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FINANZEN/292: didacta 2009 - Private Spender für Hochschulen gesucht (DMAG)


Deutsche Messe AG
didacta - die Bildungsmesse (10. bis 14. Februar 2009)

Hochschulen: Private Spender gesucht

Interview mit Dr. Marita Haibach


Hannover. In Deutschland steckt das Hochschul-Fundraising noch in den Kinderschuhen. Gleichwohl, Interesse und Bedarf der Hochschulen am professionellen Einwerben von Spenden wachsen kontinuierlich und um die Erschließung dieser für die Hochschulen lukrativen Einnahmequellen kümmern sich längst auch professionelle Berater. Marita Haibach berät seit über zehn Jahren Hochschulen im deutschsprachigen Raum bei der Entwicklung von Fundraising-Strategien und dem Aufbau von Fundraising-Strukturen. 2008 erschien ihr Handbuch "Hochschul-Fundraising". Die Redaktion sprach mit ihr über die Probleme und die Erfolg versprechenden Koordinaten des Hochschul-Fundraisings.

Anders als in den USA ist in Deutschland das Bewusstsein tief verankert, dass Bildung - also auch Hochschulbildung - staatliche Aufgabe ist. Allerdings erhalten viele Hochschulen unterdessen mit den Studiengebühren private Gelder. Wird sich auch die Einstellung der Hochschulen und der Öffentlichkeit zum Fundraising in nächster Zukunft deutlich ändern?

Marita Haibach: Ich glaube, die Mehrheit stimmt damit überein, dass Bildung eine staatliche Aufgabe ist, und das ist ja auch richtig. Die Einstellung auf der Geberseite aber hat sich geändert, weil bestimmte Dinge auf der staatlichen Seite einfach nicht so gut machbar sind, etwa, wenn es darum geht, etwas Neues anzustoßen. Diese Einstellung, dass man im Hochschulbereich mit einem privaten Impuls eine Menge verändern kann, ist bei großen Spendern oder Philanthropen durchaus gang und gäbe.

Die Spender sind ja in der Regel Ehemalige einer Hochschule, also Alumni. Zahlt sich also Alumni-Arbeit aus?

Marita Haibach: Es gibt zwar immer mehr Hochschulen, die Alumniarbeit machen, aber wenn man diesen Bereich jahrzehntelang vernachlässigt hat, muss man ihn erst mühsam wieder aufbauen und kann dann auch die Ehemaligen nicht gleich mit einer Spendenbitte überfallen. Zur Alumniarbeit gehört aber auch, die jetzigen Studierenden von Anfang an emotional an die Hochschule zu binden. Und da tut sich etwas. Mittlerweile gibt es ja auch hier zu Lande wieder entsprechende Traditionen wie etwa die Absolventenfeiern an den Hochschulen.

Braucht man für professionelles und Erfolg versprechendes Fundraising Experten? Müssen die Universitäten also zunächst einmal Geld für neue Stelle ausgeben, um überhaupt welches einwerben zu können?

Marita Haibach: Um die kontinuierliche Betreuung der Spender zu garantieren und gleichzeitig weitere Projekte anzustoßen, brauchen Hochschulen einen Mitarbeiterstab. Eines der besten Beispiele ist die TU München. Dort hat man ein Büro mit sechs, sieben Leuten aufgebaut und so in den letzten Jahren rund 150 Millionen Euro eingeworben. Aber man braucht auch Geduld. Manche Hochschulen stellen einen einzigen Mitarbeiter ein, und der soll dann am besten über Nacht die Millionen herzaubern. Das geht natürlich nicht, weil erst einmal vieles eingefädelt werden muss. Fundraising ist auch Beziehungsarbeit. Und dann muss die Hochschule sich auch aufstellen: Was macht eigentlich diese Uni besonders gut, wie unterscheidet sie sich von anderen? Das konnten Unis in der Vergangenheit gar nicht. Sie müssen Förderprojekte definieren, die motivierend auf private Förderer wirken. Das alles kann locker ein halbes Jahr oder länger dauern und da reißt so manchem schon der Geduldsfaden.

Gibt es überhaupt ausgebildete Fundraiser?

Marita Haibach: Es gibt ja die Fundraising Akademie in Frankfurt mit regelmäßigen Fortbildungskursen, allerdings ist das nicht auf den spezifischen Hochschulbereich zugeschnitten. Es gibt derzeit noch nicht genügend qualifizierte und langjährig erfahrene Hochschul-Fundraiser. Das wird sich aber sicherlich in ein paar Jahren ändern.

Wer sind die interessantesten Förderer: Unternehmen, Privatpersonen, Stiftungen oder Alumni?

Marita Haibach: Was ich im Moment besonders interessant finde, sind die vermögenden Individuen, da gibt es auch gute Beispiele, denken Sie nur an Hasso Plattner, der das Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik an der Universität Potsdam gegründet hat, oder Klaus Jacobs, der die International University Bremen mit 200 Millionen Euro unterstützt hat. Menschen, die selbst Unternehmen aufgebaut oder weitergeführt haben, besitzen unternehmerisches Denken und wollen offenkundig mit ihrem Vermögen etwas bewirken. Dabei legen sie großen Wert gerade auf die Förderung von Wissenschaft und Lehre.

Und was sind deren Beweggründe?

Marita Haibach: Meist ist es eine Mischung verschiedener Beweggründe: etwas Gutes zu tun, zurückzugeben und Dankbarkeit. Aber auch - und das finde ich legitim - sich ein gewisses Denkmal zu setzen. Die International University Bremen, die nun den Namen Jacobs University trägt, ist nicht das einzige Beispiel dafür, dass Menschen mit ihrem Vermögen in den Hochschulen an der Zukunft mitgestalten wollen. Es ist sehr wichtig für diese Gruppe, wenn mit ihrer Hilfe ein Lehrstuhl oder ein Institut oder ein Gebäude finanziert wird.

Gauben Sie, dass die Hochschulen in Deutschland zukünftig deutlich mehr Geld einwerben werden? Und was könnte diesen Prozess beschleunigen?

Marita Haibach: Im vergangenen Jahr hat eine Expertengruppe im Auftrag der EUGeneraldirektion für Forschung Verfahren des Hochschul-Fundraisings untersucht und Vorschläge erarbeitet. Dazu zählten in erster Linie die Einrichtung eines Fundraising-Büros und Veränderungen in den Rollen der Führungspositionen, denn Fundraising ist Führungsaufgabe. Außerdem wurden Modelle empfohlen, wie das der matching funds in Großbritannien. Dort hat der Staat die Hälfte der Mittel zugeschossen, wenn die Hochschulen Stellen für das Fundraising eingerichtet haben. Ähnliche Beispiele gibt es aber auch aus Deutschland. So hat das Land Hessen noch einmal denselben Betrag oben draufgelegt, als die Universität Frankfurt eine große Erbschaft bekommen hat. Und die Volkswagen-Stiftung hat eine Zeit lang an den Stiftungshochschulen in Niedersachsen Personal für das systematische Spendensammeln finanziert. Was also das Hochschul-Fundraising angeht: Ich bin da auf alle Fälle optimistisch, trotz Finanzkrise.

Dazu auf der didacta:

Am Hochschultag auf der didacta am Mittwoch, 11. Februar, von 10 bis 16 Uhr, diskutieren namhafte Vertreter aus Bildungspraxis, Wissenschaft, Politik und Wirtschaft zum Thema "Hochschulen mit Profil" in Halle 14, Stand H77. Eröffnet wird der Hochschultag von der Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz, Prof. Dr. Margret Wintermantel. Die anschließende Podiumsdiskussion mit Prof. Dr. Margret Wintermantel, Prof. Dr. Hendrik Birus, Vizepräsident der Jacobs Universität Bremen, Prof. Dr. med. Dieter Bitter-Suermann, Präsident der Medizinischen Hochschule Hannover und Prof. Dr. Sabine Remdisch, Vizepräsidentin für lebenslanges Lernen an der Leuphana Universität Lüneburg wird von Martin Spiewak, DIE ZEI, moderiert. Danach referiert der niedersächsische Wissenschaftsminister Lutz Stratmann. Um "Hochschulmarketing, Sponsoring, Fundraising - Strategien zur Entwicklung einer Corporate Identity, Instrumente und Praxisbeispiele" geht es dann in der Podiumsdiskussion von 14 bis 16 Uhr mit Prof. Dr. Michael Bernecker, Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Marketing, Köln, Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Heribert Meffert, em. Direktor des Instituts für Marketing, Universität Münster, Barbara Waldkirch, Verlegerin der Waldkirch KG und Vizepräsidentin der örtlichen IHK, Mannheim und Nicola Wessinghage, Geschäftsführerin von "Mann beißt Hund" - Agentur für Kommunikation GmbH, Hamburg. Moderation: Marion Schmidt, Financial Times Deutschland.

Im Hochschulforum, Halle 14, Stand G 82, präsentieren sich verschiedene Hochschulen und laden zu Informationsveranstaltungen und Diskussionen ein.


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 038/2009 vom 26. Januar 2009
Herausgeber:
Deutsche Messe AG, Hannover
Messegelände · D-30521 Hannover
Tel.: (0511) 89-0 · Fax (0511) 89-366 94
Internet: http://www.messe.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Januar 2009