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DEMOGRAPHIE/281: Asien - Schneller alt als reich, Experten prognostizieren hohe Altersarmut (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 20. Februar 2012

Asien: Schneller alt als reich - Experten prognostizieren hohe Altersarmut

von Grit Porsch


Berlin, 20. Februar, (IPS) - Auf alte Menschen in Asien wartet nach Ansicht von Bevölkerungsexperten ein besorgniserregendes Szenario. Weil auf dem Kontinent schon jetzt 60 Prozent der Weltbevölkerung leben, ist hier auch die größte Konzentration an alten Menschen zu erwarten. Die UN-Wirtschafts- und Sozialkommission für Asien und die Pazifikregion hat errechnet, dass bis 2050 jeder vierte Asiate über 60 Jahre alt sein wird. 2010 traf dies erst auf jeden Zehnten zu.

Vielen Asiaten droht ein Lebensabend in Armut und Einsamkeit. "Die Länder - mit der Ausnahme Japans vielleicht - sollten sich rechtzeitig auf diese Entwicklung einstellen", erklärte Somnath Chatterji von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Neu-Delhi. "Die Länder sind älter geworden, bevor sie reich werden konnten."

China und Indien werden in absoluten Zahlen den weltweit größten Anteil an Älteren zu verkraften haben. Nach auf amtlichen Länderprojektionen basierenden UN-Angaben wird ihr Anteil in China bis 2050 von heute 165 Millionen auf 439 Millionen Menschen wachsen, in Indien von derzeit 93 Millionen auf 323 Millionen. Chinas Bevölkerung altert wegen der Ein-Kind-Familie schneller als die indische.

Der UN-Informationsdienst IRIN hat bei Experten nachgefragt, welche Herausforderungen sich den betroffenen Ländern stellen. Für Bangladesh etwa hat Philip Guest, Vizedirektor des Büros des UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA) für Süd- und Südostasien eine Vervierfachung der Alten errechnet. Ihr Anteil dürfte von derzeit 6,6 Prozent bis 2050 auf 22,5 Prozent ansteigen.


Rentensystem gefordert

"Da ein Großteil der asiatischen Bevölkerung im informellen Sektor arbeitet und keinen Anspruch auf Renten- oder Pensionszahlungen hat, stehen die Alten nach ihrem Erwerbsleben ohne Einkommen da. Für Thailand gilt dies für die 50 Prozent der Bevölkerung", stellte Amornrat Apinunmahakul fest. Der Wirtschaftsprofessor, der an Thailands staatlicher Universität 'Nationales Institut für Verwaltungsentwicklung' arbeitet, schlug die Einrichtung eines allgemeinen Rentensystems vor, auch wenn es dabei Finanzierungsprobleme gebe.

"Derzeit bekommen im Thailand die Älteren monatlich umgerechnet jeweils 16 US-Dollar vom Staat. Das reicht nicht, denn schon der Mindestlohn ist mit umgerechnet 52 Dollar fast dreimal so hoch", sagte er.

"In Südasien herrscht allgemein die Ansicht, dass man sich in der Region kein Rentenprogramm leisten kann", betonte der Aktivist Dave Mather, Vorsitzender des in Neu-Delhi ansässigen Südasienzentrums der Nichtregierungsorganisation 'HelpAge'.


Rasanter Anstieg der Alzheimer-Patienten

Experten betonen, dass mittellose alte Menschen angesichts einer höheren Lebenserwartung, des sich auflösenden traditionellen Familienverbandes, der Kleinfamilien und der als Arbeitsmigranten ins Ausland abwandernden Familienangehörigen verlässliche soziale Netzwerke benötigen, um die notwendige Fürsorge und Pflege zu erhalten. Allein die Zahl der Demenzkranken wird in der Asien-Pazifik-Region nach Schätzungen der in Oxford ansässigen zivilen Organisation 'Alzheimer's Disease International' (ADI) 2020 bei 24 Millionen Kranken liegen und sich bis 2050 auf 65 Millionen erhöhen.

"Die soziale Isolation, die alte Menschen auf sich selbst stellt, wird die Region vor erhebliche Probleme stellen", warnte der WHO-Sprecher Chatterji. (Ende/IPS/mp/2012)


Links:
http://www.who.int/
http://www.unfpa.org
http://www.helpage.org
http://www.alz.co.uk/
http://www.irinnews.org/report.aspx?reportid=94856

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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Februar 2012