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SCHULE/618: Deutsche Mathematiker-Vereinigung nimmt Stellung zu geplanter Schulreform in Hamburg (idw)


Deutsche Mathematiker-Vereinigung - 16.06.2010

DMV nimmt Stellung zu geplanter Schulreform in Hamburg


Das Land Hamburg plant, die Grundschulausbildung von 4 auf 6 Jahre zu verlängern. Die Deutsche Mathematiker-Vereinigung befürchtet, dass dafür viel zu wenig mathematisch qualifiziertes Lehrpersonal zur Verfügung steht und damit in vielen Fällen Mathematik fachfremd unterrichtet wird. Die Deutsche Mathematiker-Vereinigung fordert als Gegenmaßnahme, Primarschul-Lehrkräfte umfangreich mathematisch fortzubilden und die Lehrerausbildung entsprechend anzupassen.

Der Bildungsforscher Jürgen Baumert hat in seinen Untersuchungen gezeigt, dass sich die Mathematikleistungen der Schüler gerade in der Sekundarstufe in Deutschland mehr spreizen als anderswo. Eine gründlichere Ausbildung der Grund-, Haupt- und Realschullehrer in der Fachwissenschaft und auch der Fachdidaktik Mathematik könnte hier Abhilfe schaffen. Bislang wählen nur knapp 20 Prozent angehender Primarstufenlehrer in Hamburg das Fach Mathematik als Unterrichtsfach, obgleich sie Mathematik im schulischen Alltag unterrichten.

In dieser Situation beabsichtigt das Land Hamburg, die Jahrgangsstufen 5 und 6 in die Verantwortung der Grundschulen zu geben, ohne jedoch die Lehrerausbildung zu verändern. Mindestens die Hälfte des Mathematikunterrichts in den Jahrgangsstufen 5 und 6 wird dann von ehemaligen Grundstufenlehrern erteilt. Dadurch würde ein weiteres enormes Kontingent an fachfremd unterrichtetem Mathematikunterricht geschaffen. Dies ist ein sehr ernst zu nehmendes Problem.

Gerade in den Jahrgangsstufen 5 und 6 verlässt die Mathematik den engen arithmetischen Kontext und es müssen wichtige Grundbegriffe der Mathematik für den weiteren Unterricht vermittelt werden. Die Deutsche Mathematiker-Vereinigung (DMV) befürchtet, dass die notwendigen fachmathematischen Grundlagen nicht hinreichend solide gefestigt werden können. Die Konsequenz wird sein, dass sich die Studieneingangssituation aufgrund mangelnder Mathematikkenntnisse weiter verschlechtert und sich die zu Recht beklagte hohe Abbrecherquote in den MINT-Studienfächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) weiter vergrößert.

Die DMV fordert die Hamburger Behörde für Schule deshalb auf, ein bislang lediglich in Planung befindliches umfangreiches Fortbildungsprogramm für künftige Primarschullehrkräfte verbindlich zu machen und den Erfolg dieser Maßnahme zu evaluieren. Des Weiteren fordert die DMV die Hamburger Behörde für Schule auf, die Lehrerausbildung in der ersten und zweiten Ausbildungsphase anzupassen, um das fachmathematische Niveau Hamburger Schulabsolventen, insbesondere der Abiturienten in einem sechsstufigen Gymnasium (G6), halten zu können. Die DMV bietet der Hamburger Behörde für Schule bei Fortbildungsprogramm und Lehrerausbildung ihre Unterstützung an.

DMV-Stellungnahme 2/2010
(Kurzfassung; Langfassung auf www.dmv.mathematik.de)

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution1315


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Deutsche Mathematiker-Vereinigung, Thomas Vogt, 16.06.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Juni 2010