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LANDWIRTSCHAFT/1360: Auswirkungen des Milchpreisverfalls (PROVIEH)


PROVIEH Heft 1 - März 2009
Magazin des Vereins gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.

Auswirkungen des Milchpreisverfalls

Interview von Iris Weiland


Der Milchpreisverfall beschäftigt seit Monaten Politik, Bauernvertretungen und die Presse. Zu den Auswirkungen fragte PROVIEH Herrn Bernd Wentrot, Milchbauer im nordhessischen Neu Eichenberg - Hebenshausen.


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PROVIEH: Herr Wentrot, erst vor einigen Jahren haben Sie einen neuen, hellen Laufstall für 130 Kühe gebaut. Wie trifft Sie der aktuelle Milchpreisverfall?

BERND WENTROT: Wir hatten uns letztes Jahr mit unseren Kollegen am Milchstreik beteiligt in der Hoffnung, dem Preisverfall entgegen zu wirken. Damals haben wir 25.000 l Milch weggeschüttet, ein Verlust von 10.000,- EUR. Letztes Jahr bekamen wir noch 38 Cent pro Liter Milch, heute sind es 28 Cent. Die Kosten aber sind gleich geblieben. Wir haben seit Jahren unseren Betrieb optimiert, es gibt nichts mehr einzusparen, auch beim Futter nicht. Eine Reduktion des Kraftfutters ginge zu Lasten der Kühe. Die Futterpreise sind zwar etwas gesunken, aber mit diesen Preisen können wir nicht kostendeckend wirtschaften.

PROVIEH: Wie reagieren Kollegen auf den Preisverfall?

BERND WENTROT: Viele haben es genauso wie ich gemacht, nichts geändert. Weiter gut gefüttert und gehofft, dass die Preise wieder anziehen. Uns geht es vergleichsweise noch gut. Mit 28 Cent je Liter liegen wir fast 10 Cent über dem einiger Kollegen aus dem Norden, die von ihren Molkereien 19 bis 20 Cent ausgezahlt bekommen. Betriebe, die in große Schwierigkeiten kommen, wenn weniger Milchgeld reinkommt, haben z.B. am Kraftfutter gespart. Die Kühe hatten nicht mehr genug Energie im Futter und sahen dann total schlecht aus. Die Tiere zahlen das mit ihrer Substanz. Außerdem wurde der Tierarzt seltener geholt, um die Kühe zu behandeln.

PROVIEH: Was erwarten Sie von der Politik?

BERND WENTROT: Wir setzen uns dafür ein, dass die begrenzte Milchquote erhalten bleibt und damit der Preis wieder vernünftiger wird. Im letzten Jahr gab es ja schon real 5% Quote mehr. Das drückt den Preis und geht voll zu Lasten der Betriebe wie auch der Tiere.

PROVIEH: Sie haben sich fachlich beraten lassen und ihre Haltung immer artgemäßer gestaltet, sogar ihre Hochliegeboxen umgebaut zu Tiefstreuboxen. Hätten sie das auch bei diesen niedrigen Milchpreisen tun können?

BERND WENTROT: Jede Umbaumaßnahme muss finanzierbar sein. Es ist ja nicht so, dass wir nicht weiter optimieren könnten, aber ich scheue die Investition. Wir denken seit Jahren darüber nach, im Stall Scheuerbürsten aufzuhängen für die Tiere, außerdem würden wir gerne für die heißen Monate im Sommer einen Ventilator im Stall haben. Temperaturen über 20 Grad belasten die Tiere unnötig. Aber diese Investitionen müssen wir leider noch weiter herausschieben. Wir müssen uns auf das Nötigste beschränken. Vor sieben Jahren waren wir in der Eifel, dort bekamen die Bauern deutlich mehr Milchgeld von ihrer Molkerei ausgezahlt als wir. Das hat man an den Ställen gesehen: Die hatten Spaltenschieber für saubere Böden, Kuhbürsten und auch die Ventilatoren, von denen ich sprach.

PROVIEH: Herr Wentrot, wir danken Ihnen herzlich für dieses Gespräch.


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Quelle:
PROVIEH Heft 1, März 2009, Seite 35
Herausgeber: PROVIEH - Verein gegen
tierquälerische Massentierhaltung e.V.
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PROVIEH erscheint viermal jährlich.


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. April 2009