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MARKT/1789: Einige Schlaglichter zur Milchmarktentwicklung (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 335 - Juli/August 2010,
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Widersprüchliche Aussagen
Einige Schlaglichter zur Marktentwicklung

Von Berit Thomsen


"Die Krise ist vorbei. Der Milchmarkt befindet sich weltweit im Aufschwung." Solche und ähnliche Meldungen flattern schon länger auf Papier gedruckt oder über Computerbildschirme in die deutschen Bauernstuben. In der Tat können die Milcherzeuger derzeit ein bisschen aufatmen, allein schon, wenn man sich noch die Molkereien vor Augen führt, die 2009 über Monate sogar weniger als 20 Cent ausgezahlt haben. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) meldet für Januar 2010 einen bundesweiten Durchschnittspreis von 26,53 Cent/kg und damit gerade mal 0,88 Cent mehr als im Vorjahresmonat. Bis April 2010 stieg der Erzeugerpreis dezent auf 27,32 Cent/kg an. Dabei fällt vor allem positiv auf, dass der durchschnittliche Milchpreis ein Jahr zuvor bis April deutlich auf 22,93 Cent/kg abgerutscht war.

Die Prognose der Rabobank International, wenn man ihren Analysten denn glauben mag, geht von einem erneuten Preisdruck im letzten Quartal diesen Jahres aus. Als einen Grund führt sie die Interventionsbestände an. Seit einigen Wochen werden in der EU die Interventionsprodukte Butter und Magermilchpulver aus den öffentlichen Beständen im Ausschreibeverfahren angeboten. Von dem Magermilchpulver (257.000 Tonnen 2009 eingelagert) konnte noch nichts verkauft werden, da zu wenig geboten wurde. Es wurden gerade mal einige tausend Tonnen für bestimmte Programme aus den Beständen entnommen. Das Lager ist also weiterhin voll gepropft und das Milchpulver wird in der nächsten Zeit auf den europäischen Markt geschwemmt. Interventionsbutter ist hingegen schon fast gänzlich über Ausschreibungsverfahren verkauft worden. 1.734 Tonnen (76.000 Tonnen 2009 eingelagert) liegen jetzt noch im öffentlichen Lager, meldet die Agrarmarkt Informations-GmbH (AMI).

Inwieweit steigende Preise für Molkereiprodukte automatisch die Nachfrage im Laden runterziehen - oder eben auch nicht -, zeigt das Beispiel Butter. Der Verbraucherpreis für Butter ist laut dem Marktforschungsunternehmen GfK in Deutschland im Mai um 28 auf 96 Cent für die 250 Gramm-Packung im Vorjahresvergleich gestiegen. Die Verbraucher haben bei der teureren Butter dennoch kräftig zugeschlagen und im selben Zeitraum 5 % mehr davon gekauft. Der Hunger nach Milchprodukten ist überhaupt in Deutschland in den ersten Monaten 2010 gestiegen. Am meisten bei Joghurt, von dem im Mai 9,1% gegenüber dem Vorjahresmonat verkauft werden konnte. Der Verbrauch von Käse hat vor allem im April zugelegt (4,8 %). Bei Quark ist der Verkauf an der Ladentheke im März am höchsten gestiegen (11,1 %), während im Mai 1,4% weniger als in den Vergleichsmonaten des Vorjahres verkauft wurde. Die Nachfrage kann unterm Strich durchaus als positiv bezeichnet werden.


2009 kleineres Milchangebot in der EU

Beim Rückblick auf das letzte Jahr wird deutlich, dass das Angebot, also die Milchproduktion, in der EU-27 im Jahr 2009 (147.441 Tonnen) um 0,93 % gegenüber dem Vorjahr zurückging, obwohl der größte Milcherzeuger der EU, Deutschland, satte 2,44 % mehr Milch produziert hat. Zwar meldet die BLE für die ersten drei Monate diesen Jahres in Deutschland eine rückläufige Milchanlieferung um 1 % gegenüber dem Vorjahr, die Lieferungen aus EU-Mitgliedsländern mitgerechnet. Aber der Milchhahn öffnet sich wieder und den deutschen Molkereien stehen im April 5,19 % und im Mai 1,42 % mehr Milch zur Verfügung als noch in den Vorjahresmonaten. Beim Milchproduzenten Nummer Eins in der Welt, EU, ist an Angebotssteigerung theoretisch noch Einiges drin, da bis 2013/14 jährlich ein Prozent auf die Milchquote draufgeschlagen wird. Auch in den USA, so steht es in der jüngsten Marktinfo Milch der AMI, produzierten die Milchbauern in den ersten fünf Monaten 0,5 % mehr gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Vor allem im Mai macht die Milcherzeugung einen Sprung von 1,1 %. Die Rabobank International weist darauf hin, dass sich im April generell das Blatt in den exportstarken Milchländern gewendet hat und die Produktion nach neun Monaten erstmalig wieder gestiegen ist. Trotz allem malen die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD und die Landwirtschaftsabteilung der Vereinten Nationen FAO eine, optimistische Prognose und sagen einen globalen Milchpreisanstieg von 16 bis 45 % bis 2019 voraus gegenüber der letzten Dekade. Die Aussagen zur Milchmarktentwicklung sind widersprüchlich und mit großer Sorgfalt zu genießen.


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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 335 - Juli/August 2010, S. 6
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft -
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Juli 2010