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GENTECHNIK/436: Word Wild Fund und Gentechindustrie unter einer grünen Decke (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 324 - Juli/August 2009,
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

WWF und Gentechindustrie unter einer grünen Decke
Ein neuer, vermeintlicher Umweltstandard zertifiziert nachhaltiges Gensoja

Von Claudia Schievelbein


Verantwortungsvoll und nachhaltig produziertes Gen-Soja, geht das? Dass multinationale Unternehmen wie ADM oder Cargill, Shell oder BP, Monsanto oder Syngenta dem zustimmen würden, mehr noch gerade zu froh wären, wenn man mit so einem Standard die Gentechnik salonfähig machen könnte, ist selbstverständlich. Aber das eine Umweltorganisation, in diesem Fall der WWF, so etwas gut heißt bzw. sogar den dahin führenden Prozess angestoßen hat, ist mindestens verwunderlich, nach Meinung vieler anderer Nichtregierungsorganisationen ärgerlich. Der Runde Tisch zur verantwortungsvollen Sojaerzeugung (RTRS ) ist ein Kind des WWF, dessen Spezialität es ist, mit der Industrie über Partnerschaften durchaus lobenswerte Projekte für beide Seiten zu initiieren. In Sachen Soja ist ihnen das missglückt. Denn der RTRS, der - wenn auch zunächst probehalber für ein Jahr - einen Standard installiert, der Gentechnik und Nachhaltigkeit unter einen Hut bringen soll, nützt nur einer Seite, der Industrie. Sie kann damit sich und ihren ausbeuterischen Methoden für Mensch und Umwelt, die allein schon das System des Gensoja-Anbaus mit sich bringt, unter eine grüne Decke stecken. "Der WWF hat sich das Heft aus der Hand nehmen lassen", sagt Jochen Koester von Trace Consult, einer Beratungs-Firma, die an der Entwicklung gentechnikfreier Handelsströme beteiligt ist. Nun sei der Runde Tisch ein reines Greenwashing-Projekt der Industrie geworden. Koester ärgert besonders, dass mit den sogenannten Baseler Kriterien und dem darauf basierenden ProTerra-Label seit Jahren ein bewährter Standard existiert, mit dem gentechnikfrei und nachhaltig erzeugtes Soja vermarktet werden kann. 12 % der brasilianischen Sojaernte wurden 2008 mit dem ProTerra-Label verkauft, gentechnikfrei erzeugt wird allerdings fast die Hälfte der Sojaernte in Brasilien. Nur mangelt es an Abnehmern, die die höheren Kosten für Trennung und Zertifizierung nicht scheuen. Kommt nun ein Gentech-Nachhaltigkeitslabel, steht es zu befürchten, dass noch weniger gentechnikfreies Soja vom Handel nachgefragt wird. Diese Befürchtung mit der Bitte, den Standard nicht zu installieren, formulierten noch kurz vor der Entscheidung verschiedene Bauern- und Umweltorganisationen in Deutschland unter anderem die AbL in einem Brief an den WWF wie auch an Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul. Die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) berät als Arm des Ministeriums beim RTRS. WWF wie auch Ministerium berufen sich darauf, dass die Gentechnik nicht aufzuhalten sei und man dann doch wenigstens flankieren müsse. Dass man sich damit erst zum Wegbereiter der Gentechnik macht, zeigt auch ein Kundenrundschreiben einer großen Schweizer Genossenschaft für Agrarprodukte. In ihm wurde schon vor Verabschiedung des Standards angekündigt, dass man nun auch nachhaltig produziertes Gensoja anbieten könne. Und zwar deshalb, weil Handelspartner Cargill Teilnehmer des RTRS sei. Offensichtlich reicht schon ein "mit Umweltschützern am Tisch sitzen" aus, um Gensoja ein grünes Mäntelchen umzuhängen.


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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 324 - Juli/August 2009, S. 17
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft -
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. September 2009