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SCHULE/636: PISA 2009 - Deutschland holt auf (BMBF)


BMBF - Bundesministerium für Bildung und Forschung - 07.12.2010

Pressemitteilung von KMK und BMBF - PISA 2009: Deutschland holt auf

Die Leistungen von Schülerinnen und Schülern in Deutschland haben sich seit PISA 2000 kontinuierlich verbessert - zugleich ist das Bildungssystem gerechter geworden


Der Präsident der Kultusministerkonferenz, Staatsminister Dr. Ludwig Spaenle, und Bundesbildungsministerin Prof. Dr. Annette Schavan zu den internationalen PISA-Ergebnissen 2009: "Die Zahlen der PISA-Studie zeigen einen klaren Aufwärtstrend. Gerade im Vergleich zu anderen Staaten hat sich Deutschland über die Jahre kontinuierlich verbessert und liegt inzwischen in vielen Bereichen über dem OECD-Durchschnitt. Dafür haben Bund und Länder mit ihrer deutlichen Steigerung der Bildungsinvestitionen sowie mit ihren qualitätssichernden Maßnahmen gesorgt und damit eine positive Dynamik im Bildungswesen eingeleitet. Der Einsatz aller an Bildung Beteiligten hat sich gelohnt, daher werden wir diesen Weg konsequent fortsetzen."


Zentrale Ergebnisse für den Bereich Lesen:

Deutschland gehört zu den sieben OECD-Staaten, in denen sich die Lesekompetenz von PISA 2000 zu PISA 2009 signifikant verbessert hat; sie liegt nunmehr mit 497 Punkten im Mittelfeld der OECD-Staaten.

Die Leistungsunterschiede zwischen guten und schwachen Leserinnen und Lesern haben sich zwischen PISA 2000 und 2009 verringert. Die Streuung der Kompetenzwerte ist in Deutschland so stark gesunken wie in keinem anderen Staat der OECD und unterscheidet sich nicht mehr wesentlich vom OECD-Durchschnitt.

Der Anteil der schwachen Leserinnen und Leser ist seit PISA 2000 von 22,6% auf 18,5% deutlich zurückgegangen; am oberen Ende der Kompetenzskala sind in Deutschland kaum Veränderungen zu beobachten.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Staaten ist in Deutschland die Freude am Lesen bei den 15- Jährigen angestiegen. Dennoch gilt weiterhin: Mädchen lesen deutlich lieber und besser als Jungen.


Zentrale Ergebnisse für den Bereich Mathematik:

Deutschland gehört zu den sechs OECD-Staaten, deren Durchschnittswerte in der mathematischen Kompetenz seit PISA 2003 signifikant angestiegen sind. Mit 513 Punkten gehört Deutschland 2009 erstmals zu der Gruppe jener Staaten, die signifikant über dem OECD-Durchschnitt von 496 Punkten liegt.

Der Anteil der Jugendlichen mit geringer mathematischer Kompetenz hat sich von 21,6% bei PISA 2003 auf 18,6% bei PISA 2009 reduziert. Dieser Anteil ist signifikant niedriger als im OECD-Durchschnitt (22,0 Prozent). Der Anteil der Schülerinnen und Schüler auf der höchsten mathematischen Kompetenzstufe fällt in Deutschland mit 4,6 Prozent signifikant höher aus als im OECD-Durchschnitt (3,1 Prozent). Die Leistungsstreuung ist mit 98 Punkten jedoch höher als im OECD-Durchschnitt (92 Punkte).


Zentrale Ergebnisse für den Bereich Naturwissenschaften:

In Deutschland liegt die naturwissenschaftliche Kompetenz der Schülerinnen und Schüler bei durchschnittlich 520 Punkten und damit deutlich oberhalb des OECD-Durchschnitts von 501 Punkten.

Der Anteil der Jugendlichen, die in Deutschland unter oder auf der niedrigsten Stufe naturwissenschaftlicher Kompetenz liegen, ist mit 14,8 Prozent signifikant niedriger als im OECD-Durchschnitt (18,0 Prozent). Auf den beiden höchsten naturwissenschaftlichen Kompetenzstufen befindet sich mit 12,8 Prozent in Deutschland ein signifikant höherer Anteil der Schülerinnen und Schüler als im Durchschnitt der OECD-Staaten (8,5 Prozent). Die Leistungsstreuung ist mit 101 Punkten jedoch signifikant höher als im OECD-Durchschnitt (94 Punkte).


Für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund zeigen sich bei PISA 2009 folgende zentrale Ergebnisse:

Rund ein Viertel der fünfzehnjährigen Schülerinnen und Schüler in Deutschland stammt aus zugewanderten Familien. Dieser Anteil hat seit PISA 2000 um etwa vier Prozentpunkte zugenommen. Damit liegt Deutschland im Vergleich zu den anderen mittel- und nordeuropäischen Ländern etwa im Mittelfeld.

Jugendliche mit Migrationshintergrund in Deutschland konnten sich seit PISA 2000 im Lesen um 26 Punkte substanziell verbessern. Dadurch haben sich auch die Unterschiede zu Schülern ohne Migrationshintergrund deutlich reduziert. Unter den mittel- und nordeuropäischen Staaten haben nur die Schweiz, Belgien und Luxemburg eine ähnlich positive Entwicklung zu verzeichnen.

Während Schülerinnen und Schüler, die im Jahr 2000 in der Familie eine andere Sprache als Deutsch sprachen, noch etwa 60 Punkte weniger im Lesekompetenztest erzielten, liegt der Unterschied in PISA 2009 nur noch bei rund 20 Punkten.

Die Lesekompetenz von Jugendlichen türkischer Herkunft hat sich seit PISA 2000 leicht, die von Jugendlichen, deren Eltern aus dem Gebiet der ehemaligen UdSSR stammen, deutlich verbessert.

Trotz der Verbesserungen sind auch in PISA 2009 die mit einem Migrationshintergrund verbundenen Disparitäten weiterhin groß. So beträgt der Unterschied in der Lesekompetenz zwischen in Deutschland geborenen Schülerinnen und Schülern zugewanderter Eltern (zweite Generation) und Schülerinnen und Schülern ohne Migrationshintergrund 57 Punkte, was einem Lernfortschritt von mehr als einem Schuljahr entspricht.


Für den Zusammenhang zwischen sozialem Hintergrund, Bildungsbeteiligung und Lesekompetenz ergeben sich bei PISA 2009 folgende zentrale Ergebnisse:

Der Zusammenhang zwischen Lesekompetenz und sozialer Herkunft hat seit PISA 2000 abgenommen.

Der Abstand in der Lesekompetenz von Jugendlichen, deren Eltern Berufe mit hohem Sozialstatus ausüben, und solchen aus Familien un- und angelernter Arbeiter ist von durchschnittlich 106 Punkten in PISA 2000 auf 75 Punkte in PISA 2009 gesunken.

Von der Expansion des Gymnasiums im Verlauf des Jahrzehnts haben vor allem Schülerinnen und Schüler aus Arbeiterfamilien und diejenigen, deren Eltern Berufe im Bereich der Routinedienstleistungen ausüben, profitiert. Sie besuchen nun häufiger diesen Bildungsgang.


Entwicklung der schulischen Rahmenbedingungen

Die personelle Ausstattung wird von Schulleitungen in Deutschland positiver beurteilt als im Durchschnitt der OECD-Staaten. Die Entscheidungsspielräume an Schulen in Deutschland in Bezug auf die Verwendung der Ressourcen und die Gestaltung des Curriculums werden hingegen geringer eingeschätzt als dies im Durchschnitt der OECD-Staaten der Fall ist.

Als Maßnahmen der Qualitätssicherung kommen standardisierte Testverfahren in Deutschland noch immer seltener zum Einsatz als im OECD-Durchschnitt, ihre Anwendung hat aber seit PISA 2000 zugenommen.


Positive Entwicklungen von PISA 2000 zu PISA 2009 zeigen sich insbesondere beim Schulklima

In Deutschland werden geringere Störungen und Disziplinprobleme im Unterricht und damit eine effektivere Klassenführung berichtet als im OECD-Durchschnitt.

Zur Unterstützung von Schülerinnen und Schülern mit anderer Herkunftssprache als Deutsch wird in allen Schularten Förderunterricht angeboten. Allerdings besucht in Deutschland nur etwa ein Drittel der fünfzehnjährigen Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund Schulen, in denen zusätzlicher Förderunterricht in Deutsch angeboten wird; im OECD-Durchschnitt liegt dieser Anteil jedoch fast doppelt so hoch.

Hierzu erklärte der Präsident der Kultusministerkonferenz, Staatsminister Dr. Ludwig Spaenle: "Die nach PISA 2000 eingeleiteten Maßnahmen der Länder in sieben zentralen Handlungsfeldern, die in der Kultusministerkonferenz einvernehmlich beschlossen wurden - hierzu zähle ich vor allem den Ausbau der frühkindlichen Bildung und der Ganztagsschulen sowie Maßnahmen der Qualitätssicherung - haben sich offensichtlich bewährt und zeigen klar sichtbare Erfolge. Das OECD-Niveau ist erreicht oder wird übertroffen und das bei mehr Bildungsgerechtigkeit. Wir müssen und werden diese grundsätzlich positive Entwicklung konsequent fortsetzen und über alle Länder hinweg verstärken: Intensive Förderung der Leistungsschwächeren sowie der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund durch eine systematische Lese- und Sprachförderung, die frühzeitig einsetzt und auch in den weiterführenden Schulen gezielt fortgesetzt wird. Die auf allen Stufen erforderliche individuelle Förderung bezieht auch die leistungsstärkeren Schüler mit ein."

Bundesbildungsministerin Prof. Dr. Annette Schavan sagte: "Die Anzahl der Schülerinnen und Schüler in Risikogruppen ist gegenüber PISA 2000 gesunken. Das ist aber kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen. Gerade für benachteiligte Kinder werden wir noch mehr tun. In unserer Initiative "Lernen vor Ort" arbeiten Kommunen daran, mehr Bildungsgerechtigkeit zu verwirklichen. Mit dem Programm "Abschluss und Anschluss-Bildungsketten bis zum Berufsabschluss" wollen wir die Zahl der Schulabbrecher weiter verringern - 500 neue Bildungslotsen haben gerade die Arbeit aufgenommen."

Die Steigerung des Kompetenzniveaus insbesondere im unteren Leistungsbereich zeigt deutlich, dass der in Deutschland nach PISA 2000 eingeschlagene Weg, ein umfassendes und abgestimmtes System der Qualitätssicherung aufzubauen, erfolgreich ist. Die beobachteten Trends sprechen dafür, dass zur weiteren Steigerung der Lernergebnisse die Qualitätsentwicklung noch stärker auf die Verbesserung der Unterrichtsqualität und die gezielte individuelle Förderung ausgerichtet werden sollte. Von entscheidender Bedeutung wird es hierbei sein, dass die Bildungsstandards für die Unterrichtsentwicklung in den Schulen tatsächlich genutzt werden. Hierzu hat die Kultusministerkonferenz in diesem Jahr eine Konzeption zur Nutzung der Bildungsstandards für die Unterrichtsentwicklung vorgelegt.


Anlage der Studie

PISA wird seit 2000 von der OECD durchgeführt, um die Kompetenzen 15-Jähriger in den zentralen Bereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften zu ermitteln. Bei PISA 2000 und PISA 2009 stand die Erfassung des Leseverständnisses im Zentrum, bei PISA 2003 die Mathematik, bei PISA 2006 die Naturwissenschaften. An PISA 2009 haben neben den 34 OECD-Staaten 31 Partnerstaaten und -regionen teilgenommen. In Deutschland wurden für den internationalen Vergleich insgesamt ca. 5000 Schülerinnen und Schüler aus 226 Schulen getestet.

Die Tests zu PISA 2009 wurden in Verantwortung eines Konsortiums unter Federführung des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) durchgeführt und ausgewertet. Die Erhebungen wurden mit dem Ländervergleich des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) zur Überprüfung der KMK-Bildungsstandards in der Sek. I koordiniert. Die Ergebnisse von PISA 2009- International dienen der Verortung des deutschen Bildungswesens im internationalen Vergleich auf der Grundlage einer bundesweiten Stichprobe. Aufgrund der Unterschiede bei der Testpopulation und den getesteten Domänen sowie der verschiedenen Skalen ist es nicht möglich, die Ergebnisse des IQB- Ländervergleichs, die am 23.Juni 2010 veröffentlicht wurden, direkt in die Skala von PISA 2009- International einzuordnen.

Ab PISA 2012 ist in Deutschland das Zentrum für internationale Bildungsvergleichsstudien (ZIB) verantwortlich. Das neu gegründete ZIB als von Bund und Ländern gemeinsam getragener Verbund der Technischen Universität München (TUM), des DIPF und des Leibniz-Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaften und der Mathematik an der Universität Kiel (IPN) wird zunächst bis Ende 2016 die Durchführung der PISA-Studien in Deutschland sowie daran angelehnte Forschung und wissenschaftliche Nachwuchsförderung übernehmen. Die mit der Gründung des ZIB erreichte Verstetigung der Durchführung der PISA-Studien soll dazu beitragen, ein hohes Qualitätsniveau für das von Bund und Ländern gemeinsam getragene international vergleichende Bildungsmonitoring zu sichern sowie die Bedeutung und Präsenz der deutschen Bildungsforschung im Kontext internationaler Bildungsvergleichsstudien zu verbessern.

Eine ausführliche Zusammenfassung der Ergebnisse und mehr Informationen finden Sie im Internet unter:
http://www.dipf.de und http://www.pisa.oecd.org.


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Quelle:
Pressemitteilung 215/2010 vom 07.12.2010
BMBF - Bundesministerium für Bildung und Forschung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Dezember 2010