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MARKT/2130: Marktcheck - Universität Hohenheim fordert Joghurt mit weniger Zucker (idw)


Universität Hohenheim - 16.09.2015

Marktcheck: Universität Hohenheim fordert Joghurt mit weniger Zucker

Zu süß: Studentinnen des Reform-Projekts Humboldt reloaded untersuchten 600 Fruchtjoghurt-Sorten auf ihren Zuckergehalt


Karies, Übergewicht, Diabetes: Rund die Hälfte aller Erwachsenen in Deutschland bringt zu viel Gewicht auf die Waage, so eine Studie des statistischen Bundesamts. Hohe Zuckermengen in vielen Lebensmitteln sind ein Grund dafür, z.B. in Fruchtjoghurt. Studentinnen der Universität Hohenheim fanden heraus, dass praktisch alle Fruchtjoghurt-Sorten im Einkaufsregal deutlich höher gezuckert sind, als eigentlich notwendig und gut für den Körper ist. Bei der Jahrestagung von Humboldt reloaded, dem Reform-Projekt der Universität Hohenheim, präsentieren die jungen Forscherinnen eigene Joghurt-Sorten mit weniger Zucker. Und fordern, dass nun deutschlandweit neue Regelungen gefunden werden.


Durchschnittlich 14,1 Gramm Zucker in 100 Gramm Fruchtjoghurt: Bei Stichprobeneinkäufen von 600 Joghurt-Sorten verschiedener Marken stellten zwei Studentinnen der Universität Hohenheim fest, dass alle Sorten die fast gleich hohe Menge an dem süßen Energieträger aufwiesen.

"Eigentlich sollte man laut WHO nur 5 Prozent des täglichen Energiebedarfs aus Zucker beziehen", warnt Prof. Dr. Lutz Graeve vom Fachgebiet Biochemie der Ernährung an der Universität Hohenheim. "Mit einem einzigen Becher Fruchtjoghurt hat man das aber bereits fast erreicht. Und nimmt im Laufe des Tages noch Zucker aus weiteren Lebensmitteln (Marmeladen, Softdrinks, Säfte und Süßigkeiten) zu sich."

Der Biochemiker betreute in dem Projekt "Marktcheck: Zucker in Milchprodukten" des Reform-Projekts Humboldt reloaded Paulina Schnur und Anja Schöner bei ihren Untersuchungen zum Zuckergehalt in Joghurt. Bei der Jahrestagung werden sie nun nicht nur die Ergebnisse bekannt geben, sondern auch alternative Joghurt-Varianten mit weniger Zucker vorstellen.


Süße vermittelt dem Körper Energie

"Mittlerweile beziehen Menschen 10-20 Prozent des täglichen Energiebedarfs aus Industriezucker", so Prof. Dr. Graeve. "Früher gab es Zucker nur in Form von Honig oder Obst. Mit dem Industriezucker kam eine zusätzliche Quelle dazu."

Denn Menschen mögen es süß, weiß der Experte weiter. "Das ist evolutionsbedingt. Die Süße vermittelt dem Körper, dass man gerade energiereiche Nahrung zu sich nimmt, also viel Kohlenhydrate." Anders als jedoch beispielsweise beim Müsli - ebenfalls ein kohlenhydratreiches Essen - ist Zucker sofort verfügbar und liefert dem Körper kurzfristig überflüssige Energie.

Heutzutage sei daher weniger Zucker in den Lebensmitteln angezeigt. Das empfinden auch viele Menschen so, wie eine Schweizer Studie von 2009 zeigte. Sie war Grundlage des Forschungsprojektes der Universität Hohenheim.


Schweizer und Norweger machen es vor: unterschiedliche Zuckermengen

Norwegische Konzerne sind da schon weiter und bieten Joghurts mit sechs verschiedenen Süßestufen an, von 0 bis 13 Gramm zugesetztem Zucker. Auch ein Schweizer Konzern reduzierte den Zuckergehalt in einem Produkt gleich um 45 Prozent. Dort können die Verbraucher nun auf Joghurt mit weniger Zucker ausweichen, wenn sie wollen.


Wissenschaftler fordern Politik und Industrie zum Umdenken

"Man braucht nach unseren Versuchen nicht mehr als insgesamt neun Gramm in einem normalen Fruchtjoghurt, damit er angenehm süß ist", sagt Prof. Dr. Graeve weiter. Die Studentinnen und ihr Betreuer fordern nun, dass auch die deutsche Lebensmittelindustrie reagiert.

"Im Moment haben die Firmen gleich viel Zucker in ihren Produkten. Es wäre kein Problem, die Menge zu reduzieren. Und die Beispiele aus der Schweiz und Norwegen zeigen, dass die Verbraucher es begrüßen, wenn man ihnen die Wahl lässt."

Weitere Ergebnisse von studentischen Forschungsprojekten, Details zur Untersuchung des Joghurts und die selbstgemachten und zuckerreduzierten Sorten gibt es am 22. Oktober 2015 auf der Jahrestagung von Humboldt reloaded an der Universität Hohenheim.

Text: C. Schmid / Töpfer



Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution234

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Hohenheim, Florian Klebs, 16.09.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. September 2015

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