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HUNGER/379: Hunger verschärft sich in 19 "Hunger Hotspots" - am Horn von Afrika droht Hungersnot (WFP)


Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen
Pressemitteilung vom 21. September 2022

Hunger verschärft sich in 19 "Hunger Hotspots", am Horn von Afrika droht Hungersnot - neuer Bericht


Zunehmende Konflikte, Klimaextreme und wirtschaftliche Instabilität, die durch die anhaltenden Folgen von COVID-19 und die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine weiter verschärft werden, gehören zu den Hauptursachen ROM - Die Zahl der Menschen, die weltweit an akutem Hunger leiden, wird voraussichtlich aufgrund der sich zuspitzenden Hungerkrise in 19 "Hunger Hotspots" weiter rapide steigen. Laut eines heute veröffentlichen gemeinsamen UN-Berichts [1] sind die Hauptfaktoren Konflikte, Wetterextreme und die wirtschaftliche Instabilität, die durch die Pandemie und die Auswirkungen der Krise in der Ukraine noch verschlimmert werden.

Der von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) herausgegebene Bericht "Hunger Hotspots - FAO-WFP early warnings on acute food insecurity" (Hunger-Hotspots - FAO-WFP-Frühwarnungen zu akutem Hunger) ruft zu dringend notwendiger humanitären Hilfe auf. Dadurch können Leben und Lebensgrundlagen gerettet und eine Hungersnot in den Ländern, in denen sich der akute Hunger zwischen Oktober 2022 und Januar 2023 voraussichtlich verschärfen wird, verhindert werden. Der Bericht enthält länderspezifische Empfehlungen zu den Prioritäten für vorausschauendes Handeln - kurzfristige Schutzmaßnahmen, die ergriffen werden können, bevor neue humanitäre Bedarfe entstehen - und für Notfallmaßnahmen, um humanitären Bedarfen zu begegnen.

"Die schwere Dürre am Horn von Afrika hat die Menschen an den Rand des Hungertodes getrieben und hat Ernten und Viehbestände zerstört, von denen ihr Überleben abhängt. Die Zahl der von akutem Hunger Betroffenen nimmt auf der ganzen Welt rasch aus. Besonders die Menschen in den ärmsten Ländern, die sich noch nicht von den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie erholt haben, leiden unter den Auswirkungen der anhaltenden Konflikte in Form des Preisanstiegs und Versorgungsengpässen von Nahrungsmitteln und Dünger sowie des Klimanotstands. Ohne eine massive Aufstockung humanitärer Hilfe, deren Kernstück eine zeitnahe und lebensrettende landwirtschaftliche Unterstützung ist, wird sich die Lage in vielen Ländern in den kommenden Monaten wahrscheinlich noch verschlimmern", sagte FAO-Generaldirektor QU Dongyu.

"Das ist das dritte Mal innerhalb von zehn Jahren, dass Somalia von einer verheerenden Hungersnot bedroht ist. Die Hungersnot im Jahr 2011 wurde durch zwei aufeinanderfolgende ausbleibende Regenzeiten und einen Konflikt verursacht. Heute stehen wir vor einem perfekten Sturm: eine voraussichtlich fünfte ausfallende Regenzeit in Folge, die zu einer bis ins Jahr 2023 andauernden Dürre führen wird. Aber die Menschen, die heute am stärksten von der Krise betroffen sind, sehen sich auch mit steigenden Nahrungsmittelpreisen und stark eingeschränkten Möglichkeiten zur Finanzierung ihres Lebensunterhaltes aufgrund der Pandemie konfrontiert. Wir müssen dringend denen helfen, die in Somalia und den anderen Hunger Hotspots der Welt vom Hungertod bedroht sind", sagte David Beasley, Exekutivdirektor des WFP.

Der Bericht hebt die Hungerkrise am Horn von Afrika hervor, bei der angesichts der drohenden ausbleibenden fünften Regenzeit in Folge die längste Dürre seit mehr als 40 Jahren anzuhalten droht. Diese wird die Belastung für betroffene Haushalte zusätzlich zu den zerstörerischen Auswirkungen der aufeinanderfolgenden Niederschlagsdefizite, der Wirtschaftskrisen und der Konflikte seit 2020 weiter verstärken. Die Wasserknappheit hat zu unterdurchschnittlichen Ernten und zum Tod von Nutztieren geführt und Hunderttausende von Menschen auf der Suche nach Nahrung aus ihrer Heimat vertrieben. Gleichzeitig steigt das Risiko von Konflikten zwischen den Gemeinschaften und um Ressourcen.

Es wird erwartet, dass bis zu 26 Millionen Menschen in Somalia, im Süden und Osten Äthiopiens sowie im Norden und Osten Kenias mit einer Hungerkrise oder schlimmer (IPC-Phase 3 und höher) konfrontiert sein werden. Angesichts der drohenden Kürzung von humanitärer Hilfe aufgrund von Finanzierungsengpässen droht in Somalia das Schreckgespenst einer großen Zahl von Hungertoten, und in den Bezirken Baidoa und Burhakaba in der Region Bay wird im Oktober wahrscheinlich eine Hungersnot ausbrechen. Ohne angemessene humanitäre Hilfe erwarten Analyst*innen, dass im Dezember täglich bis zu vier Kinder oder zwei Erwachsene pro 10 000 Menschen sterben werden. Hunderttausende sind bereits heute vom Hungertod bedroht, und bei Kindern unter fünf Jahren wird mit einem hohen Maß an Unterernährung gerechnet.

Global wird ein neues Hoch von 970 000 Menschen erwartet, die von einer Hungerkatastrophe (ICP-Phase 5) bedroht sind. Dies sind zehnmal mehr als noch vor sechs Jahren als in lediglich zwei Länder Teile der Bevölkerung in Phase 5 waren.


Die wichtigsten Erkenntnisse

Laut des Berichts gilt für Afghanistan, Äthiopien, Nigeria, den Südsudan, Somalia und den Jemen weiterhin die "höchste Alarmstufe". Allein in Regionen in diesen Ländern leben fast eine Million Menschen, die von einer Hungerkatastrophe (IPC-Phase 5 "Katastrophe") bedroht sind und in denen der Hungertot zur täglichen Realität gehört und sich hohe Sterberaten und Mangelernährung weiter ausbreiten werden, wenn nicht unmittelbar gehandelt wird.

Die sich verschlechternden Bedingungen in der Demokratische Republik Kongo, Haiti, Kenia, der Sahelzone, dem Sudan und Syrien sind weiterhin "sehr besorgniserregend" - wie bereits in der Juni-Ausgabe des vierteljährlichen Berichts festgestellt. Die Alarmstufe wurde nun auch auf die Zentralafrikanische Republik und Pakistan ausgeweitet. Außerdem wurden Guatemala, Honduras und Malawi zusätzlich zu Sri Lanka, Simbabwe und Madagaskar in die Liste der Hunger Hotspots aufgenommen.

Gewaltsame Konflikte sind weiterhin die Hauptursache für akuten Hunger, und die Analysen deuten darauf hin, dass sich dieser Trend 2022 fortsetzen wird. Besonders besorgniserregend ist die Situation in Äthiopien, wo erwartet wird, dass weitere Eskalation des Konflikts und der interethnischen Gewalt den Bedarf an humanitärer Hilfe weiter steigen lassen werden.

Wetterextreme wie Überschwemmungen, tropische Stürme und Dürren bleiben in vielen Teilen der Welt weiterhin Ursachen für Hunger und es zeichnet sich eine "neue Normalität" von aufeinanderfolgenden extremen Wetterereignissen ab - insbesondere in den Hotspots. Allein in Pakistan sind in diesem Jahr 33 Millionen Menschen von verheerenden Überschwemmungen betroffen und der Südsudan steht das vierte Jahr in Folge vor extremen Überschwemmungen. In Syrien wird das dritte Jahr in Folge mit unterdurchschnittlichen Niederschlägen gerechnet. Zum ersten Mal seit 20 Jahren ist das Klimaphänomen La Niña in drei aufeinander folgenden Jahren aufgetreten - was sich durch Ernte und Viehverlusten in vielen Teilen der Welt, darunter Afghanistan, West- und Ostafrika und Syrien auf die Landwirtschaft auswirkt.

Wirtschaftliche Faktoren wie die anhaltenden hohen Weltmarktpreise für Nahrungsmittel, Treibstoff und Dünger führt zu hohen Preisen auf den nationalen Märkten und wirtschaftlicher Instabilität. Steigende Inflationsraten haben die Regierungen von einkommensstärkeren Ländern zu Sparmaßnahmen gezwungen, welche die Kreditkosten der Länder mit niedrigem Einkommen erhöht haben. Das beschränkt die Möglichkeiten von hoch verschuldeten Ländern - deren Zahl in den letzten Jahren erheblich gestiegen ist - die Einfuhr lebenswichtiger Güter zu finanzieren.

Angesichts dieser makroökonomischen Herausforderungen sehen sich viele Regierungen gezwungen, Sparmaßnahmen einzuführen, die sich auf das Einkommen und die Kaufkraft der Bevölkerung auswirken - insbesondere bei den ohnehin am stärksten betroffenen Familien. Laut des Berichts ist zu erwarten, dass sich diese Trends in den kommenden Monaten weiter verstärken werden. Aufgrund von zunehmender Armut und akutem Hunger besteht die Gefahr von zivilen Unruhen, die durch ansteigende sozioökonomische Missstände ausgelöst werden.

Humanitäre Hilfe ist von entscheidender Bedeutung, um Leben zu retten und Hunger, Tod und den völligen Zusammenbruch von Lebensgrundlagen zu verhindern, so der Bericht. Außerdem hebt er hervor, dass mangelnde Sicherheit, administrative und bürokratische Hindernisse, Bewegungseinschränkungen und physische Barrieren den Zugang der humanitären Helfer*innen zu den Menschen, die in elf der Hotspot-Länder von akutem Hunger betroffen sind, stark einschränken. Zu diesen elf Hotspot-Ländern zählen alle sechs Länder, in denen Teile der Bevölkerung sich in IPC-Phase 5 befinden.


Humanitäre Hilfe ist entscheidend, um Hunger und Tod zu vermeiden

Der Bericht fordert zu gezielten humanitären Maßnahmen auf, um Leben und Lebensgrundlagen in den 19 Hungerhotspots zu retten. In Afghanistan, Äthiopien, Nigeria, Somalia, Südsudan und Jemen ist humanitäre Hilfe entscheidend, um Menschen vor dem Hungertod zu bewahren.


Anmerkung:
[1] https://www.wfp.org/publications/hunger-hotspots-fao-wfp-early-warnings-acute-food-insecurity-october-2022-january-2023

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Quelle:
Pressemitteilung vom 21. September 2022
Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen
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E-Mail: wfp.berlin@wfp.org
Internet: https://de.wfp.org

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 23. September 2022

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