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SICHERHEIT/161: Massenvernichtungswaffenfreie Zone Nahost in weiter Ferne (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 17. April 2015

Abrüstung:
Massenvernichtungsfreie Zone Nahost vorerst nicht in Sicht

Von Ramesh Jaura


Berlin, 17. April (IPS/IDN*) - Wenige Tage vor Beginn der vierwöchigen Revisionskonferenz der Vertragsstaaten des Atomwaffensperrvertrags ('Nuclear Non-Proliferation Treaty' - NPT) liegt das Ziel einer massenvernichtungswaffenfreie Zone Nahost in weiter Ferne. Bei den Bemühungen, die seit Dezember 2012 überfällige Helsinki-Konferenz abzuhalten, zeichnet sich ebenfalls kein Fortschritt ab.

Auch die Erwartungen der Außenminister der G7-Staaten - Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und USA -, die sich vom 14. bis 15. April im Vorfeld ihres G7-Gipfeltreffes im April in Lübeck getroffen hatten, hielten sich in dieser Frage in Grenzen. In einer Mitteilung würdigten sie zwar die fortgesetzten Bemühungen des Faszilitators sowie der Länder Russland, Großbritannien und USA zugunsten einer Umsetzung der UN-Resolution von 1995, bedauerten jedoch das bisherige Unvermögen, die Helsinki-Konferenz doch noch stattfinden zu lassen.

Weiter heißt es in der Mitteilung zum Abschluss der zweitägigen Beratungen in der norddeutschen Hansestadt: "Die regionalen Parteien müssen sich sobald wie möglich um eine Konsensentscheidung mit Blick auf ein Datum und die Agenda der Helsinki-Konferenz bemühen. Wir betonen, dass die Konferenz nur dann einen bedeutenden Prozess anschieben kann, wenn die Interessen aller Teilnehmer berücksichtigt werden."

Die UN-Resolution von 1995, die eine solide Basis für Verhandlungen und die Eliminierung atomarer und anderer Massenvernichtungswaffen in Nahost geschaffen hat, war auf der NPT-Revisionskonferenz angenommen worden.


Eine ägyptische Initiative

Den Vorschlag einer massenvernichtungsfreien Zone (WMDFZ) Nahost hatte Ägypten im Jahr 1990 unterbreitet. Vorausgegangen war der langjährige Ruf nach einer atomwaffenfreien Zone (NWFZ). Beide Ziele, die parallel vorangetrieben werden, genießen zwar eine breite internationale Unterstützung, konnten sich aber bisher nicht durchsetzen.

Die im Dezember 2012 geplante Helsinki-Konferenz war wenige Tage zuvor, am 23. November, von den USA auf unbekannte Zeit verschoben worden. In einem Statement begründete Washington die Entscheidung mit derzeit inopportunen Voraussetzungen in Nahost und dem Fehlen eines Abkommens der teilnehmenden Staaten über "akzeptable Bedingungen" für eine solche Konferenz.

Einen Tag später äußerte Russland in einer Mitteilung den Wunsch, die Konferenz möglichst noch vor April 2013 abzuhalten, da die Vorbereitungen für das Treffen bereits weit fortgeschritten seien. Moskau führte die Verschiebung der Helsinki-Konferenz auf die fehlende Bereitschaft aller Staaten der Region zurück, an der Konferenz teilzunehmen.

Zum Zeitpunkt der Verschiebung hatte der Konferenz-Faszilitator, der finnische Diplomat Jaakko Laajava, noch keine Zusicherung Israels erhalten, an dem in Helsinki geplanten Treffen teilzunehmen. Der Iran, der derzeit im Zusammenhang mit seinem umstrittenen Atomprogramm mit dem Westen verhandelt, hatte hingegen seine Teilnahme im November zugesagt - nach Ansicht einiger Experten aus dem Wissen heraus, dass die Dezember-Konferenz in Helsinki nicht stattfinden würde.

Aus Protest gegen die Verschiebung der lang ersehnten Helsinki-Konferenz verließ Ägypten am 29. April 2013 das Genfer Treffen des NPT-Vorbereitungskomitees und forderte die Festsetzung eines neuen Veranstaltungstermins zum nächstmöglichen Termin.

Auf der Revisionskonferenz von 2010 waren fünf Schritte im Sinne einer Umsetzung der UN-Resolution von 1995 beschlossen worden. Die USA, Russland und Großbritannien, die treibenden Kräfte hinter der Resolution, versprachen damals, in Zusammenarbeit mit dem UN-Generalsekretär für ein Zustandekommen der Konferenz im Dezember 2012 zu sorgen.

Mit Blick auf die bevorstehende neunte NPT-Revisionskonferenz der Vertragsstaaten vom 27. April bis 22. Mai - 45 Jahre nach dem Inkrafttreten des Atomwaffensperrvertrags und 70 Jahre nach dem Atombombenanschlag auf Hiroshima und Nagasaki sowie dem Ende des Zweiten Weltkriegs - sagten die G7-Außenminister in Lübeck den drei sich gegenseitig bedingenden NPT-Umsetzungssäulen Abrüstung, Nichtverbreitung und Nutzung von Atomkraft zu friedlichen Zwecken ihre "bedingungslose Unterstützung" zu.


G7-Außenminister sagen Unterstützung zu

Weiter heißt es: "Die Prävention der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und deren Trägersystemen ist weiterhin von hoher Priorität, da eine solche Verbreitung eine große Gefahr für Frieden und Sicherheit darstellt. Die Tatsache, dass die unkontrollierte Verbreitung konventioneller Waffen die Stabilität in bestimmten Regionen des Globus unterminiert, ist ein starkes Argument für die G7, auch in diesem Bereich aktiv zu werden."

Ferner erklärten die G7-Außenminister: "Das NPT bleibt ein Eckpunkt der atomaren Nichtverbreitungsstrategie und der Grundpfeiler für die Bemühungen um nukleare Abrüstung gemäß Artikel VI und der friedlichen Nutzung von Atomenergie. Das NPT leistet einen entscheidenden und dauerhaften Beitrag, um die Welt zu einem sicheren Ort zu machen. Davon profitieren die Erdenbürger Tag für Tag."

Artikel VI des Atomwaffensperrvertrags besagt: "Jede Vertragspartei verpflichtet sich, in redlicher Absicht Verhandlungen zu führen über wirksame Maßnahmen zur Beendigung des nuklearen Wettrüstens in naher Zukunft und zur nuklearen Abrüstung sowie über einen Vertrag zur allgemeinen und vollständigen Abrüstung unter strenger und wirksamer internationaler Kontrolle." (Ende/IPS/kb/2015)

(*) IDN-InDepthNews ist Kooperationspartner von IPS Deutschland


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IPS-Tagesdienst vom 17. April 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. April 2015

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