Universität Bremen - 04.06.2015
Bremer Bürgerschaftswahl: Wahlrecht möglicherweise verfassungswidrig
Politikwissenschaftler der Uni Bremen weisen auf Schwachpunkte im Bremer Wahlsystem hin.
Nach der Bürgerschaftswahl 2015 hat in Bremen eine Diskussion über die Wirkungen des Fünfstimmen-Wahlsystems eingesetzt. Um die Diskussion zu versachlichen und die Aufmerksamkeit auf die kritischen Punkte des Wahlsystems zu lenken, haben Valentin Schröder und Lothar Probst (beide vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Bremen) kürzlich eine Analyse der Effekte des Wahlsystems in der Bremischen Bürgerschaft vorgestellt. Besonders problematisch am jetzigen Wahlrecht ist nach Ansicht der Politikwissenschaftler, dass Personenstimmen die Mandatschancen genau der Kandidatinnen und Kandidaten verschlechtern können, auf die sie entfallen sind. Es kann also passieren, dass jemand kein Mandat erzielt, gerade weil sie bzw. er Personenstimmen erhalten hat.
Das ist kein theoretisches Szenario. Denn dieses Personenstimmenparadox
traf tatsächlich Thomas vom Bruch (CDU). Durch seine Personenstimmen wurde
ein Personenmandat erzeugt, das für die CDU sonst als Listenmandat
angefallen wäre. Das entfallene Listenmandat hätte vom Bruch einen Sitz in
der Bremer Bürgerschaft gesichert. Um das Personenmandat zu erhalten,
genügten seine Personenstimmen aber wiederum nicht. Vom Bruch hätte also
ein Mandat gewonnen, wenn entweder weniger oder mehr Personenstimmen auf
ihn entfallen wären. Er rutsche aber nun in eine Lücke zwischen den
Listen- und Personenmandaten, weil nicht genug und gleichzeitig zu viele
Wählerinnen und Wähler für ihn Personenstimmen abgaben.
Das Personenstimmenparadox erzeugt aus Sicht der Wahlberechtigten ein negatives Stimmengewicht: die abgegebene Stimme wirkt sich gerade entgegengesetzt zum damit verfolgten Ziel aus. Entlang der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vermuten die Forscher Schröder und Probst in ihrer Analyse der Bürgerschaftswahl 2015, dass das Bremer Wahlrecht daher verfassungswidrig sein könnte. Die Analyse kann im Internet als PDF heruntergeladen werden.
Probst, Lothar und Valentin Schröder (2015):
Das Bremer Wahlsystem: Intransparent, paradox und möglicherweise
verfassungswidrig.
Eine Analyse aus wissenschaftlicher Perspektive am Beispiel der
Bürgerschaftswahl 2015,
Institut für Politikwissenschaft, Universität Bremen
Download unter:
www.lotharprobst.de/fileadmin/user_upload/redakteur/Aktuelles/2015/Effekte_Wahlsystem_2015.pdf
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution59
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Bremen, Eberhard Scholz, 04.06.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Juni 2015
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