Humboldt-Universität zu Berlin - 21.10.2015
Die Unvergleichbaren: Schulsysteme in Deutschland
Neue Studie beleuchtet den Wandel der Schulpolitik in den Bundesländern von 1949 bis 2010
Welches Bundesland hat die Gemeinschaftsschule eingeführt? Wo gibt es Gesamtschulen? Wie lange dauert jeweils die Grundschulzeit? Wo entscheiden die Noten für den Gymnasialübergang; wo haben die Eltern das letzte Wort? Ab welcher Klassenstufe bekommen die Kinder Noten? In welchen Bundesländern gibt es noch die Hauptschule?
Fast jede Woche wird über eine Schulreform in einem der 16
Bundesländer berichtet. Schulpolitik fällt explizit in die
Gesetzgebungskompetenz der Bundesländer und gehört zu den wichtigsten
Gestaltungsbereichen der Landespolitik. Die Bundesländer haben zwar mit dem
Düsseldorfer und dem Hamburger Abkommen in den Jahren 1955 und 1964 ein
gegliedertes Schulsystem festgeschrieben, aufgrund ihrer Gestaltungshoheit
haben sie sich hinsichtlich ihrer Schulstrukturen und ihrer pädagogischen
Grundausrichtung seit 1949 so unterschiedlich entwickelt, dass wir es
nicht mit einem, sondern mit 16 Schulsystemen zu tun haben.
Prof. Dr. Rita Nikolai, Juniorprofesorin für systembezogene Schulforschung am Institut für Erziehungswissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) und Marcel Helbig vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) betrachten nun in ihrer neuen Studie "Die Unvergleichbaren. Der Wandel der Schulsysteme in den deutschen Bundesländern seit 1949" die Schulentwicklung in Deutschland. Ziel der Untersuchung war es, mehr als 60 Jahre schulrechtliche Entwicklung zu beschreiben, zu analysieren und Typen von Schulsystemen im Zeitverlauf zu identifizieren.
Dazu hat das Forschungsteam am Wissenschaftszentrum eine Datenbank erstellt, die die schulrechtlichen Veränderungen der Schuljahre 1949/50 bis 2009/10 im Bundesländervergleich erfasst. "Eine solche standardisierte Sammlung schulrechtlicher Regelungen, die auf mehreren tausend Einzeldokumenten aus sechs Jahrzehnten basiert, ist nicht nur in Deutschland einzigartig. Für diese Datenbank haben wir mithilfe zahlreicher Mitarbeiter Schulgesetze, Rechtsverordnungen und Amtsblätter in Archiven, Bibliotheken und im Internet erschlossen. Mit den darin enthaltenen Regelungen können schulrechtliche Entwicklungen in ausgewählten Dimensionen erfasst werden", erklären die beiden Autoren. Die Studie ist beim Verlag Julius Klinkhardt KG erschienen.
Über das Buch
In "Die Unvergleichbaren" wird anhand von 60 Indikatoren untersucht, wie
sich die schulrechtlichen Regelungen in den Bundesländern von 1949/50 bis
2009/10 entwickelt haben. Drei Dimensionen werden dabei berücksichtigt:
Die Dimension "Strukturen" beschreibt, in welcher Art und Weise die
Bundesländer Bildungsgänge differenzieren und mit welchen Regularien
Schülern der Zugang zum Schulsystem ermöglicht wird. Die Dimension der
"Kontrolle von Inhalten" fächert auf, nach welchen Kriterien die
Bundesländer den Zugang zu den weiterführenden Schulen gestalten und
inwieweit Prüfungen und Zertifikate landesweit einheitlichen Standards
entsprechen. Die Dimension der "Inhalte" schließlich zeigt, welcher
Stellenwert modernen und traditionellen Unterrichtsinhalten in einem
Schulsystem zukommen.
Neben der Darstellung und Analyse der schulrechtlichen Regelungen in den Bundesländern seit 1949 wurden zwei weitere zentrale Forschungsfragen beantworten: Welche schulrechtlichen Typen lassen sich erkennen? Zu welchen schulrechtlichen Typen lassen sich die Bundesländer im Zeitverlauf zuordnen?
Originalpublikation
Helbig, Marcel/Nikolai, Rita (2015): Die Unvergleichbaren. Der Wandel der
Schulsysteme in den deutschen Bundesländern seit 1949, Bad Heilbrunn:
Klinkhardt - ebenfalls im Open Access auf www.pedocs.de
Helbig, Marcel/Nikolai, Rita (2015) Sammlung wichtiger schulrechtlicher
Regelungen in den deutschen Bundesländern von 1949 bis 2010. Quellen zum
Buch "Die Unvergleichbaren". Bad Heilbrunn: Klinkhardt - eOnly im Open
Access auf: www.pedocs.de
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution46
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Humboldt-Universität zu Berlin, Hans-Christoph Keller, 21.10.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Oktober 2015
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