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WEITERBILDUNG/055: Lernen ein Leben lang (TU Dresden)


Dresdner UniversitätsJournal Nr. 10 vom 9. Juni 2009

Lernen ein Leben lang
Bildung und Weiterbildung im Zeichen des lebenslangen Lernens

Von Alexander Otto


Wie sehen individuelle Bildungsverläufe in Deutschland über längere Zeiträume aus? Wie lernen Kinder, Jugendliche und Erwachsene bis ins hohe Lebensalter? Mit diesen und weiteren Fragen rund um das Thema "Lebenslanges Lernen" beschäftigte sich die wissenschaftliche Fachtagung "Bildung über die Lebensspanne", die am 8. und 9. Mai an der TU Dresden stattfand.

Veranstalter war das von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Promotionskolleg Lebenslanges Lernen, das seit 2005 arbeitet. Am Kolleg arbeiten acht Stipendiaten sowie sechs weitere "assoziierte" Doktoranden, die von den Professoren Gisela Wiesner, Andrä Wolter, Karl Lenz und Frank Nestmann betreut werden.

Den Auftakt der Tagung machte Professor Hans-Peter Blossfeld (Universität Bamberg), einer der führenden Bildungssoziologen in Deutschland, mit einem Bericht über das soeben gestartete Nationale Bildungspanel (National Educational Panel Study, NEPS). Im Rahmen einer Sequenz von aufeinander aufbauenden Längsschnittuntersuchungen erhebt das NEPS Daten zur individuellen Kompetenzentwicklung und zu Bildungsverläufen und -entscheidungen im Lebensverlauf. Dieses bislang umfangreichste Projekt zur Bildungsforschung im deutschen Sprachraum, dessen Untersuchungsteil zur Hochschule von Professor Andrä Wolter (TU Dresden) koordiniert wird, gibt ab 2011 Antworten auf zentrale wissenschaftliche und bildungspolitische Fragen zum lebenslangen Lernen.

Hinlänglich bekannt ist, dass die durchschnittliche Lebenserwartung in den letzten 100 Jahren um zirka 30 Lebensjahre gestiegen ist. Wenn Menschen älter und ältere Menschen gebildeter werden, dann wird auch die Weiterbildung im höheren Lebensalter für die Gesellschaft und für den Einzelnen immer bedeutsamer, nicht zuletzt auch aus arbeitsmarktpolitischen Gründen. Dr. Bernhard Schmidt-Hertha von der LMU München referierte in diesem Zusammenhang die Ergebnisse der EdAge-Studie - der ersten repräsentativen Erhebung zu Weiterbildungsinteressen und Bildungspartizipation der 45- bis 80-Jährigen in Deutschland. Die individuellen Bildungsinteressen der Älteren werden landläufig unterschätzt. Zwar nimmt die Beteiligung an beruflicher Weiterbildung mit zunehmendem Lebensalter ab, doch bleibt die Beteiligung an nicht-berufsbezogener Weiterbildung vergleichsweise konstant. Nicht das kalendarische Alter, sondern die individuellen Altersbilder und Bildungsinteressen entscheiden über die Teilnahme an Bildung im Alter. Sie unterscheiden sich aber beträchtlich nach Bildungsbiographien und sozialen Zugehörigkeiten. Reinhard Pollak - Mitarbeiter des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) - konnte anhand quantitativer Daten zu Bildungsverläufen massive Disparitäten durch soziale Herkunftseffekte nachweisen. So scheint es eine der wesentlichen Herausforderungen für die Bildungspolitik, die Bildungsforschung und vor allem für die Bildungsinstitutionen selbst zu sein, den inzwischen sehr subtilen Mechanismen von Bildungsungleichheit und ihrer Legitimation auf die Spur zu kommen und deren Kraft entgegenzuwirken. Weiterhin hielt Professor Peter Alheit (Universität Göttingen), einer der bekanntesten Vertreter qualitativer Bildungsforschung in Deutschland, einen Vortrag zum Thema "Diskurspolitik: Lebenslanges Lernen als subtile Machtstrategie". Er setzte sich kritisch mit weit verbreiteten rhetorischen Mustern in der Debatte über lebenslanges Lernen auseinander. Anja Ehlers (TU Dortmund) referierte über die Bildung in der nachberuflichen Phase aus der Perspektive der Lebenslaufforschung, und Ulrike Strate, ehemalige Vizepräsidentin der TU Berlin, beschloss die Tagung mit einem engagierten Vortrag über die Universität als Institution des lebenslangen Lernens und der nachberuflichen Weiterbildung. Das Promotionskolleg Lebenslanges Lernen an der TU Dresden wird im Jahr 2010 eine große Abschlusstagung zu diesem Thema durchführen.


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Quelle:
Dresdner UniversitätsJournal, 20. Jg., Nr. 10 vom 09.06.2009, S. 8
Herausgeber: Der Rektor der Technischen Universität Dresden
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Juni 2009