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MARKT/1806: Faire Milch wird in Nordrhein-Westfalen eingeführt (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 337 - Oktober 2010,
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Zum kostendeckenden Preis

Faire Milch wird in NRW eingeführt


In Deutschland heißt es "die faire Milch". Neben Baden-Württemberg, Bayern und Hessen gibt es "die faire Milch", erkennbar an der Kuh in Deutschlandfarben, jetzt auch in Nordrhein-Westfalen. Deutschlandweit beteiligen sich an der Aktion mehr als 160 Milchbauern mit insgesamt 44 Millionen Kilogramm Milch. Von der Milch, die im Laden für 89 Cent (1,8 Prozent Fettgehalt) und 99 Cent (3,8 Prozent Fettgehalt) verkauft wird, erhalten die Lieferanten 40 Cent pro Liter.

Johannes Frenken, Milchbauer aus Heinsberg, ist einer der ersten aus Nordrhein-Westfalen, der seit dem 1. Januar 2010 seine Milch an die Milchvermarktungsgesellschaft (MVS) liefert, die im Auftrag des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM) "die faire Milch" vermarktet. "Wir mussten eine längere Durststrecke aushalten, da "die faire Milch" hier erst seit September in den Läden ist." Frenken ist jedoch optimistisch. "Unsere Milch hat sich in den Läden schon gut etabliert und verkauft sich immer besser."


Faire Spotmilch

Noch wird nicht die gesamte Milch als "die faire Milch" verkauft. Da es bislang noch nicht genügend Abnehmer gibt, werden noch etwa 74 Prozent der Milch auf dem Spotmarkt gehandelt, dessen Preise schwanken und meist unter 40 Cent liegen. Etwas mehr als ein Viertel der Milch landen in den Regalen einiger Filialen von Rewe, Edeka und tegut. Regionsleiter von Rewe West, Joachim Ax, möchte langfristig zehn Prozent der Gesamtverkaufsmenge an H-Milch in seinen Filialen als "die faire Milch" handeln. Zurzeit sind es deutschlandweit etwa neun Prozent in den Rewe Filialen, so Ax. "Unsere bisherigen Erfahrungen mit dem Verkauf der fairen Milch sind durchweg positiv."

Für Milchbauern, die "faire Milch" liefern möchten, gibt es eine Hürde. "Ein einzelner Landwirt kann nicht aufgenommen werden", erklärt der Geschäftsführer der MVS GmbH Jacob Niedermaier. "Es müssen sich mehrere Milchbauern zusammenschließen und gemeinsam mindestens 4,5 Millionen Kilogramm Milch pro Jahr ermelken, da sonst die Erfassungskosten zu hoch sind".

Vielen Molkereien ist das Projekt der Bauern ein Dorn im Auge. "Immer wieder wird "die faire Milch" schlecht geredet", erzählt Frenken. Auch Niedermaier ist mit dem Konzept "die faire Milch" bisher auf Ablehnung bei den großen Molkereien gestoßen. "Die Molkereien werden sich irgendwann nicht mehr erlauben können, nicht mit zu machen", so Niedermaier, "die Konkurrenz wird größer werden." Genau darin sieht er eine Chance. "Es wird zu einem positiven Wettbewerb kommen, wenn die Molkereien sehen, dass unsere faire Milch bei den Verbrauchern gut ankommt."


Großer Zuspruch

Von anderer Seite erfährt die Aktion "die faire Milch" Zustimmung und Unterstützung. Anlässlich der Pressekonferenz zum Start der fairen Milch in Nordrhein-Westfalen Ende September begrüßte neben Vertretern vom Hilfswerk Misereor, dem BUND und dem Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Verbraucherschutz auch die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) das Projekt der Bauern für einen fairen Milchpreis. Für 40 Cent pro Liter müssen sich die Milchbauern an Tier-, Umwelt- und Naturschutzauflagen halten. Diese Bedingungen stellt die MSV ihren Lieferanten. Dazu gehören unter anderem eine art- und tiergerechte Haltung, ein hoher Anteil an Grünfutter, eine Begrenzung des Kraftfutteranteils, keine Verwendung von Futtermitteln aus Übersee und keine Gentechnik in Futter und Saatgut. Zudem ist jeder Milchbauer dazu verpflichtet, auf seinem Hof ein Umweltschutzprojekt zu betreiben. Karl-Josef Vermöhlen, Milchbauer aus Sonsbeck in Nordrhein-Westfalen liefert "faire Milch" und sieht die Auflagen als Chance für seinen Betrieb. "Durch das viele rohfaserreiche Futter habe ich weniger Krankheiten im Stall", so Vermöhlen, "was sich für mich auch wirtschaftlich lohnt." Er sieht in der fairen-Milch-Aktion eine gute Absatzalternative für Bauern. "Die faire Milch" wird die Krise auf dem Milchmarkt nicht abschaffen können. Sie kann jedoch eine von vielen Möglichkeiten auf dem Weg zu einem kostendeckenden Milchpreis sein. mh


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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 337 - Oktober 2010, , S. 6
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft -
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. November 2010