Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → ERNÄHRUNG

GENTECHNIK/498: Hintertür für Gentechnik? (IG Saatgut)


Interessengemeinschaft für gentechnikfreie Saatgutarbeit
Pressemitteilung vom 24. Februar 2012

Hintertür für Gentechnik?

Bundesverwaltungsgericht entscheidet über den Umgang mit verunreinigtem Saatgut


Hannover/Leipzig, 24.2.2012 - Dürfen gentechnisch veränderte Pflanzen, die unwissentlich ausgesät wurden, auf dem Acker wachsen oder müssen sie aus Sicherheitsgründen entfernt werden? Zu dieser Frage fällt das Bundesverwaltungsgericht am 29. Februar 2012 ein entscheidendes Urteil, so die Interessengemeinschaft für gentechnikfreie Saatgutarbeit (IG Saatgut).

Konkret geht es um Raps, den ein hessischer Bauer 2007 aussäte. Später wurde in der Partie, aus der das Saatgut stammte, Gentechnik-Raps festgestellt, der in der EU nicht angebaut werden darf. Das Land Hessen ordnete an, das Rapsfeld umzubrechen, um die Verbreitung des Gentechnikrapses zu verhindern. Dagegen klagte der Bauer; inzwischen wird der Fall vom Bundesverwaltungsgericht verhandelt.

In vielen Regionen wird Raps großflächig angebaut. Die Pollen können kilometerweit entfernt andere Rapsbestände, verwandte Wild- und Kulturarten bestäuben. Samen können Jahre später keimen, blühen und auskreuzen, wenn niemand mehr an den Kontaminationsfall von 2007 denkt. Unerkannte Einkreuzungen in Saatgutbestände von Raps und z.B. Steckrübe könnten die gentechnikfreie Züchtung und Saatguterzeugung in ihrer Existenz gefährden. Kontaminationswellen mit Folgen für die gesamte Wertschöpfungskette sind bekannt vom Gentechnik-Reis LL601, Starlink-Mais oder Triffid-Lein.

"Ich verstehe, dass der Bauer die Kosten für den Umbruch nicht tragen will", meint Stefi Clar, Saatgutgärtnerin im Eichsfeld. "Allerdings sollten diese Kosten die VerursacherInnen zahlen, also diejenigen, die das entsprechende Gentechnik-Konstrukt in die Welt gebracht haben. Stattdessen verkennt seine Klage die möglichen Schäden, die für ihn selbst durch die Aussaat verunreinigten Rapses entstehen könnten." Seine Anwälte argumentieren, der Bauer habe nicht gegen das Gentechnikgesetz verstoßen, weil er unwissentlich gentechnisch verändertes Saatgut ausgesät habe. "Bekämen sie Recht, würde der Schutz gentechnikfreier Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung ausgehebelt", befürchtet die Koordinatorin der IG Saatgut Siegrid Herbst. "Firmen, die GVO-kontaminiertes Saatgut auf den Markt bringen, würde ein Freifahrtschein für Verunreinigungen ausgestellt."

Die IG Saatgut geht davon aus, dass das Bundesverwaltungsgericht im Sinne der Vorsorge und Gefahrenvermeidung entscheidet: gentechnisch veränderte Pflanzen, die unwissentlich ausgesät wurden, müssen entfernt werden! Mehr noch: "Regierung und Bundesländer müssen sich endlich den Risiken von GVO-Kontaminationen stellen und die dafür Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. Sie müssen das VerursacherInnenprinzip durchsetzen für eine langfristig gesicherte gentechnikfreie Saatguterzeugung und Landwirtschaft", fordern Clar und Herbst. "Der Bauer braucht einfache Wege, seine Kosten gegenüber den Gentechnik-Firmen geltend zu machen. Genauso muss eine gentechnikfrei arbeitende Saatgutfirma ihre Maßnahmen zur Vermeidung von GVO-Kontamniationen unkompliziert von denjenigen bezahlt bekommen, die mit Gentechnikkonstrukten Kontaminationsrisiken auslösen."


*


Quelle:
Interessengemeinschaft für gentechnikfreie Saatgutarbeit
Siegrid Herbst, Hohe Str. 9, D-30449 Hannover
Telefon: +49 (0)511 - 924 001 - 837, Fax: +49 (0)511 - 924 001 - 899
E-mail: gentechnikfreie-saat@gmx.de
Internet: www.gentechnikfreie-saat.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Februar 2012