Johann Heinrich von Thünen-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei - 08.06.2015
Tierwohl am Tier messen
• Experten diskutieren Indikatoren, die in der Milchviehhaltung
geeignet sind, das Befinden der Tiere realistisch einzuschätzen
• Ergebnisse aus der Praxis vorgestellt, Grenzwerte und
Zielgrößen für die Umsetzung in der Praxis erörtert
Nutztiere sollen tiergerecht gehalten werden. Das wünschen sich die meisten Verbraucher laut Umfragen. Doch wie lässt sich messen, ob die Tiere tatsächlich gesund sind und ob sie sich wirklich wohl fühlen? Darum ging es in einem Workshop, den das Thünen-Institut Anfang Juni in Braunschweig veranstaltet hat.
Die Richtlinien des ökologischen Landbaus, aber auch Agrarfördermaßnahmen,
die tiergerechte Haltungsformen unterstützen sollen, sind zurzeit
ausschließlich handlungsorientiert; das heißt sie sehen Vorgaben für die
Haltung und zum Management vor (z.B. Haltung der Kühe im Sommer auf der
Weide, Platzangebot je Tier, spezifische Bodenbeläge wie Einstreu in
Ställen). Um als Biobetrieb anerkannt zu werden oder in den Genuss der
Förderung zu kommen, müssen die Landwirte diese Vorgaben erfüllen. Die
Vorgaben können zwar gute Voraussetzungen für ein verbessertes Tierwohl
schaffen, der tatsächliche Zustand der Tiere (Gesundheit und Wohlergehen)
bleibt aber unberücksichtigt. Darum haben Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler des Thünen-Instituts untersucht, welche Indikatoren, die
an der Milchkuh selbst erhoben werden, dafür geeignet sind anzuzeigen, ob
es dem Tier gut geht.
Das von Forschern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, von Praktikern, Vertretern des Berufsstandes und der Tierschutzverbände entwickelte Indikatoren-Set für die Milchviehhaltung soll eine solche objektive Einschätzung ermöglichen. Es umfasst zehn tierbezogene Indikatoren zur Euter- und Stoffwechselgesundheit, zum Ernährungszustand, zu Lahmheiten, Veränderungen an Klauen- und Gliedmaßen, Verschmutzung, Verletzungen und Verhalten der Tiere sowie zur Zahl der verendeten Kühe und Kälber.
In 115 Landwirtschaftsbetrieben - 32 konventionell und 30 ökologisch bewirtschafteten Betrieben in Nordrhein-Westfalen sowie 36 konventionellen und 19 Öko-Betrieben in Mecklenburg-Vorpommern - haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das tierbezogene Indikatoren-Set erstmals erhoben. Die Ergebnisse zeigen: Das Tierwohl hängt stark vom Management des einzelnen Betriebes ab. So liegt zum Beispiel der Anteil lahmer Kühe im Durchschnitt der Betriebe bei 14,7 Prozent liegt, schwankt aber von 0 Prozent lahmen Kühen (öko und konventionell) bis im Extrem zu 46,3 (ökologisch) bzw. 68,8 Prozent (konventionell).
Die Empfehlung des Thünen-Instituts lautet, die zurzeit ausschließlich handlungsorientierten Richtlinien für eine tiergerechte Milchviehhaltung um tierbezogene Indikatoren zu erweitern. Dies findet bei den Landwirten, in den Verbänden und in der Forschung großen Zuspruch. Das zeigte die rege und konstruktive Diskussion während des Workshops in Braunschweig. Wie sich die Kontrolle der tierbezogenen Indikatoren in der Praxis umsetzen lässt, konnte allerdings noch nicht abschließend beantwortet werden.
Rege diskutiert wurden auch mögliche Grenzwerte und Zielgrößen für die ergebnisorientierte Honorierung in der Milchviehhaltung. Auf Basis der erhobenen Daten empfahl das Thünen-Projektteam eine Vorgehensweise, die sich an den besten 25 Prozent aller Betriebe orientiert.
Das Forschungsprojekt wurde vom Bundesprogramm ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) gefördert.
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1208
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Johann Heinrich von Thünen-Institut, Bundesforschungsinstitut für
Ländliche Räume, Wald und Fischerei, Dr. Michael Welling, 08.06.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juni 2015
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