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NATO-GEGENGIPFEL/006: Zusammenfassender Bericht von Reiner Braun (ICC)


Internationales Koordinationskommitee (ICC) des "No to War - No to NATO"-Bündnis
Nein zur NATO - Nein zum Krieg
Datum: 2010-11-22 21:17 Uhr

NATO bedeutet Krieg! Deshalb Nein zur neuen NATO-Strategie
heißt es in der Abschlusserklärung des zweitägigen internationalen Gegengipfel zum offiziellen NATO - Gipfel in Lissabon.

Von Reiner Braun


Mehr als 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 21 Ländern diskutierten auf dem von dem internationalen Netzwerk "No to war - No to NATO" organisierten Gegengipfel über die neue NATO-Strategie und friedliche zivile Alternativen.

Einhellig wurde die neue Strategie in ihren Kernelementen als kriegstreibend eingeschätzt und die Alternative eingefordert: eine gerechte Welt ohne Krieg und Atomwaffen.
Die klare Erkenntnis, dass umfassende Abrüstung, die Beendigung von Kriegen, die Auflösung von Militärbasen nur gegen die NATO erreicht werden kann, prägten den Gipfel. Immer stärker und vielfältiger wird auch der Ruf nach sofortigen Rückzug der NATO-Truppen aus Afghanistan. Die sogenannten Abzugspläne sind eine Mogelpackung, ist doch kein Datum mit einem festen Abzugsplan verbunden, sondern soll nur verbal die kriegskritische Öffentlichkeit beruhigen. Ein Großteil der Truppen soll wie auch Im Irak in Afghanistan bleiben.

Einhellig auch die Meinung, dass sich die Friedensbewegung international noch stärker vernetzen und ihre Anstrengungen gegen das weltweite Militärbündnis NATO stärker koordinieren muss. Die Kommunistische Partei Portugals (PCP) stand mit ihrer Ablehnung "einer Internalisierung des NATO-Protestes" allein! Eine für eine linke Partei kaum glaubwürdige Position.
Ein Gegengipfel voller neuer Argumente, der Mut macht, die Umsetzung der neuen NATO-Strategie entschieden zu bekämpfen.

Den Worten ließen TeilnehmerInnen dieses Gegengipfels Taten folgen. Fast 100 AktivistInnen beteiligten sich am Samstagvormittag an einer erfolgreichen Aktion des zivilen Ungehorsams, einer gewaltfreien Blockade einer der Zufahrtswege zu dem Kongresszentrum, in dem die "Großen der Welt" über Kriege berieten.

Ungefähr 30.000 (nach Angaben der Veranstalter "Paz sim - NATO nao") folgten dem Aufruf des portugiesisches Friedenskomitees, des internationalen Netzwerkes "No to war - No to NATO", vieler weiterer Organisationen und Parteien und demonstrierten in einer friedlichen und gewaltfreien Demonstration durch Lissabon. Nein zur NATO wurde unüberhörbar in der portugiesischen Innenstadt. Rote Fahnen prägten diese Friedensdemonstration, der ein mehr an Friedens-Gemeinsamkeit und ein weniger an sektiererischer Abgrenzung sicher gut getan hätte.

Die durch die Medien beschworene "Gewalt" fand real statt: in Form von Nichterlaubnis von fast 200 aktiven friedensengagierten Menschen und der Verhaftung von 41 AkteurInnen des zivilen Ungehorsam, die illegal, ohne Kontakt zu einem Anwalt festgehalten wurde. Wieder zeigte sich: Demokratie und NATO sind nicht vereinbar. NATO bedeutet gleichermaßen Aggression nach außen und Abbau von Demokratie und Partizipation nach Innen. Alle Verhafteten sind mittlerweile wieder freigelassen worden.

Die Gefahren der NATO einer größeren Öffentlichkeit näher gebracht zu haben, gelang durch eine außerordentlich erfolgreiche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Weltweit war die Friedensbewegung mit den Aktionen in Portugal medial präsent - in den NATO Ländern wurde ausführlich über sie berichtet. Ein Erfolg der Kontinuität der Protestaktionen des internationalen Netzwerkes und des Engagements der Friedensbewegung auch zwischen den Gipfeln. Hierzu haben sicher auch die eigenen Life-Übertragungen via Internet beigetragen. Die Ausstrahlungskraft des Engagements war ermutigend und zeigt, dass eine lähmende Gewalt-Diskussion überwunden und die realen Fakten einer Kriegspolitik wieder stärker in den Mittelpunkt gerückt werden können - gewaltfreie Aktionen sind dazu unabdingbar.

Es war gut, dass wir hier waren und einiges bewegt haben: ein weiterer, zu mindest kleiner Schritt, zur Delegitimierung ist gelungen. Wo die NATO tagt, wo Aufrüstung und Krieg propagiert werden ist auch die internationale Friedensbewegung. Wir werden keine Ruhe geben - bis zur Auflösung der NATO.

Insgesamt bleibt aber auch der Eindruck zurück: die erfolgreiche internationale Zusammenarbeit über viele politische und ideologische Grenzen, über Parteien und Organisationszusammenhänge hinweg; wie sie sich in dem internationalen Netzwerk "No to war - No to Nato" niederschlägt, die gegen das stärkste Militärbündnis der Welt offensichtlich notwendig ist, hat sich in Portugal noch nicht in ausreichendem Maße zu einem Mehr an gemeinsamen Handeln der Friedens- und Linkskräfte entwickelt.
Meine Spekulation: Dies hat einer noch größeren, noch ausstrahlungsfähigeren Mobilisierung geschadet.


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Quelle:
© 2010 Reiner Braun
mit freundlicher Genehmigung des Autors
Internationales Koordinationskommitee (ICC)
des "No to War - No to NATO"-Bündnis
IALANA Geschäftsstelle
Schützenstr. 6a, 10117 Berlin
Telefon: +49 30 20654857, Fax: +49 30 20654858
E-Mail: kongress@ialana.de
Internet: www.no-to-nato.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. November 2010