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RUSSLAND/143: Wahlprogramm des KPRF-Kandidaten zur Präsidentenwahl (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 5 vom 3. Februar 2012
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

Wahlprogramm des KPRF-Kandidaten zur Präsidentenwahl
Sjuganow will Energiekomplex und Banken nationalisieren

von Willi Gerns


Am 16. Januar wurde auf der Internetseite der KPRF das Wahlprogramm Gennadi Sjuganows, des Kandidaten der Partei zu den Präsidentenwahlen am 4. März veröffentlicht. Darin wird einleitend festgestellt: "In den letzten 20 Jahren hat Russland gewaltige Verluste erlitten. Das Land stirbt aus. Es gibt keine Region ohne verlassene Dörfer. Keine Stadt ohne zugrunde gerichtete Fabriken. Das Lebensniveau der Mehrheit der Bevölkerung sinkt. Das Zurückbleiben in wissenschaftlich-technischer Hinsicht hat bedrohliche Ausmaße angenommen. Einzigartige Möglichkeiten sind ungenutzt geblieben. Wir stehen vor der Aufgabe eines raschen Aufstiegs oder wir bleiben am Boden. Die Zeit fordert sofortige Veränderungen." Für diese Veränderungen hat der kommunistische Präsidentschaftskandidat ein umfangreiches, detailliertes und durch konkrete Termine für die Umsetzung der vorgesehenen Maßnahmen abrechenbares Programm vorgelegt. Im Rahmen des nachfolgenden Beitrages sind wir gezwungen, uns auf die Schwerpunkte des Programms zu beschränken, ohne in die Details zu gehen.


Politisches System, Außen- und Verteidigungspolitik

Sjuganow versichert den russischen Wählerinnen und Wählern, dass er im Falle seiner Wahl eine Regierung des Volksvertrauens bilden werde, der Vertreter verschiedener Parteien und Parteilose angehören. Ohne Verzögerung würden die Rechtsorgane beauftragt, alle Wahlfälschungen zu untersuchen. Für den 1. Dezember 2012 würden Neuwahlen zur Staatsduma angesetzt. Die Wahlkommissionen sollen aus den in Russland tätigen Parteien formiert werden und es werde Fernsehdebatten der Vertreter der politischen Parteien und Präsidentschaftskandidaten geben. Die Strafen für Wahlfälschungen sollen verschärft werden. Der Kandidat tritt dafür ein, die Kontrollfunktionen des Parlaments zu erweitern, die Amtsperiode des Präsidenten auf fünf Jahre zu verringern. Dieselbe Person soll künftig nur insgesamt zwei Perioden das Amt des Präsidenten bekleiden dürfen.

Zu den Neuerungen sollen weiter die Direktwahl der Gouverneure, eine spezielle Antikorruptionsgesetzgebung, ein Gesetz über Referenden, ein einheitliches System der örtlichen Räte und der Finanzierung der örtlichen Selbstverwaltung, die Wahl der Richter durch die Bevölkerung auf der Ebene der Städte und Kreise sowie die Möglichkeit zur Kontrolle der Machtorgane durch gesellschaftliche Organisationen gehören.

Um die Sicherheit Russlands zu gewährleisten, sollen die Anstrengungen der neuen Regierung gerichtet sein: erstens auf gerechte Beziehungen in der Welt, darauf, die Zahl der Verbündeten und Partner Russlands zu erweitern und die Rolle der UNO zu erhöhen, auf eine multipolare Welt und die Begrenzung des Einflusses der NATO; zweitens auf eine neue Union brüderlicher Völker, d.h. auf die Annäherung der Länder, die zum Bestand der UdSSR gehörten, auf die Formierung eines einheitlichen Wirtschaftsraumes Russland, Belarus, Ukraine und Kasachstan und auf einen stabilen Unionsstaat Russland - Belarus; drittens auf die Erneuerung und Stärkung der Streitkräfte und die Verteidigungsindustrie.


Wirtschafts- und Sozialpolitik

Mit dem Ziel, die verheerenden Folgen der "Reformen" Jelzins sowie die anhaltende wirtschaftliche Misere unter der Präsidentschaft Putins und Medwedjews zu überwinden und Russland auf den Weg einer modernen wirtschaftlichen Entwicklung zu führen, sollen vorrangig folgende Aufgaben in Angriff genommen werden: Die Stärkung des Volkseigentums an den natürlichen Ressourcen durch Veränderungen der Gesetzgebung über Boden, Wälder, Wasserreservoirs und die Bodenschätze. Zudem werden der Erdöl-Gas-Komplex, das Bankwesen, die Energiewirtschaft, der Flugzeugbau und die Eisenbahnen nationalisiert. Das verschafft dem Staat enorme Finanzmittel, die für den Wiederaufbau der Wirtschaft und zur Lösung sozialer Probleme eingesetzt werden können. Denjenigen, die in den 90er Jahren Volkseigentum in Besitz genommen, aber dann in die Entwicklung der Produktion investiert haben, werden Kompensationen angeboten.

Die staatliche Budget-, Finanz- und Steuerpolitik soll von Grund auf geändert und darauf ausgerichtet werden, eine neue Industrialisierung auf der Basis der modernsten Errungenschaften von Wissenschaft und Technik voranzutreiben, die Wiedergeburt des russischen Dorfes zu fördern und den wissenschaftlichen Fortschritt zu beschleunigen. Dazu sollen auch Steuersenkungen für den realen Sektor der Wirtschaft und dabei insbesondere für die Herstellung konkurrenzfähiger Produkte und Forschungen gehören. Eine progressive Einkommenssteuer und die Befreiung der niedrigen Einkommensgruppen von dieser Steuer sind vorgesehen.


Sozial- und Kulturpolitik

Umfangreiche Maßnahmen sind vorgesehen um anstelle des "sozialen Dschungels" eine Gesellschaft sozialer Gerechtigkeit aufzubauen. Dazu gehört ein neues Arbeitsgesetzbuch, das den Lohn- und Gehaltsabhängigen würdige Einkommens- und Arbeitsbedingungen, das Recht auf Erholung und Gesundheit, auf die Erhöhung ihres Bildungs- und Kulturniveaus garantiert. Das Netz sozialer Einrichtungen soll ausgebaut, die Familien, die Jugend und die Rentner unterstützt werden. Besondere Anstrengungen gelten dabei der Lösung der Probleme im Wohnungswesen und der Senkung der Tarife für kommunale Dienstleistungen sowie dem Gesundheitswesen. Eine qualifizierte Bildung und die Teilnahme am kulturellen Leben sollen wieder für alle zugänglich sein.


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Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 44. Jahrgang, Nr. 5 vom 3. Februar 2012, Seite 11
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Februar 2012