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LANDWIRTSCHAFT/1727: Greening-Leguminosen zukünftig ohne Pflanzenschutzmittel (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 412 - Juli/August 2017
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Greening-Leguminosen zukünftig ohne Pflanzenschutzmittel
Europäische Entscheidung ist gefallen, Reaktionen darauf sind unterschiedlich

von Anika Berner


Eine Mehrheit, nämlich 363 Abgeordnete des europäischen Parlaments, hat Mitte Juni für den Vorschlag der EU-Kommission gestimmt, ab nächstem Jahr chemischen Pflanzenschutz auf ökologischen Vorrangflächen im Rahmen des Greenings zu verbieten. Zwar war es am Ende eine knappe Entscheidung, auch weil eine Reihe von EU-Parlamentariern massiv Stimmung gegen die Pläne des Agrarkommissars Phil Hogan gemacht hatte, es ist aber auch ein Mandat, weiter in die Richtung zu arbeiten. Besonders negativ äußerte sich der bayerische Europaabgeordnete und EVP-Agrarsprecher Albert Deß, der versuchte, das parlamentarische Veto zu organisieren. Zusammen mit dem deutschen und französischen Bauernverband hatte er sich klar für die weitere Nutzung von Pflanzenschutzmitteln auf ökologischen Vorrangflächen eingesetzt. Deß sieht die europäische Eiweißversorgung für Nutztiere in Gefahr. Nun müsste wieder mehr Importware aus Übersee eingeführt werden mit all den negativen Folgen wie z. B. weiteren Regenwaldrodungen, so seine Argumentation.

Positives

Der Blick der Befürworter der Greening-Änderungen richtet sich auch auf die Vereinfachungen: ab 1. Januar 2018 dürfen endlich Gemenge, also Saatmischungen von stickstoffbindenden Pflanzen (Klee- oder Luzernegras oder auch grobkörnige Leguminosen) mit Getreide wie z. B. Hafer-Erbsen, Bohnen-Weizen, eingesetzt werden. Außerdem fällt für Zwischenfrüchte der feste Aussaattermin. Der agrarpolitische Sprecher der sozialistischen Fraktion im Europaparlament, Eric Andrieu aus Frankreich, sieht in den Änderungen des Greenings einen wichtigen Beitrag für eine umweltfreundlichere Agrarpolitik. Die Argumente der Vetobefürworter, wonach jetzt der Eiweißanbau in der EU gefährdet sei, seien vorgeschoben. Auch die deutsche SPD-Fraktion im Europaparlament führt die erhöhte Agrarbiodiversität als potentiell positive Folge auf.

Politisch hinterfragt

Die zwei grünen Mandatsträger und AbLer Martin Häußling und Maria Heubuch brachten es auf den Punkt: Gerade in Zeiten, in denen das Agrarbudget stärker politisch hinterfragt werde, müsse man die Gelder verstärkt in eine Ökologisierung der Landwirtschaft stecken. Ansonsten verliere die Agrarpolitik ihre Legitimität.

Es geht ohne

Der AbL-Bundesvorstand und das von der AbL in Niedersachsen getragene Projekt "Eiweißfuttermittel aus Niedersachsen" (EFN) meint nicht nur in einer Pressemeldung: "Leguminosen ohne Pflanzenschutzmittel bekommen wir hin." Die Ergebnisse auf allen EFN-Feldtagen und Felderbegehungen in ganz Niedersachsen zeigen, dass eine rein mechanische Bekämpfung der Beikräuter funktioniert. Auf Versuchsflächen, die eine mechanische Unkrautregulierung neben die chemische Variante stellen, konnte nachgewiesen werden, dass Kosten- und Arbeitsaufwand ähnlich hoch liegen. Der konventionell wirtschaftende Bauer Wolfgang Johanning aus Rehden bestätigt dies auf seinem EFN-Demobetrieb: "Mit dem Einsatz von Striegel und Hacke in meinen Ackerbohnen bin ich dieses Jahr sehr zufrieden. Und der Einsatz von Totalherbiziden beim Umbruch der vorher noch kräftig gedüngten winterharten Zwischenfrüchte, anstatt diese abzumulchen, erscheint mir wenig sinnvoll."

Der langjährig konventionell wirtschaftende Ackerbauer Dr. Thomas Stadler aus Föhrste bei Alfeld hingegen plant, den Anbauumfang der Ackerbohnen einzuschränken. "Um den chemischen Notfallkoffer noch zur Verfügung zu haben, können wir die Leguminosen eben nicht mehr als Greeningfrucht anbauen. Wenn der wirtschaftliche Anreiz über das Greening wegfällt, wird die Vorzüglichkeit der Ackerbohne noch mehr verringert." Gleichzeitig setzte Stadler schon vor dem Greening auf Ackerbohnen als Bereicherung in seiner Fruchtfolge.

Dabei bleiben!

Wichtig, um einen Teil der Ackerbauern nicht wieder für den Leguminosenanbau zu verlieren, ist, dass sich der gerade zart entwickelnde Markt weiter stabilisiert. Der LEH fragt zunehmend mit heimischen Eiweißfuttermitteln gefütterte Produkte, Fleisch und Milch, nach, darauf müssen sich die Futtermittelwerke weiter einstellen und alle Beteiligten müssen endlich bereit sein, den Anbauern angemessene Preise zu zahlen. Nach den Tierhaltern müssen jetzt auch die konventionell wirtschaftenden Ackerbauer neue Wege gehen, um gesellschaftliche Akzeptanz zu bewahren oder wieder zu gewinnen. Das aufklärende Gespräch am Feldrand mit der immer interessierteren Bevölkerung nach einer Überfahrt mit dem mechanischen Unkrautbekämpfungsgerät Striegel in einem Leguminosenbestand könnte da z. B. ein guter Anfang sein.


Anika Berner
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AbL-Proiekt "Eiweißfuttermittel aus Niedersachsen" (EFN)

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 412 - Juli/August 2017, S. 3
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. August 2017

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