der neue Präsident, ein ausgewiesener Außenhandelsexperte, bringe beste Voraussetzungen dafür mit, das Profil des IfW in den nächsten Jahren weiter zu schärfen.
Kritisch sieht der Leibniz-Senat den geringen Anteil von Wissenschaftlerinnen mit leitenden Aufgaben am IfW. Dagegen werde das Engagement des Leibniz-Instituts in der Ausbildung sehr positiv beurteilt. Der Senat empfiehlt Bund und Ländern, die gemeinsame Förderung des IfW fortzuführen.
4) Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei im
Forschungsverbund Berlin e. V. (IGB)
Das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei habe sich zu
einer der führenden europäischen Forschungseinrichtungen für
Binnengewässer entwickelt, so der Senat der Leibniz-Gemeinschaft in einer
heute veröffentlichten Stellungnahme. Ziel des Instituts sei es, Wissen
für ein nachhaltiges Gewässermanagement zu erarbeiten. Die bearbeiteten
Themen seien weltweit von großer Bedeutung. So erhebe das Institut hoch
relevante Forschungsdaten, die etwa in die Berichterstattung des
Weltklimarats eingegangen seien. Es betreibe wichtige Infrastrukturen und
vermittle seine Erkenntnisse über die Wissenschaft hinaus hervorragend in
die Öffentlichkeit.
Das IGB sei ein äußerst gefragter Kooperationspartner. Das Institut arbeite intensiv mit Hochschulen in Berlin und Brandenburg zusammen. Auch sei es, teilweise in führender Rolle, an verschiedenen internationalen Verbünden beteiligt und werbe dazu umfangreiche Fördermittel ein. Vor einiger Zeit sei eine bedeutende Versuchsanlage am Stechlinsee - das so genannte Seelabor - fertiggestellt worden, die weitere Kooperationsmöglichkeiten eröffne. Der Leibniz-Senat begrüßt die strategischen Planungen des IGB. Um die wissenschaftlichen Ziele zu erreichen, müsse man dem gestiegenen instrumentellen Bedarf in der ökologischen Forschung nachkommen.
Der Senat empfiehlt Bund und Ländern, die gemeinsame Förderung des IGB fortzuführen.
Die einzelnen Senatsstellungnahmen finden Sie im Wortlaut auch auf den
Internetseiten der Leibniz-Gemeinschaft unter
www.leibniz-gemeinschaft.de/ueber-uns/evaluierung/
Hintergrund:
Jede Leibniz-Einrichtung wird regelmäßig extern evaluiert, spätestens alle
sieben Jahre. International ausgewiesene Sachverständige, die durch
schriftliche Unterlagen und bei einem Evaluierungsbesuch informiert
werden, bewerten die Leistungen und Strukturen jeder Einrichtung. Die
Ergebnisse der Begutachtung werden in einem Bewertungsbericht
festgehalten, zu dem das evaluierte Institut Stellung nehmen kann. Auf
dieser Grundlage verabschiedet der Senat der Leibniz-Gemeinschaft eine
wissenschaftspolitische Stellungnahme, die in der Regel Empfehlungen zur
weiteren Förderung der Leibniz-Einrichtung enthält. Diese
Senatsstellungnahme dient der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz von Bund
und Ländern (GWK) zur Überprüfung der Fördervoraussetzungen. Zusammen mit
den Anlagen A (Darstellung der wesentlichen Inhalte und Strukturen der
Einrichtung), B (Bewertungsbericht) und C (Stellungnahme der Einrichtung
zum Bewertungsbericht) werden die Senatsstellungnahmen auf der
Internet-Seite der Leibniz-Gemeinschaft veröffentlicht. Alle an der
Bewertung und Beurteilung beteiligten Gremien sind ausschließlich mit
Personen besetzt, die nicht an Leibniz-Einrichtungen tätig sind.
Die Leibniz-Gemeinschaft
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 95 selbständige
Forschungseinrichtungen. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-,
Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und
Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute
widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen.
Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den
übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten
wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte
Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im
Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und
informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit.
Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen u. a.
in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen
Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten und
unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen
Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft
gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen knapp 20.000 Personen,
darunter etwa die Hälfte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der
Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,9 Milliarden Euro.
www.leibniz-gemeinschaft.de
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution390
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Leibniz-Gemeinschaft, 27.03.2019
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 29. März 2019
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