Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → FAKTEN

PARTEIEN/106: Next Left - eine neue europäische Linke (NG/FH)


Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte Nr. 7+8/2011

Thema: Gerechtigkeit
Next Left - eine neue europäische Linke
Gespräch mit Alfred Gusenbauer

Von Thomas Meyer


Alfred Gusenbauer, österreichischer Bundeskanzler und Bundesvorsitzender der SPÖ a.D., leitet das politische Forschungsprojekt "Next Left - Renewing Socialdemocracy" des in Brüssel ansässigen sozialdemokratischen Think Tank FEPS (Foundationfor European Progressive Studies), der kürzlich einen Fahrplan in die sozialdemokratische Zukunft herausgegeben hat. Die Fragen stellte Thomas Meyer.


NG/FH: Herr Gusenbauer, Sie sind Vorsitzender des intellektuellen Netzwerkes Next Left, in dem sich europäische Sozialdemokraten, Wissenschaftler und Intellektuelle darüber verständigen, was bei der sozialdemokratischen Linken schief gelaufen ist und wie eine neue Offensivperspektive aussehen könnte. Worin liegt der Hauptgrund dafür, dass die Sozialdemokratien so in der Defensive sind?

ALFRED GUSENBAUER: Eine der wesentlichen Ursachen ist natürlich, dass sich das Parteienspektrum stärker auffächert, weil die Volksparteien im Allgemeinen, aber die Sozialdemokratie im Besonderen ihre Bindungskraft für breite Bevölkerungsschichten verloren haben. Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, lautet: Kann man unter den differenzierten gesellschaftlichen Bedingungen von heute überhaupt noch diese Breite herstellen, vor allem dort, wo Verhältniswahl praktiziert wird? Wie Großbritannien gezeigt hat, ist selbst in einem Staat mit einem starken Mehrheitswahlrecht nicht mehr automatisch klar, dass eine Partei alleine die Regierung stellen kann.

Diese Tendenz betrifft die Sozialdemokratie stärker als die Konservativen, weil wir seit den 80er Jahren einer gewissen Konkurrenz durch die Grünen ausgesetzt sind. Zudem werden wir beschnitten durch jegliche Formen populistischer Politik. Das können auch linkspopulistische Parteien sein, aber in der großen Mehrheit der europäischen Länder sind es rechtspopulistische Parteien. Diese greifen mächtiger in das sozialdemokratische Wählerpotenzial ein, weil sie im Wesentlichen zwei Themenfelder zentral abdecken: Anti-Europaorientierung und Ausländerfeindlichkeit. Für beides sind frühere sozialdemokratische Wählerschichten empfänglicher als konservative. Vor allem in den skandinavischen Sozialdemokratien löst Europa Ängste vor dem Verlust des Wohlfahrtsstaates aus.

NG/FH: Gilt das für ganz Europa?

GUSENBAUER: Ja, aber mit unterschiedlichen Nuancen. In Schweden etwa war die sozialdemokratische Partei in der Frage des EU-Beitritts gespalten. In den anderen nordischen Parteien war es nicht ganz so dramatisch.

Die Sozialdemokratie ist nach wie vor bei den verletzlicheren Schichten der Gesellschaft mehr verankert als die Konservativen, also im unteren Einkommensdrittel. Dort sind die Verdrängungs- oder Abstiegsängste wegen der Zuwanderung massiv. Wir sind also sowohl bei Europa als auch bei der Zuwanderung stärker in unserem Wählerpotenzial angreifbar als die Konservativen, die einen viel stärkeren Anteil an den Bildungsbürgern und höheren Einkommensschichten binden.

Zudem haben die Menschen den Eindruck, dass immer weniger in den nationalen Parlamenten entschieden wird und immer mehr in Europa, für viele nach wie vor ein politisches System, das nicht wirklich transparent erscheint. Zudem ist die Auseinandersetzung in Europa wenig politisiert. Es geht eigentlich immer nur um die Alternative für oder gegen Europa, aber meistens nicht darum, welche Politik gemacht werden soll. Die Menschen haben den Eindruck, dass sie Gestaltungsmacht an etwas abgeben, auf das sie wenig Zugriff haben.

Viele Verheißungen treten nicht ein. Die Sozialdemokratie befindet sich hier in einer ganz problematischen Situation: Wir treten pro-europäisch auf, dieses Europa aber liefert nicht die Ergebnisse, die sich die Menschen wünschen.

NG/FH: Wie könnten angesichts eines solchen Dilemmas überzeugende Antworten lauten?

GUSENBAUER: Entscheidend ist, wer das vorherrschende Paradigma der gesellschaftlichen Auseinandersetzung prägen kann. Die Wahlanalysen, die wir durchgeführt haben, zeigen: Wenn die Wirtschaft das vorherrschende Paradigma der politischen Diskussion ist, nützt das in erste Linie den Konservativen. Wenn die Umweltfrage dominiert, nützt das in erster Linie den Grünen. Wenn Ausländer, Migration und Sicherheit die Gemüter bewegen, hilft das den Rechtspopulisten. Die Sozialdemokratie gewinnt nur, wenn das Soziale oder die soziale Gerechtigkeit im Zentrum der politischen Auseinandersetzung stehen.

NG/FH: Aber dann hat sie die Konkurrenz der Linksparteien, die das noch drastischer, noch monothematischer besetzen.

GUSENBAUER: Die Konkurrenz der Linksparteien kann es geben, obwohl dies kein europaweites Phänomen ist. Das gibt es in Skandinavien schon lange, aber da treten die Rechtspopulisten inzwischen stärker auf als die Linkspopulisten; die spezifische Situation in Deutschland ist nicht charakteristisch für Gesamteuropa; seit langer Zeit gibt es das auch in den Niederlanden. Aber dort, wo es früher mal die starken eurokommunistischen Parteien gab - Frankreich oder Spanien, die weiterhin als Vereinigte Linke oder Kommunistische Parteien in Erscheinung treten - können diese in Wirklichkeit bei diesem Thema nicht stärker Fuß fassen. Diese Herausforderung, dass eine Linkspartei durch die Entwicklung eines Linkspopulismus in der Frage der sozialen Gerechtigkeit der Sozialdemokratie eine massive Konkurrenz machen kann, ist für die Gesamtheit Europas empirisch nicht nachweisbar.

Diese "natürlichen" Kompetenzzuordnungen der Parteien haben sich in der Einstellung der Menschen über lange Zeit nicht geändert. Natürlich kann jede Partei im Zuge einer Wahlauseinandersetzung versuchen, eine andere Partei in ihrer Kernkompetenz anzugreifen. Das ist allerdings hochriskant, weil damit das Thema des Gegners noch stärker gemacht und man wahlpolitisch nur Gewinne realisiert, wenn man auf diesem Heimspielfeld des anderen sichtbar dominiert - sonst geht das nach hinten los.

NG/FH: Es gibt nun in der Sozialdemokratie Bestrebungen, die Paradigmen so zu kombinieren, dass die Partei ihre spezifische Identität aus der Balance zwischen Wirtschafts-, Ökologie- und Sozialkompetenz erhält.

GUSENBAUER: Ich glaube nicht, dass das verfängt. Die Sozialdemokratie muss ein fest verankertes Standbein der sozialen Gerechtigkeit haben, welches sie verteidigen und neu besetzen muss. Dies ist ihr Alleinstellungsmerkmal. Sie muss dafür sorgen, dass dies das zentrale Thema ist. Nur dann kann sie gewinnen. Natürlich braucht die Sozialdemokratie, im Unterschied zu monothematischen Parteien, daneben auch ein ökologisches, ein ökonomisches, ein sicherheitspolitisches Spielbein. Aber das Prinzip "Die Balance aus allem ergibt die Stärke" halte ich für eine falsche Schlussfolgerung. Dies würde dazu führen, dass das Profil der sozialen Gerechtigkeit verschwimmen würde. Wo die Sozialdemokratie ganz besonders starke Einbußen erlitten hat, wurde diese ihre Kernkompetenz in Frage gestellt, entweder durch eigene Politik oder durch die politische Auseinandersetzung.

NG/FH: Mit welchen Themen und Projekten könnte die Sozialdemokratie in den Ländern und in Europa die Hegemonie zurückgewinnen?

GUSENBAUER: Das Projekt der sozialen Gerechtigkeit, der sozialen Demokratisierung Europas muss neu erfunden werden. Dabei ist unser Thema nicht nur, wie sozialdemokratische Politik in den Wettbewerb der Marktkräfte eingreift und für gerechtere Verhältnisse sorgt. Der sozialdemokratische Wohlfahrtsstaat schafft auch selbst neue Ungerechtigkeiten, indem er das Insider/Outsiderproblem verstärkt. Seine Hauptprofiteure sind in erster Linie die Beschäftigten im öffentlichen Dienst hinsichtlich Stabilität der Arbeitsverhältnisse, Höhe der Einkommen, Pensionen.

Zugunsten der großen Mittelschicht, die heute in der privaten Wfrtschaft arbeitet, entweder einen festen Arbeitsplatz hat, scheinselbstständig ist oder Projektarbeit macht, und zugunsten derjenigen, die unter prekären sozialen Verhältnissen leben, wirkt der Umverteilungsmechanismus des sozialdemokratischen Wohlfahrtsstaates nicht mehr. Viele Menschen empfinden im Übrigen diese neue Ungerechtigkeit als noch viel schlimmer, als die durch die Marktgesetze hervorgerufene. Marktungerechtigkeiten werden als "natürlich" gesehen, staatliche als politisch verursacht oder gewollt. Da die Sozialdemokratie dafür Verantwortung trägt, entlädt sich die Frustration gegen sie.

NG/FH: Wie müsste eine Strategie aussehen, mit der der Sozialstaat so transformiert, diese Defizite überwunden und neue Glaubwürdigkeit zurückgewonnen werden kann?

GUSENBAUER: Wir müssen bei dem Beitrag des Finanzkapitals zur Finanzierung des sozialen Wohlfahrtsstaates beginnen. Heute erfolgt diese in erster Linie aus der Besteuerung der Lohneinkommen und Verbrauchssteuern. Die immer größer werdenden Gewinne aus Finanzkapital werden kaum oder nur in einem geringen Ausmaß zur Finanzierung herangezogen. Bezogen auf den Prozentsatz des gesamten Steuerertrages haben wir zwei gegensätzliche Entwicklungen: Der Anteil am gesellschaftlichen Reichtum aus dem Finanzsektor wird immer größer, die Besteuerung immer geringer.

Ein stärkerer Beitrag des Finanzkapitals zur Finanzierung des Gemeinwohls ist nötig, unabhängig davon, ob wir mit Finanztransaktionssteuern oder höheren Kapitalbesteuerungen operieren. Das sind natürlich nur Beispiele, die Kraft der Veränderung erwächst aus einem Gesamtkonzept der sozialen Demokratisierung. Mit dem Projekt der Finanztransaktionssteuer könnte die Sozialdemokratie zeigen, dass sie jetzt den Weg der neuen Gerechtigkeit geht.

NG/FH: Das wären die Maßnahmen auf der Finanzierungsseite. Was müsste man auf der Leistungsseite machen, damit diese neue Gerechtigkeit sichtbar wird?

GUSENBAUER: Den größten gesellschaftspolitischen Multiplikationsfaktor entfaltet eine egalitäre Bildungspolitik, stärker noch als die wichtigen Bereiche Gesundheit und Pensionen. Als Grundsatz gilt: Unsere Gesellschaft der zunehmend ungleicheren Einkommen einigt sich darauf, für alle Menschen ein Maximum an Chancen zur Verfügung zu stellen, unabhängig von ihrer sozialen Situation. Ein positiver Schritt in diese Richtung ist in Österreich die Einführung kostenloser Kindergartenplätze für alle Kinder. Das ist zudem ein wichtiger Schritt zur Integration der Migrantenkinder, denn im Kindergarten beginnt der Bildungsweg. Kostenloser Besuch von Schule und Universität, die Chance der Qualifizierung auf dem zweiten und dritten Bildungsweg, Möglichkeiten der Requalifizierung etc. Das Wichtigste ist eine egalitäre Bildungspolitik, weil kein anderes politisches Instrument mehr über die Chancenverteilung entscheidet. Ich vertrete die Auffassung, dass das Recht des Kindes auf eine chancenreiche Entwicklung im Zweifel stärker ist als das Recht der Eltern. Darum befürworte ich, wenn für Alle Kindergartenplätze zur Verfügung stehen, eine Kindergartenpflicht.

Das ist der entscheidende Unterschied zwischen dem klassisch-liberalen Laissez-faire, dem Multi-Kulti-Zugang und einer sozialdemokratischen Integrationspolitik: Wir sagen, dass sich Integration nicht von selbst verwirklicht, wir brauchen entsprechende Politiken. Und Integrationspolitik hat eben auch nicht nur mit Rechten zu tun, sondern auch mit Pflichten: einerseits mit dem Angebot von Chancen und Möglichkeiten zur Teilhabe, andererseits aber auch mit dem Einfordern von Teilnahme.

NG/FH: Manche Experten sind der Meinung, dass im Prekariatsbereich, bei immerhin 12-14% der Gesellschaft, bloße Bildungsangebote eher zu Verängstigung führen, weil das genau das Erfahrungsfeld ihres Scheiterns ist. Diese Menschen wollen geeignete Arbeitsplatzangebote, die sie sofort annehmen können mit anständigem Einkommen und Anerkennung.

GUSENBAUER: Es wird zu keiner Vervielfachung einfacher/wenig qualifizierter Arbeit mehr kommen. Menschen, die scheitern - was im Übrigen sehr menschlich ist -, dürfen sich nicht und wir dürfen sie nicht aufgeben. Ich bleibe dabei: Egalitäre Bildungspolitik hat den stärksten Multiplikationsfaktor, was andere Politiken natürlich nicht ausschließt. Ganz wesentlich ist z.B. die Wohnpolitik. In Wien bemühen wir uns vor allem, Ghettobildungen zu vermeiden, weil klar ist, dass man dort nur schwer wieder herauskommt.

NG/FH: Welche Instrumente gibt es da?

GUSENBAUER: Zum einen ist da der Bereich der Stadterneuerung zu nennen. Durch den Ausbau der Infrastruktur etwa und den Anschluss an das U-Bahn- und Straßenbahnnetz können gewisse Quartiere attraktiver werden. Und früher bekamen nur Menschen eine Unterstützung durch die Stadt, wenn sie in kommunalen Wohnungen lebten. Jetzt haben wir eine allgemeine Wohnbeihilfe auch für Menschen, die im privaten Altbau wohnen, abhängig nur von der Einkommenssituation, um zu verhindern, dass Kommunalbauten zu sozialen Ghettos werden. Ein entscheidender Beitrag zur Integration.

NG/FH: Wie sieht die Perspektive aus, wie lautet die neue Erzählung für eine überzeugende sozialdemokratische Europapolitik?

GUSENBAUER: Europa wird Anteile am Weltbruttosozialprodukt verlieren und der Anteil seiner Bevölkerung an der Weltbevölkerung wird kleiner. Die gesellschaftliche Entwicklung in Europa verliert an Dynamik. Zum einen durch die demografische Entwicklung, zum zweiten durch eine Abschottungshaltung gegenüber Migranten. Europa wird es in Zukunft schwerer haben und nur als integrierte Gemeinschaft die Chance haben, seinen Platz in der Welt zu behaupten, sowohl ökonomisch als auch politisch.

Die Europaskepsis ist heute aber bei vielen Menschen groß, weil die EU ein unvollendetes Projekt ist und dadurch bedingt eine stärkere Renationalisierung stattfindet, wenn auch nicht unbedingt der Politik, so doch zumindest des Bewusstseins. Die EU verändert schleichend ihr Integrationsmodell. Euro und Rettungsschirm führen zwar zu einer verstärkten Zusammenarbeit, aber außerhalb der Verträge. So bleiben das EU-Parlament und die EU-Kommission, die eine gewisse gesamteuropäische Legitimation haben, ausgeschlossen. Es entscheiden die nationalen Regierungen ohne europäisches Mandat. Die nationalen Kräfteverhältnisse kommen wieder stärker zur Geltung. Das ist eine nicht ungefährliche Entwicklung. Die Sozialdemokratie soll dem das Projekt der sozialen Demokratisierung Europas entgegenstellen, schon weil wir viele unserer politischen Anliegen - von der sozialen Gerechtigkeit bis zur Sicherung der Freiheit - nur im europäischen Maßstab verwirklichen können.

NG/FH: Es gibt aber in Europa wichtige Länder wie Polen und Großbritannien, für die die Integration schon zu weit fortgeschritten ist, die aktive Befürworter einer Renationalisierungspolitik sind und eigentlich nur den Markt wollen. Und dann gibt es in großen Teilen der Bevölkerungen Ressentiments nach dem Motto: "Wir zahlen doch nur drauf." Wie kann in einer solchen Situation eine offensive Strategie mehrheitsfähig werden?

GUSENBAUER: Das ist in der Tat eine verzwickte Situation. Ich sage in aller Klarheit: Die Sozialdemokratie hat in vielen Teilen Europas das Thema des Zusammenlebens mit Migranten verloren, weil sie zu große Ängste vor den rechtspopulistischen Parteien gehabt hat. Dieses Thema nicht anzupacken hat unsere Gegner stärker gemacht, die sich noch dazu im sozialdemokratischen Wählersegment bedient haben. Dasselbe Desaster kann uns drohen, wenn wir in der Auseinandersetzung um ein politisches und soziales Europa erneut auf die Kapitulationsstrategie setzen. Dann werden die antieuropäischen Kräfte auch in den eigenen Reihen immer stärker. Formulierung und Umsetzung europäischer Politik wird dadurch erheblich erschwert.

NG/FH: Wie kann man diese Misere überwinden? Wo sind Politiker, die sich wieder als Anwälte Europas profilieren, die eine Vision haben und auch gegen Widerstände Meinungen vertreten und um Zustimmungen werben?

GUSENBAUER: Es geht nicht um die Frage: "Europa, Ja oder Nein?", sondern es geht vor allem darum, dass wir ein anderes Europa wollen. Die Frage ist nicht nur, welche Institutionen was entscheiden, sondern auch, welche Politik wir in Europa haben wollen. Wir brauchen eine sozialdemokratische Wirtschaftspolitik in Europa mit Eingriffen in die vermeintliche nationale Souveränität, damit nicht den Finanzmärkten das Handeln überlassen bleibt und ein sozial und ökologisch nachhaltiges Wirtschaften in Europa möglich wird. Wir brauchen die große Debatte darüber, was ein sozialdemokratisches Europa von einem neoliberalen oder konservativen Europa unterscheidet - und keinen diplomatischen Einheitsbrei.

NF/FH: Das Fortschrittsprogramm der SPD, das auf dem Parteitag im Dezember verabschiedet werden soll, proklamiert den Abschied vom rein quantitativen Wachstumsdenken und stellt die Themen Bildungspolitik, vorbeugender Sozialstaat, ökologische Industriepolitik und alternative Energiepolitik ins Zentrum. Welche Diskussionsergebnisse des Netzwerkes Next Left sollten dort noch mit einfließen?

GUSENBAUER: Ich halte dieses Konzept des Neuen Fortschritts für einen richtigen Ansatzpunkt, weil es versucht, gesellschaftliche Herausforderungen aufzugreifen und aus der Analyse politische Gestaltungsvorschläge zu entwickeln, wie sich die Verhältnisse nach den Vorstellungen der Sozialdemokratie verändern sollten. Die Sozialdemokratie muss aber auch unter der Definition des Neuen Fortschritts als eine Partei der sozialen Gerechtigkeit erkennbar bleiben und darf nicht den Eindruck erwecken, wir wären jetzt eine Allerweltspartei. Denn alle unsere Konkurrenzparteien reden vom Fortschritt und werden versuchen - mit unterschiedlichen Gewichtungen - einen ähnlichen Themenmix hinzubekommen.


*


Quelle:
Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte Nr. 7+8/2011, S. 64-69
Herausgegeben für die Friedrich-Ebert-Stiftung von Siegmar Gabriel,
Klaus Harpprecht, Jürgen Kocka, Thomas Meyer und Peter Struck
Redaktion: c/o Friedrich-Ebert-Stiftung Berlin
Hiroshimastraße 17, 10785 Berlin
Telefon: 030/26 935-71 51, -52, -53
Telefax: 030/26 935-92 38
ng-fh@fes.de
www.ng-fh.de

Die NG/FH erscheint monatlich, wobei die Hefte 1+2
und 7+8 im Januar bzw. Juli als Doppelheft erscheinen.
Einzelheft: 5,50 Euro zzgl. Versand
Doppelheft: 10,80 Euro zzgl. Versand
Jahresabonnement: 50,60 Euro frei Haus


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Oktober 2011