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ENTWICKLUNGSHILFE/423: Investitionen statt Spenden - Ärmste Länder wollen aus der Armutsfalle (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 10. Mai 2011

Entwicklung: Investitionen statt Spenden - Ärmste Länder wollen aus der Armutsfalle

Von Claire Ngozo

Wasserstelle in Lusaka - Bild: © Kelvin Kachingwe/IPS

Wasserstelle in Lusaka
Bild: © Kelvin Kachingwe/IPS
Istanbul, 10. Mai - Die Gruppe der weltärmsten Länder (LDCs) will keine Almosen, sondern Investitionen. Ihre Forderungen sind Ausgangspunkt der Vierten UN-LDC-Konferenz (LDC-IV), die noch bis zum 13. Mai in Istanbul stattfindet.

Etwa 8.000 Teilnehmer - die politischen Entscheidungsträger der LDCs, Vertreter internationaler Hilfsorganisationen und die Entwicklungspartner - diskutieren derzeit über Auswege der LDCs und den dort lebenden 900 Millionen Menschen aus der abgrundtiefen Armut. Nach UN-Angaben stammen 60 Prozent der weltweiten Flüchtlinge aus der Gruppe der derzeit 48 ärmsten Länder.

Wie UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon bei der Eröffnung der Konferenz am 9. Mai erklärte, ist die internationale Gemeinschaft moralisch verpflichtet, die Betroffenen aus Hunger und Armut zu befreien. Ban zufolge bergen Investitionen in die LDCs das Potenzial, die Weltwirtschaft auf Trab zu bringen und ihr Stabilität zu verleihen.

Auf der LDC-IV sind Investitionen in die Landwirtschaft ein wichtiges Thema. In den ärmsten Ländern wurde der Sektor viele Jahre lang vernachlässigt, wie der Bericht 'A World without LDCs' ('Eine Welt ohne LDCs') moniert. "Der Mangel an Investitionen zur Stärkung des Sektors wurde durch unsichere Landbesitzverhältnisse und durch den fehlenden Zugang zu Finanz- und Transportmitteln und Infrastruktur verschärft", heißt es in der Untersuchung, die am 8. Mai von der Zivilgesellschaft in Istanbul vorgestellt wurde.

Gerade die LDCs leiden unter den Agrarsubventionen der reichen Länder, die ihre landwirtschaftlichen Erzeugnisse über internationale Lieferketten in Form von Nahrungsmittelhilfe zu Dumpingpreisen im Süden absetzen konnten. Ergebnis war, dass viele LDCs zu Netto-Nahrungsmittel-Importeuren verkamen, die somit nicht vom jüngsten Anstieg der Nahrungsmittel- und Rohstoffpreise profitieren konnten.

Laut Weltbank hat die Explosion der Nahrungsmittelpreise seit Juni 2010 44 Millionen Menschen mehr in die Armut abgedrängt. Der Generaldirektor der Welthandelsorganisation, (WTO) Pascal Lamy stimmt mit den NGOs überein, dass die Verringerung und Beseitigung der Subventionen entscheidend sind, um der Agrarproduktion in den LDC Auftrieb zu verleihen.


Vom Welthandel weitgehend ausgeschlossen

Lamy monierte auch den geringen Anteil der LDCs am internationalen Handel. So sind die ärmsten Länder gerade einmal zu einem Prozent am Welthandel beteiligt. Dabei bergen die LDCs Lamy zufolge einen Schatz, den es noch zu heben gelte.

Die Weltbank-Geschäftsführerin Ngozi Okonjo-Iweala plädierte für Auslandsdirektinvestitionen und die Einführung eines Sozialversicherungsnetzes für die Armen. Doch die LDCs haben eigene Vorstellungen, wie sie der Armut in den nächsten zehn Jahren entrinnen wollen. Sie wollten ihre Zahl halbieren, meinte der nepalesische Ministerpräsident Jhala Nath Khanal, der derzeitige Vorsitzende des Globalen LDC-Koordinationsbüros.

Das ist ein äußerst ehrgeiziges Ziel, wenn man bedenkt, dass die Zahl der LDCs seit 1971 von 25 auf 48 angestiegen ist und nur drei Staaten überhaupt - Botswana, Kapverden und Malediven - gelungen ist, aus dem Club der Ärmsten auszuscheren.


Wirtschaftswachstum für alle

Khanal zufolge streben die LDCs ein inklusives und nachhaltiges Wirtschaftswachstum sowie die Ausrottung der Armut und eine starke und widerstandsfähige Gesellschaft an. Diese Vision könne nur durch den Ausbau der Produktionskapazitäten und der Wirtschaftsinfrastrukturen erreicht werden.

Die LDCs wünschen sich zusätzliche Mittel für den Ausbau des produktiven Sektors, die Entwicklung der Privatwirtschaft und eine Erhöhung der öffentlichen Entwicklungshilfe durch die reichen Staaten. Darüber hinaus verlangen sie die Abschaffung tarifärer und nicht-tarifärer Handelshemmnisse, einen Technologietransfer in ihre Länder, einen Marktzugang für alle LDC-Produkte sowie Unterstützung beim Ausbau ihrer Kapazitäten und bei der Förderung von Investitionen über Investitionshilfen. (Ende/IPS/kb/2011)


Links:
http://www.ldcwatch.org/index.php?option=com_jdownloads&Itemid=9&task=view.download&catid=3&cid=42&lang=en)
http://www.un.org/wcm/content/site/ldc/home
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=55550

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 10. Mai 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Mai 2011