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DEMOSKOPIE/462: Allianz Zuversichtsstudie - Zuversicht für Deutschlands Zukunft sinkt (idw)


Universität Hohenheim - 25.09.2012

Allianz Zuversichtsstudie: Die Zuversicht für Deutschlands Zukunft sinkt

• Stimmungseinbruch zur deutschen Wirtschaftslage
• Gesetzliche Sozialversicherungen werden positiver beurteilt
• Zuversicht für das persönliche Leben bleibt stabil
• In Stuttgart und Frankfurt gibt es die meisten Optimisten



Allmählich kommt die Krise auch in Deutschland an: Wenn die Bundesbürgerinnen und Bundesbürger gefragt werden, wie sie die Situation Deutschlands in den kommenden zwölf Monaten sehen, antworten derzeit nur noch 29 Prozent "mit Zuversicht" oder "mit großer Zuversicht". Vor einem Jahr war noch jeder Dritte positiv gestimmt. Dagegen ist die Zuversicht für das persönliche Leben auf hohem Niveau stabil geblieben: Aktuell blicken knapp zwei Drittel (65 Prozent) der Menschen in Deutschland optimistisch in die eigene Zukunft. Damit überragt die persönliche Zuversicht die Zuversicht für Deutschland um mehr als das Doppelte. Das zeigen die aktuellen Ergebnisse der monatlich durchgeführten repräsentativen Befragungen zur Allianz Zuversichtsstudie, einem Gemeinschaftsprojekt der Allianz Deutschland AG und der Universität Hohenheim.

Am stärksten eingetrübt hat sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum die Stimmung hinsichtlich der zukünftigen Wirtschaftslage (minus 13 Prozentpunkte): Im dritten Quartal 2012 ist die Zuversicht für die deutsche Wirtschaft auf 30 Prozent gesunken. Vor einem Jahr lag der Wert bei 43 Prozent. Nach einem kurzen Zwischenhoch (45 Prozent) im Juni dieses Jahres folgte nur einen Monat später ein Stimmungseinbruch um 15 Prozentpunkte. Diese Ernüchterung hat Auswirkungen: Nur noch knapp drei von zehn Befragten (28 Prozent) äußern sich positiv zur Entwicklung am Arbeitsmarkt (minus fünf Prozentpunkte).

Beim Umwelt- und Klimaschutz ist die Zuversicht gegenüber dem Vergleichszeitraum ebenfalls niedriger ausgefallen (minus sieben Prozentpunkte). Vor einem Jahr waren hier noch vier von zehn Deutschen optimistisch, jetzt ist es lediglich jeder Dritte.

"Die Euphorie um die Energiewende hat einen deutlichen Dämpfer erhalten. Dazu haben der zögerliche Ausbau alternativer Energien und der notwendigen Stromtrassen beigetragen, ebenso die steigenden Benzin- und Strompreise sowie die Probleme der Solarbranche", sagt Professor Dr. Frank Brettschneider von der Universität Hohenheim, der die Allianz Zuversichtsstudie wissenschaftlich begleitet.

Deutlich gewachsen - um 13 Prozentpunkte - ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum dagegen das Vertrauen in die gesetzliche Pflege- und Krankenversicherung: Insgesamt 29 Prozent der Menschen in Deutschland sehen die künftige Entwicklung der staatlichen Kassen positiv. Zudem denkt aktuell jeder Fünfte über die gesetzliche Rentenversicherung optimistisch. Das entspricht einem Zuwachs von sechs Prozentpunkten gegenüber dem dritten Quartal 2011.

"Die hohen Einnahmen der Sozialversicherungen zählen zu den wenigen positiven Meldungen dieser Tage", erläutert Professor Dr. Brettschneider. "Dicke Finanzpolster in Milliardenhöhe lassen die Bürgerinnen und Bürger hoffen, am Geldsegen teilzuhaben, auch wenn die Verteilung noch ungeklärt ist."

Die Stimmung hinsichtlich der Qualität von Schulen und Universitäten erreicht im dritten Quartal 2012 ihren Höchstwert seit Beginn der Erhebungen zur Allianz Zuversichtsstudie im Jahr 2007: Jeder dritte Bundesbürger ist hier derzeit zuversichtlich.

"Das deutsche Bildungssystem wird zunehmend positiv wahrgenommen. Unterstützend wirkt dabei, dass das Konzept der Ganztagesschulen zunehmend umgesetzt wird und Elite-Unis zusätzliche Fördergelder für Forschungsprojekte erhalten. Dennoch gibt es zu denken, dass nur ein Drittel der Befragten zuversichtlich ist, wenn es um die Qualität der Schulen und Universitäten geht", erläutert Professor Dr. Brettschneider.


Im persönlichen Leben ist von Krise keine Spur

Unerschütterlich ist die Zuversicht der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger beim Gedanken an die künftige Entwicklung ihres persönlichen Lebens. Fast zwei Drittel (65 Prozent) schauen mit Zuversicht in die eigene Zukunft (plus ein Prozentpunkt), lediglich jeder Zehnte zeigt sich besorgt.

"Trotz wirtschaftlicher und politischer Unsicherheiten bewahren sich die Menschen ihre Zuversicht für das persönliche Leben", so Professor Dr. Brettschneider. "Viele Bundesbürger scheinen die Finanzkrise im wirtschaftlichen Bereich zu verorten, nehmen sie aber noch nicht in ihrem unmittelbaren Umfeld wahr."

Dementsprechend ist die Zuversicht für die einzelnen Bereiche des persönlichen Lebens im Vergleich zum Vorjahreszeitraum weitgehend stabil geblieben - mit einigen positiven Ausschlägen. Das eigene Zuhause rangiert nach wie vor auf dem ersten Platz mit 82 Prozent - noch vor der Familie (71 Prozent) und der Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes (61 Prozent). Wenn es um die eigenen Finanzen geht, macht sich sogar leiser Optimismus breit: Die Zukunft ihrer persönlichen Budgets sehen 60 Prozent der Befragten optimistisch, im Herbst 2011 waren es 56 Prozent.

"Die Beschäftigtenzahlen steigen und die Tariferhöhungen sind spürbar. Noch empfinden viele Menschen ihre Portemonnaies als gut gefüllt," sagt Professor Dr. Brettschneider.

Die finanzielle Versorgung bei Krankheit und Pflege sowie im Alter wird positiver eingeschätzt als vor einem Jahr (jeweils plus drei Prozentpunkte). Mit 48 bzw. 44 Prozent ist fast die Hälfte der Bundesbürger optimistisch, wenn es um die künftige eigene Versorgung geht. Damit sind die Zuversichtswerte für die persönliche Vorsorge nach wie vor deutlich höher als für die gesetzlichen Sicherungssysteme.


Dresden und Leipzig legen stimmungsmäßig am stärksten zu

Im dritten Quartal 2012 wurde zusätzlich zu den kontinuierlich durchgeführten Interviews der Allianz Zuversichtsstudie erneut die Stimmung der Menschen in den größten Städten Deutschlands mit mindestens 500.000 Einwohnern erhoben. Das sind: Berlin, Bremen, Dortmund, Dresden, Düsseldorf, Essen, Frankfurt, Hamburg, Hannover, Köln, Leipzig, München, Nürnberg und Stuttgart.

Im Vergleich zu den Befragungen vor einem Jahr haben sich folgende Veränderungen im Stimmungsbild der 14 Großstädte ergeben: In Berlin hat die Zuversicht für Deutschlands Zukunft den stärksten Dämpfer erhalten. Nur noch 27 Prozent der Einwohner sind optimistisch, wenn sie an die künftige Entwicklung Deutschlands denken. Der Wert ist im Vergleich zum Herbst 2011 um 15 Prozentpunkte zurückgegangen. Das bedeutet für die Bundeshauptstadt einen Absturz vom zweiten auf den zwölften Platz im St ädte-Ranking der Zuversicht. Nur in Köln hat sich ein ebenso radikaler Stimmungsumschwung vollzogen. Hier ist die Zuversicht für Deutschland binnen Jahresfrist von 43 auf 28 Prozent gesunken. Die Rhein-Metropole rutscht damit vom ersten auf den zehnten Platz.

"Köln schiebt einen Schuldenberg von 200 Millionen Euro vor sich her. Die Schuldenkrise der öffentlichen Hand ist den Menschen in der größten Stadt Nordrhein-Westfalens daher stärker bewusst als in anderen Kommunen der Republik. Das erklärt den Vertrauensverlust vieler Kölner in die gesamt-wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und somit in die Zukunft Deutschlands", führt Professor Dr. Brettschneider aus. "In noch größerem Ausmaß gilt das auch für die Bewohner der Bundeshauptstadt. Allein beim Berliner Flughafen-Debakel ist mit Mehrausgaben in Milliardenhöhe zu rechnen."

Doch es gibt auch gute Nachrichten - insbesondere aus dem Osten der Republik: In Leipzig hat sich die Stimmung in Bezug auf Deutschland bundesweit am stärksten verbessert - und zwar um zwölf Prozentpunkte. Mit 39 Prozent Zuversicht belegt die Messestadt den zweiten Platz im diesjährigen Vergleich der Großstädte. Vor einem Jahr war es noch der drittletzte Platz (27 Prozent). Und auch in Dresden hat sich die Stimmung, wenn es um die Zukunft Deutschlands geht, um sechs Prozentpunkte verbessert. Das katapultiert die sächsische Landeshauptstadt vom letzten Platz im Vorjahreszeitraum auf Platz sieben im diesjährigen Vergleich der größten Städte Deutschlands.

"In Leipzig und Dresden blüht die Wirtschaft. Der forcierte Ausbau der Infrastruktur scheint zu greifen. Namhafte Arbeitgeber wie BMW und Porsche lassen die Belegschaft an ihren Erfolgen teilhaben", erklärt Professor Dr. Brettschneider. "Außerdem haben sich die beiden Städte zu wahren Tourismusmagneten entwickelt und ihre Flughäfen sind zu wichtigen Verkehrsknotenpunkten in Deutschland geworden."

Den Spitzenplatz bei der Zuversicht für Deutschland belegt Frankfurt. In der Main-Metropole sehen vier von zehn Einwohnern der Lage der Nation in den kommenden zwölf Monaten "mit Zuversicht" oder "mit großer Zuversicht" entgegen. Dicht gefolgt von Leipzig und Hamburg mit einem Zuversichtswert für Deutschland von jeweils 39 Prozent.

Für das persönliche Leben sind dagegen die Menschen in Stuttgart nach wie vor bundesweit am zuversichtlichsten: 71 Prozent der Einwohner schauen optimistisch in die eigene Zukunft. Dicht auf den Fersen ist der baden-württembergischen Landeshauptstadt auch hier Frankfurt mit einem persönlichen Zuversichtswert von 70 Prozent. Mit jeweils 68 Prozent folgen Dresden, München und Nürnberg.

Am wenigsten Zuversicht im bundesweiten Städte-Vergleich zeigt Dortmund, wo lediglich jeder fünfte Einwohner zuversichtlich für Deutschland ist und für das persönliche Leben knapp sechs von zehn Befragten (59 Prozent)

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution234

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Hohenheim, Florian Klebs, 25.09.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. September 2012