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LANDWIRTSCHAFT/1505: "Die Tiere haben das Gras noch im Maul" - Der Kugelschuss auf der Weide (aid)


aid-PresseInfo Nr. 4 vom 25. Januar 2012

"Die Tiere haben das Gras noch im Maul"

Der Kugelschuss auf der Weide


(aid) - Tierschutz am Tag der Schlachtung ist immer ein heikles Thema. Es gibt eine Menge an Defiziten, die bei vielen Schlachthof-Schlachtungen auftreten. Für manche Tiere entstehen noch besondere Probleme. Sie betreffen zum Beispiel Rinder, die ganzjährig im Freiland gehalten werden. Sie haben weniger Kontakt zu Menschen, häufig sind sie keine Fixierung und räumliche Enge gewohnt, so dass ein herkömmlicher Schlachtvorgangtag die Tiere noch stärker stresst: Einfangen, verladen, transportieren, fremde Artgenossen, fremde Menschen wirken stark beunruhigend. Schlachtpersonal, das Ruhe ausstrahlt, könnte die Umstände vor Ort positiv beeinflussen. Da aber in Schlachthöfen häufig bei Niedriglohn im Akkord gearbeitet wird ist die Realität eine andere.

Das Schlachten nach Kugelschuss auf der Weide hat den Vorteil, dass die Tiere dort sterben, wo sie gelebt haben. Sie werden nicht von der Herde getrennt, nicht lebend transportiert und nicht durch enge Treibgänge in die Betäubungsbox getrieben. Üblicherweise erfolgt die Betäubung aus einer geringen Distanz von maximal 20 Metern per Kugelschuss. Die Herde reagiert nach Erfahrungen vieler Betriebe auf den Vorgang des Schießens kaum bis gar nicht. Neben verbessertem Tierschutz hat das Verfahren auch positive Auswirkungen auf die Fleischqualität. Nicht zu unterschätzen ist die verbesserte Arbeitssicherheit denn das Einfangen, Verladen und Entladen der lebenden Tiere entfällt.

Die praktischen Abläufe des Kugelschusses auf der Weide sind trotz betrieblicher Unterschiede bei Tieranzahl und -rasse ziemlich gleich: Nach der eventuell nötigen Trennung des Schlachttieres von der Herde schießt der Schütze das Rind auf der Weide, überprüft die Betäubungswirkung und führt den Halsschnitt oder Bruststich zur Tötung des Rindes durch. "Die Tiere haben das Gras noch im Maul", sagt eine der Landwirtinnen, die das Verfahren seit Jahren praktizieren. Nach dem Entbluten wird das Rind in den Schlachthof gebracht. Eine andere Möglichkeit ist die Nutzung einer mobilen Schlachtbox, die die Vorgaben der EU-Hygiene Verordnung erfüllt und an einen PKW angehängt werden kann.

Das Verfahren Kugelschuss auf der Weide zur Betäubung und Tötung von Rindern aus ganzjähriger Freilandhaltung ist durch eine Reihe von Rechtsvorschriften reglementiert. Die Ausführung des Kugelschusses auf der Weide erfordert einen Jagdschein oder Sachkundenachweis nach Paragraph 4 Tierschutzschlachtverordnung (TierSchlV) sowie eine behördliche Genehmigung.

Nach einer aktuellen Änderung des Paragraph 12 der tierischen Lebensmittelhygieneverordnung (Tier-LMHV, Paragraph 12) ist das Verfahren Kugelschuss auf der Weide in Deutschland jetzt zulässig. Und zwar abweichend von den Vorgaben des EU-Hygienerechts (853/2004/EG), nach dem nur geschlachtete oder getötete Tiere in den Schlachtbetrieb verbracht werden dürfen. Diese Neuerung ist allerdings bei vielen Landwirten und Behörden noch nicht angekommen.

Britta Klein, www.aid.de


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Quelle:
aid-PresseInfo Nr. 4 vom 25. Januar 2012
Herausgeber: aid infodienst
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Februar 2012