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USA/359: USA - Exilkubaner für Obama, mehr Handlungsspielraum im Umgang mit Kuba erwartet (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 12. November 2012

USA: Exilkubaner für Obama - Mehr Handlungsspielraum im Umgang mit Kuba erwartet

von Jim Lobe



Washington, 12. November (IPS) - Bei den jüngsten Wahlen in den USA haben erstmals in den letzten 50 Jahren die Exil-Kubaner in Florida mehrheitlich für einen demokratischen Kandidaten gestimmt. Experten führen die Entwicklung auf einen Generationswechsel in der 'Community' zurück, der zu einer neuen Haltung gegenüber Kuba führen könnte.

"Das bedeutet, dass diese Regierung nun mehr Handlungsspielraum in der Kuba-Politik haben wird", meint Geoffrey Thale, Kuba-Experte des unabhängigen 'Washington Office on Latin America' (WOLA). Jahrzehntelang sei die Politik der USA weit mehr durch die Wähler in Florida als durch außenpolitische Erwägungen bestimmt worden. Thale ist der Ansicht, dass die Obama-Regierung in ihren politischen Entscheidungen nun flexibler agieren kann.

Die 'Cuban Americans' waren in den vergangenen 50 Jahren eigentlich immer eine sichere Bank für die Republikaner gewesen, und zwar gerade in dem 'Swing State' Florida, wo die meisten von ihnen leben. Dieses Mal haben sie jedoch mehrheitlich den demokratischen Amtsinhaber Barack Obama unterstützt.

Thale geht allerdings nicht davon aus, dass Obama größere neue Schritte vollziehen wird, um die Beziehungen zu Kuba zu verbessern, solange sich Alan Gross im Gefängnis befindet. Gross, der als Subkontraktor für die US-Entwicklungsbehörde USAID in Kuba tätig war, wurde 2009 in Havanna festgenommen und im März 2011 zu 15 Jahren Haft verurteilt, weil er Havanna zufolge Informationsmaterial an die Bevölkerung verteilt habe und somit "gegen die Unabhängigkeit und Integrität des nationalen Territoriums" vorgegangen sei.


Generationswechsel

Die größte Gruppe der Latino-Wähler in Florida ist kubanischer Herkunft. Sie stellen ein Drittel aller Menschen mit lateinamerikanischen Wurzeln in dem Bundessstaat. Dass sie mehrheitlich Obama ihre Stimme gaben, "ist ein Generationsphänomen", wie Michael Shifter, der Vorsitzende der Denkfabrik 'Inter-American Dialogue' (IAD) in Washington, erklärt. "Es zeigt, dass sich die alte Generation verabschiedet und neue Einstellungen akzeptiert werden."

"Junge US-Kubaner sind offener gegenüber Kuba. Für sie sind auch andere Themen wichtig, aus denen Obama Kapital schlagen könnte", so Shifter. Obama habe bereits Beschränkungen für Reisen und Geldanweisungen gelockert, die während der Amtszeit seines Vorgängers George W. Bush eingeführt worden waren.

"Die kubanisch-amerikanische Community verändert sich", meint auch Wayne Smith, der frühere Chef der US-Interessenvertretung in Havanna, der aus Protest gegen die Hardliner-Strategien des damaligen Präsidenten Ronald Reagan von seinem Amt zurückgetreten war. Seit nunmehr drei Jahrzehnten setzt er sich dafür ein, den bilateralen Austausch in Bildung und Wissenschaft voranzutreiben. "Je jünger die Community ist und je neuer die Einwanderer, umso schwieriger wird es für die alten Hardliner, die Kontrolle aufrecht zu erhalten."

Noch 1988 hatten 85 Prozent der Exilkubaner in Florida für den Kandidaten der Republikaner, George W. Bush, gestimmt. Der Demokrat Bill Clinton erzielte 1996 in dieser Wählergruppe einen Spitzenwert von 35 Prozent. In der Folge lockerte er die Regelungen für Reisen und Geldüberweisungen nach Kuba. Er bohrte außerdem ein großes Loch in das US-Embargo, indem er erstmals Exporte von Agrargütern in den Inselstaat gestattete.

Im Jahr 2000 erhielt der demokratische Vizepräsident Al Gore, der für das höchste Staatsamt kandidierte, allerdings nur 25 Prozent der Stimmen der US-Kubaner in Florida, während George W. Bush 75 Prozent für sich verbuchen konnte. Acht Jahre später kam Obama zu einem ähnlichen Ergebnis wie seinerzeit Clinton. In diesem Jahr hat der Stimmenanteil für die Demokraten mit 48 bis 49 Prozent alle Prognosen übertroffen.

Zwar haben einige 'Falken', die als erklärte Anti-Castro-Gegner gelten, ihre Mandate im Repräsentantenhaus verteidigt. Zu ihnen gehören die Republikaner Ileana Ros-Lehtinen und Mario Diaz Balart. Zugleich gelang es aber dem Demokraten Joe García, den radikalen Republikaner David Rivera zu schlagen. García ist somit der erste US-Kubaner aus den Reihen der Demokraten, der sich im Parlament explizit für bessere Beziehungen zu Havanna einsetzt.


Hardliner nach wie vor vorhanden

Kuba hat in der US-Außenpolitik allerdings nicht die prioritäre Stellung anderer Weltregionen wie der Nahe Osten und Asien. Noch dazu können die in Senat und Abgeordnetenhaus vertretenen Hardliner Hebel in Bewegung setzen, um Obamas Spielraum in der Kuba-Politik einzuengen. Zu ihnen gehört vor allem der Demokrat Robert Menendez aus New Jersey, der Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Senat werden könnte, sollte John Kerry das Amt des Außenministers übernehmen.

Dennoch dürften die immer lauteren Forderungen der lateinamerikanischen Staaten nach einer Aufhebung des Embargos bei Obama nicht ganz auf taube Ohren stoßen. Zudem übernimmt Kuba in der Gemeinschaft Lateinamerikanischer und Karibischer Staaten (CELAC) für die kommenden zwei Jahre den Vorsitz. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

http://www.wola.org/
http://www.celac.gob.ve/
http://www.ipsnews.net/2012/11/obamas-historic-cuban-american-vote-opens-window-for-change/

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. November 2012