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DEMOS/052: Wir haben zu 30.000 gegen den NATO-Gipfel demonstriert (P.C.O.F.)


P.C.O.F. - Parti Communiste Des Ouvriers De France / Kommunistische Arbeiterpartei Frankreichs

Pressemitteilung, 5. April 2009

Wir haben zu 30.000 gegen den NATO-Gipfel demonstriert


Der NATO-Gipfel in Strasbourg, der die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsländer zusammenführte, wollte das Bild einer großen vereinten Familie vermitteln, die sich um den Anführer Obama schart, der wiedergefundenen Harmonie des französisch-deutschen Paares und der ausgeräumten Trübung in den Beziehungen zwischen Sarkozy und Obama. Doch um es den Photographen aus der ganzen Welt zu ermöglichen, schöne Photos zu schießen, haben 10.000 französische Polizisten und Gendarmen, unterstützt durch deutsche Polizeieinheiten, rund 30.000 Demonstranten mit Tränengas überzogen und sie damit in der Industriezone des Rheinhafens regelrecht in die Falle getrieben.

Die Gespräche drehten sich um die Verstärkung der NATO-Truppen in Afghanistan; Obama, der dies zu "seinem" Krieg gemacht hat, erhielt von seinen Verbündeten die Zusage, sich in diesem schmutzigen Krieg, der sich bereits nach Pakistan ausdehnt, mehr für die Betreuung der afghanischen Streitkräfte, speziell in Form von Ausbildern, zu engagieren. Das bedeutet Fortführung und Verstärkung der Kriegspolitik zur Kontrolle dieser strategischen Region durch die imperialistischen Kräfte, mit den USA an der Spitze. Die andere wichtige Entscheidung betrifft die Nominierung des dänischen Ex-Premierministers Fogh Rasmussen für den Posten des NATO-Generalsekretärs. Als einer der getreuesten Unterstützer von Bush ist er soweit gegangen, dem Irak "den Krieg zu erklären" und dänische Truppen in die Koalition der Willigen zu entsenden. Er hat später die rechtsextreme Zeitung unterstützt, die die Karikaturen veröffentlichte, die eine große Welle der Entrüstung in vielen muslimischen Ländern ausgelöst haben.

Sarkozy wollte nicht, daß der Gipfel, der die Rückkehr Frankreichs in das Militärkommando der NATO absegnet, durch Demonstranten gestört wurde. Die Behörden beschlossen, ein Klima der extremen Spannung zu schaffen, um jeden Ausdruck einer Protestbewegung gegen den NATO-Gipfel mit Macht zu kriminalisieren. Mehrere Tage war Strasbourg bereits im Belagerungszustand. Die Polizei und die Gendarmerie erhöhten den Druck unablässig. In der ganzen Stadt begegnete man Polizeikontrollen, eigens eingerichteten "roten" Zonen mit Dutzenden demonstrativ postierten Polizeifahrzeugen, Einschüchterung von Menschen, die Flugblätter verteilten oder pazifistische Fahnen am Fenster befestigt hatten. Die Spannung wuchs noch weiter durch die massiven Aktionen gegen das alternative Camp, unterstützt von Tränengasgranaten und Hubschrauberüberflügen, die tags wie nachts stattfanden.

Es gab eine Vereinbarung zwischen dem internationalen Koordinationskomitee des "Gegengipfels" und den Behörden, die Vereinigung der aus Deutschland kommenden Antikriegszüge mit denen aus Frankreich auf der Europabrücke zu ermöglichen. Am Tag der Demonstration, Samstag, dem 4. April, haben die französischen und deutschen Behörden diese Übereinkunft gebrochen. Die Versammlung von Tausenden von Menschen auf einem Gelände neben der Brücke wurde - obgleich genehmigt - zur Zielscheibe für das Gas aus Granaten, die von zahlreichen Hubschraubern abgeworfen wurden. Die Demonstration, die bereits begonnen hatte, prallte unverzüglich auf Mauern von Stahl, die die Polizei errichtet hatte. Tausende von Demonstranten fanden sich sehr schnell mitten in der Industriezone des Rheinhafens in einer Falle wieder, und der Demonstrationszug wurde in mehrere Abschnitte gespalten.

Die Bilder einer Apotheke und eines Hotels in Flammen und von Gruppen mit Wurfgeschossen sind von den Medien weit verbreitet worden. Das war genau das, was die Behörden wollten: zeigen, daß alle Demonstranten gekommen waren, "um zu zerstören". Es ist offensichtlich, daß manche Gruppen mit dem Ziel gekommen sind. Aber Tausende von Demonstranten - ohne von jenen zu sprechen, die man daran gehindert hat, den Versammlungsort zu erreichen - sind gekommen, um friedlich zu demonstrieren und ihre Opposition gegen die Kriegspolitik der NATO kundzutun.

Wir unterstützen die Taten, die diese Gruppen begangen haben, nicht: Eine Apotheke in einem Arbeiterviertel abzubrennen, hat nichts Fortschrittliches. Aber wir legen Wert auf die Feststellung, daß die Verantwortung für das, was geschehen ist, vor allem bei den Entscheidungsträgern der Politik und Polizei liegt. Ihr Ziel war von Anfang an klar: den öffentlichen Protest gegen den NATO-Gipfel, gegen die Entscheidung, das Militärkommando zu reintegrieren, gegen die französische Beteiligung am Krieg gegen Afghanistan zu kriminalisieren.

Das Spruchband unseres Zuges lautete: "Wir bezahlen nicht für Eure Krise. Wir bezahlen nicht für Eure Kriege. Auflösung der NATO." Das hat den Zusammenschluß der Militanten verschiedener Organisationen möglich gemacht. Die Fahnen der Alternativen, der Kommunistischen Koordination der Straße von Calais und des Kommunistischen Zirkels Elsaß wehten neben der unseren(*). Es war auch dieses Transparent, das mit Entschlossenheit und Mut von den Jungen und den weniger Jungen getragen wurde, das half, mehrere hundert Menschen aus der Konfrontationszone zu bringen. Es hing auch in dem Saal an der Wand, der die Tische der Organisationen vereinte, die den Gegengipfel organisiert haben, der am Sonntag im Sportzentrum von Lixenbuhl zuende gegangen ist.

Verfaßt in Strasbourg, am 5. April 2009

KOMMUNISTISCHE ARBEITERPARTEI FRANKREICHS / PARTI COMMUNISTE DES OUVRIERS DE FRANCE

www.pcof.net - pcof@pcof.net


Übersetzung aus dem Französischen:
Redaktion Schattenblick

(*) les Alternatifs, la Coordination communiste du nord pas de Calais, le cercle communiste d'Alsace


*


Quelle:
La Forge - Zentralorgan der Kommunistischen Arbeiterpartei Frankreichs
Parti Communiste Des Ouvriers De France - P.C.O.F.
Pressemitteilung, 5. April 2009
E-Mail: pcof@pcof.net
Internet: www.pcof.net

übersetzt vom und veröffentlicht im Schattenblick zum 11. April 2009