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MARKT/1978: In Beckum steigen die Ackerbohnen-Preise (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 358 - September 2012
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

In Beckum steigen die Ackerbohnen-Preise
Die Auswirkungen der klimatisch bedingten Ertragsausfälle auf die globalen und nationalen Agrarmärkte

von Christoph Dahlmann, AbL-Projekt "Vom Acker in den Futtertrog"



Die Getreideernte in Deutschland ist Vergangenheit und mit den typischen regionalen Unterschieden fiel sie dann doch besser aus als erwartet. Sehr hohe Erwartungen wurden auch in die US-Maisernte 2012 gesteckt. So prognostizierte das amerikanische Landwirtschaftsministerium USDA zu Beginn der Vegetationszeit eine Menge von 376 Millionen Tonnen, was zum einen mit der gestiegenen Anbaufläche und zum anderen mit dem sehr guten Zustand der Maisflächen begründet wurde. Dann setzte eine der schwerwiegendsten Dürren seit Jahrzehnten ein, die besonders den "mittleren Westen", den sogenannten "corn belt" der USA, schwer getroffen hat. Seit etwa Mitte Juli stuft die USDA fast wöchentlich die Ertragsprognosen herunter. Die wahren Ausmaße sind noch gar nicht abzusehen. Auch aus anderen Ländern der Welt hört und liest man von klimatisch bedingten Ertragsausfällen größeren Ausmaßes.


Auswirkungen der Dürre

Die katastrophalen Auswirkungen treffen zu aller erst die Ärmsten dieser Welt. Entwicklungsorganisationen sehen eine ähnlich große Krise herannahen wie 2007/08. Bezüglich der Preisbildung an den Agrarmärkten deutete sich dies schon in diesem Frühjahr an. Das hohe Preisniveau der letzten Monate für Getreide, Soja und Raps steigerte sich im Juli/August noch einmal. Der mögliche Einfluss von Spekulationsgeschäften soll hier nicht unerwähnt bleiben, aber der Preisanstieg der letzten Wochen hat viel mit den ständig nach unten korrigierten Ertragsprognosen zu tun. Die USA ist bekanntermaßen weltweit der größte Maisproduzent und -exporteur. Die dürrebedingten Ertragsausfälle beim Mais in den USA werden zur Folge haben, dass die Veredlungsbetriebe und Biogasanlagen in Europa mit höheren Rohstoffpreisen im laufenden Wirtschaftsjahr zu rechnen haben als 2011/12. Was aktuell beim Mais zu beobachten ist, geschah bei Soja in ähnlicher Weise in der zurückliegenden Ernte. Trockenheitsbedingte Ertragsausfälle in Teilen der Hauptanbauländer Südamerikas führten auch zu einer Verknappung der begehrten Bohne (Unabhängige Bauernstimme 7/2012). Die Preise stiegen, was neben global steigender Nachfrage zur Folge hat, dass für die kommende Anbausaison der Sojaanbau weiter ausgedehnt werden soll.


Wieder in den Wald

So wird für Brasilien, den zweitgrößten Sojaproduzenten der Welt nach den USA, eine Steigerung von 24 Prozent, für Argentinien, drittgrößter Sojaproduzent, eine Produktionsausdehnung von 30 Prozent und für Paraguay, die Nummer vier der Welt, sage und schreibe eine Steigerung von 100 Prozent prognostiziert. Diese Zahlen sind vorsichtig zu behandeln. Dass es in einem relativ kleinen Land wie Paraguay zu einer Verdopplung der Sojaproduktion innerhalb eines Jahres kommen kann, scheint fast unvorstellbar. Fakt ist aber, dass der Trend zur weiteren Flächenausdehnung ungebrochen ist und entsprechende politische Weichenstellungen vorgenommen werden. In Brasilien arbeitet die Agrarlobby wieder mit zunehmendem Erfolg an der Verwässerung des bestehenden Waldgesetzes. In Paraguay werden täglich Primär- und Regenwälder in der Größe von 425 Fußballfeldern gerodet. Zusätzlich sind die sozialen Konflikte in dem südamerikanischen Land aufgrund der ungerechten Landverteilung immens (Unabhängige Bauernstimme, 6/2011). In Folge eines Massakers nach einer Landbesetzung, bei der mindestens 19 Menschen im Juni dieses Jahres starben, kam es zu einem Staatsputsch, der die Konservativen an die Macht brachte. Die Sojalobby wird davon profitieren.


Steigende Sojapreise hier

Die Sojaschrotpreise für hiesige Bauern lagen Ende August bei 50 Euro je Dezitonne und mehr. Dementsprechend überschlugen sich in den letzten Wochen die Artikel in den landwirtschaftlichen Fachblättern auf der Suche nach Alternativen für das teure Sojaschrot. Eine davon sind heimische Leguminosen, die in Kombination mit Eiweißträgern wie Rapsschrot, Kartoffeleiweiß und anderen, Soja in großen Mengen ersetzen können. Das Problem ist nur, dass viele Landhändler immer noch einen unzureichenden Preis für Ackerbohne und Co. zahlen und die angebotenen Mengen gering sind. Aber bezüglich der Preise gibt es auch Unterschiede. Während der eine Futtermittelhändler 23 bis 24 €/dt bietet, was dem Niveau von Weizen entspricht, zahlt ein nicht weit entfernt liegendes Unternehmen Preise von 28 bis 30 €/dt. Grund hierfür sind nicht fehlende Kenntnisse über den Wert der regionalen Körnerleguminosen, sondern die unterschiedlichen Möglichkeiten der Unternehmen. Der erst genannte aus dem westfälischen Beelen sagt ganz klar, "unter 500 Tonnen Menge nehmen wir sie nicht in die Futtermischungs rein". Der zweite, aus dem nahe gelegenen Beckum ist bezüglich der Mengen flexibler und kann auch kleinere Mengen in seine Rationen verarbeiten.

Trotz alledem werden die regionalen Körnerleguminosen weit unter Wert gehandelt. In der Futtermischungsplanung von Futterhändlern liegt der Wert von Erbsen bei 39,10 €/dt, wenn Sojaschrot wie aktuell 55 €/dt und Weizen 22 €/dt kostet. Bei der Ackerbohne verhält es sich ähnlich. Entsprechend finden die Körnerleguminosen in den Fruchtfolgeplanungen der landwirtschaftlichen Fachblätter wieder eine Erwähnung. Und so schreibt Harald Lopotz von der Landwirtschaftskammer in Nordrhein-Westfalen: "Ab einem Erzeugerpreis von 35 €/dt können beide Körnerleguminosen auch ohne Berücksichtigung der vielfältigen Vorfruchtleistungen mit dem Getreideanbau konkurrieren."


Was bleibt?

Körnerleguminosen sind bei den jetzigen Marktpreisen von Soja und der Anrechenbarkeit ihres Futterwertes schon heute konkurrenzfähig zu Getreide, Mais und Raps. Die Sojaschrotpreise werden aber auch wieder fallen. Um den Anbau von Ackerbohne und Co nachhaltig zu fördern und zu stabilisieren, braucht es veränderte politische Rahmenbedingungen, die innerhalb der EU-Agrarreform für 2014 - 2020 zu erkämpfen sind. Nicht nur für Europa wäre ein ausgewogeneres Anbauverhältnis der einzelnen Kulturen auf dem Acker eine Wohltat.

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 358 - September 2012 2012, S. 16
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
Bahnhofstr. 31, 59065 Hamm
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Erscheinungsweise: monatlich (11 x jährlich)
Einzelausgabe: 3,30 Euro
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(verbilligt auf Antrag 28,40 Euro jährlich)


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Oktober 2012