Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → ERNÄHRUNG

BERICHT/141: La Via Campesina - weltweit für Ernährungssouveränität (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 352 - Februar 2012
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Weltweit für Ernährungssouveränität
La Via Campesina organisiert das weltweite Engagement für eine bäuerliche Landwirtschaft

von Irmi Salzer



La Via Campesina (VC) wurde 1993 von VertreterInnen bäuerlicher Bewegungen aus vier Kontinenten gegründet - zu einer Zeit, in der agrarpolitische Entscheidungen zunehmend auf die globale Ebene verlagert wurden und Agrobusiness-Konzerne sich internationalisierten. Die bäuerlichen Bewegungen hatten erkannt, dass sie eine gemeinsame Vision und eine gemeinsame Stimme entwickeln müssen, um in Entscheidungen, die das (Über-)Leben ihrer Mitglieder betreffen, mit eingebunden zu werden. "Nichts über uns - ohne uns" war ein Motto dieser neuen Bewegung, die sich rasant entwickelte. Heute besteht VC aus mehr als 150 nationalen und lokalen Organisationen von BäuerInnen, Indigenen, LandarbeiterInnen, FischerInnen, Landlosen und MigrantInnen und versammelt so mehr als 200 Millionen Mitglieder in 70 Ländern.


Partizipation und Gleichberechtigung

La Via Campesina versucht, durch Dezentralisierung und strenge Repräsentations- bzw. Rotationsmechanismen die Macht auf möglichst viele Organisationen und Individuen zu verteilen. Es gibt neun Regionen - aus historischen Gründen drei davon in Lateinamerika - die jeweils einen Mann und eine Frau in das Internationale Koordinationskomitee (ICC) entsenden. Das ICC fällt alle wichtigen Entscheidungen, die höchste Instanz ist aber die Internationale Konferenz, die alle vier Jahre stattfindet und an der 400 bis 500 RepräsentantInnen teilnehmen. Ein wichtiges Prinzip aller Via Campesina-Treffen, Delegationen und Konferenzen ist die gleichberechtigte Teilnahme von Männern und Frauen und insbesondere der Jugend. Neben dem ICC gibt es auf internationaler Ebene inhaltliche Arbeitsgruppen, die "Working Committees". Derzeit bestehen Arbeitsgruppen zu den Themen Agrarreform, Ernährungssouveränität und Handel, Biodiversität und Genetische Ressourcen, Frauen, Menschenrechte, Migration und LandarbeiterInnen, Nachhaltige bäuerliche Landwirtschaft sowie Jugend.


Lobbying und Massenmobilisierungen

La Via Campesina kämpft auf vielen verschiedenen Ebenen und mit unterschiedlichen Mitteln darum, die Landwirtschaft aus dem Würgegriff internationaler Konzerne und neoliberaler Politik zu befreien und das Konzept der Ernährungssouveränität als globalen Rahmen für jegliche Landwirtschafts- und Ernährungspolitik zu verankern. VC-VertreterInnen werden in UN-Gremien wie dem Menschenrechtsausschuss der UN oder bei der FAO angehört und sind auf zahlreichen internationalen Konferenzen vertreten. Gleichzeitig ist VC auf der Straße präsent. Ob in Seattle oder Kopenhagen, Heiligendamm oder Cancún, ob WTO oder G20, UN-Klimakonferenzen oder WEF, die grünen Flaggen der VC-Delegationen rufen den Machthabern ins Gedächtnis, dass es die Bauern und Bäuerinnen sind, die einen Großteil der Menschen ernähren und nicht der Freihandel und die internationalen Konzerne. Im Gedächtnis an das Massaker von Eldorado dos Carajás in Brasilien im Jahr 1996, als 19 LandbesetzerInnen von Milizen der Großgrundbesitzer ermordet wurden, findet jährlich am 17. April der Tag des kleinbäuerlichen Widerstands statt. Weltweit wurde 2011 mit über 150 Aktionen, Straßentheater, Diskussionsveranstaltungen, Filmabenden und Demonstrationen deutlich gemacht, dass bäuerliche Landwirtschaft und Ernährungssouveränität die einzig möglichen Alternativen zum Natur und Menschen ausbeutenden und von Konzerninteressen getriebenen System der Landwirtschafts- und Ernährungsindustrie sind.


Globalize the struggle, globalize hope!

Gerade in Zeiten der GAP-Reform braucht die Europäische Koordination Via Campesina (ECVC), bei der auch die AbL Mitglied ist, die aktive Beteiligung von Bauern und Bäuerinnen. Lasst uns gemeinsam für Ernährungssouveränität auch und gerade in Europa arbeiten!


Irmi Salzer, Biobäuerin in Ostösterreich und Mitarbeiterin der ÖBV-Via Campesina Austria - Österreichische Berg- und KleinbäuerInnenvereinigung


Interessierte wenden sich bitte an:

Henrik Maaß
maass@abl-ev.de

Gernot von Beesten
holderhof@dgn.de

La Via Campesina:
www.viacampesina.org

*

Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 352 - Februar 2012, S. 18
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
Bahnhofstr. 31, 59065 Hamm
Telefon: 02381/49 22 20, Fax: 02381/49 22 21
E-Mail: redaktion@bauernstimme.de
Internet: www.bauernstimme.de
 
Erscheinungsweise: monatlich (11 x jährlich)
Einzelausgabe: 3,00 Euro
Abonnementpreis: 36,00 Euro jährlich
(verbilligt auf Antrag 26,00 Euro jährlich)


veröffentlicht im Schattenblick zum 31. März 2012