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USA/373: Kongress stärkt Umwelt- und Menschenrechte im Rahmen der Entwicklungsfinanzierung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 29. Januar 2014

USA: Kongress stärkt Umwelt- und Menschenrechte im Rahmen der Entwicklungsfinanzierung

von Carey L. Biron


Washington, 29. Januar (IPS) - Bei ihrer bi- und multilateralen Entwicklungsfinanzierung werden die USA künftig höhere Umwelt- und Menschenrechtsmaßstäbe anlegen. Die neuen Bestimmungen sind im Gesetz vom 17. Januar festgeschrieben, das den US-Haushalt bis Ende des Jahres sichert. Aktivisten würdigen den Vorstoß der Legislative als wichtigen Schritt, die US-Entwicklungs- und Menschenrechtspolitik zu harmonisieren.

Die neuen Bestimmungen verpflichten die Regierung in Washington dazu, gegen die multilaterale Finanzierung großer Wasserkraftwerke in Entwicklungsländern zu stimmen. Ferner müssen die Vereinigten Staaten in Fällen, in denen die multilaterale Entwicklungszusammenarbeit zu Menschenrechtsverstößen führte, für Entschädigungen eintreten. Darüber hinaus dürfen die USA keine bilaterale Hilfe leisten, wenn die Mittel Menschenrechtsverstöße begünstigen oder zur Finanzierung von Aktivitäten der Bergbau- und Holzindustrie in tropischen Urwäldern führen würden.

"Der US-Kongress hat einen wichtigen Schritt getan, um die Kluft zwischen der US-Entwicklungsfinanzierung und der US-Menschenrechtspolitik zu schließen", begrüßte Jessica Evans von 'Human Rights Watch' die neuen Spielregeln.

Die Auflagen, die maßgeblich von Senator Patrick Leahy vorangebracht worden waren, werden nicht nur Auswirkungen auf die Arbeit US-amerikanischer Entwicklungsbehörden wie USAID haben. Auch die Vorhaben multilateraler Entwicklungsorganisationen wie der Weltbank sind betroffen, wenn es beispielsweise um die Finanzierung von mehr als 15 Meter hohen Staudämmen geht. Seit Jahrzehnten haben Entwicklungsexperten auf die negativen Folgen riesiger Wasserkraftwerke für lokale Gemeinschaften und Ökosysteme hingewiesen.

Dennoch hat die Weltbank unlängst eine neue institutionelle Strategie vorgestellt, in der Dämme eine besondere Rolle spielen sollen. Diese Strategie könnte allerdings mit den Leahy-Auflagen kollidieren.


"Botschaft ist eindeutig"

"Ich gratuliere dem US-Kongress dazu, dass er das US-Finanzministerium angewiesen hat, sich der Finanzierung großer Dammprojekte durch Weltbank und andere Finanzorganisationen zu widersetzen", kommentierte Deborah Moore, Vorstandsvorsitzende der globalen Umweltorganisation 'International Rivers'. "Ich denke, die Botschaft ist eindeutig: Es gibt nachhaltigere und preiswertere Möglichkeiten, um den Strombedarf der Gemeinschaften zu decken."

Moore betonte ferner, dass das neue Gesetz die USA auch dazu nötigt, sich laufenden und geplanten Wasserkraftwerken an den Flüssen Indus und Kongo und in Guyana, Laos und Togo zu widersetzen. Auch müssten die USA multilaterale Finanzorganisationen und insbesondere die Weltbank zur Einführung neuer externer Kontroll- und Bewertungsmechanismen drängen.

Wie aus einer Stellungnahme der Weltbank zu entnehmen ist, wird die internationale Finanzorganisation die Reichweite der neuen US-Bestimmungen prüfen. Immerhin könnten die Regelungen den Finanzierungswünschen der Bretton-Woods-Organisation enge Grenzen setzen. Schließlich gehören die USA zu den wichtigsten Beitragszahlern der Bank.

Die Leahy-Auflagen zwingen die USA auch mit Blick auf schwebende oder laufende Projektverfahren in Kambodscha, Laos und Guatemala, die gegen Menschenrechte verstoßen, zum Handeln. 2010 waren Familien im Norden der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh widerrechtlich von ihrem Land vertrieben worden. Sie mussten Platz für ein großes Entwicklungsprojekt zu machen, durch das auch der Boeung-Kak-See zugeschüttet wurde. Die Zwangsvertreibungen verstießen gegen die Standards der Weltbank, einem Gläubiger Kambodschas.

In Guatemala mussten Anfang der 1980er Jahre 3.500 Indigene einem riesigen Wasserkraftwerk am Chixoy-Fluss weichen. Es kam zu Spannungen, die wiederum zu Massakern an 400 Menschen führten. Das Projekt war auch mit Weltbankgeldern finanziert worden.

Nach dem neuen Gesetz ist die Weltbank (und im Fall des Chixoy-Damms die Interamerikanische Entwicklungsbank) dazu verpflichtet, den USA in regelmäßigen Abständen über die Fortschritte bei den Entschädigungszahlungen und über die Lage vor Ort zu berichten.


"Das Gefühl, nicht mehr allein zu sein"

"Seit 1995 kämpfen wir um Entschädigungen und haben heute diese grandiose Neuigkeit erfahren", kommentierte Carlos Chen Osorio, Leiter der Koordinationsstelle für die von dem Chixoy-Wasserkraftwerk betroffenen Gemeinschaften, die Leahy-Auflagen. "Wir haben das Gefühl, nicht mehr allein zu sein, und sind all jenen, die an der Novelle mitgewirkt haben, sehr dankbar."

Im Fall Äthiopien sind die USA direkt in die Kritik geraten, ein Entwicklungsprojekt unterstützt zu haben, das die Zwangsumsiedlung von Hirten in den Regionen Unterer Omo und Gambella zur Folge hatte. Nach den neuen US-Entwicklungsstrategien ist es den US-Behörden untersagt, Vertreibungen direkt und indirekt finanziell zu finanzieren.

"Wir konnten beobachten, dass Geberorganisationen wie USAID über schwere Menschenrechtsverbrechen in diesen Ländern einfach hinweggesehen haben", berichtete Anuradha Mittal, Geschäftsführerin des 'Oakland Institute', das bereits mehrere Untersuchungen zu den Zwangsvertreibungen vorgenommen hat.

"Es ist wirklich eine ungeheure Erleichterung, dass der US-Kongress endlich anerkennt, dass die Berichte über Vertreibungen keine bloßen Gerüchte sind", sagte sie. "Doch jetzt, wo endlich ein Standpunkt bezogen wurde, müssen wir sicherstellen, dass wir es hier nicht mit einem Papiertiger zu tun haben, sondern mit einem wirksamen Instrument." (Ende/IPS/kb/2014)


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http://www.ipsnews.net/2014/01/u-s-tightens-development-safeguards/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Januar 2014