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OZEANIEN/025: Papua-Neuguinea - Klage gegen australisches Migrantenhaftzentrum in Manus (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 30. Januar 2013

Papua-Neuguinea:
Klage gegen australisches Migrantenhaftzentrum in Manus

von Catherine Wilson



Sydney, 30. Januar (IPS) - Australien betreibt in Papua-Neuguinea ein Haftzentrum für Asylanten. Ein papuanischer Oppositionspolitiker will die umstrittene Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern nun rechtlich unterbinden lassen. Die Regelung sei illegal und die Situation der Häftlinge vor Ort unmenschlich, begründet er seine Klage.

Nach einem entsprechenden Abkommen zwischen beiden Staaten hatte Australien die Einrichtung im November letzten Jahres wieder geöffnet. Die als 'Pazifische Lösung' bekannte Politik, Bootsflüchtlinge in Haftzentren außerhalb der eigenen Landesgrenzen bis zur Klärung ihres Status festzuhalten, hat bereits international für Empörung gesorgt. Ein weiteres australisches Lager existiert auf Nauru.

Dem Oppositionsführer Belden Namah zufolge verstößt das Haftzentrum auf dem Marinestützpunkt Lombrum auf der Insel Los Negros nahe der Hauptinsel Manus in der gleichnamigen Provinz gegen Artikel 42 der papuanischen Verfassung. Darin heißt es, dass Menschen, die sich keines Verbrechens schuldig gemacht haben, nicht auf unbefristete Zeit festgehalten werden dürfen. Das Abkommen mit Australien ist für die Provinzregierung mit einer finanziellen Zuwendung in Höhe von acht Millionen US-Dollar verbunden.

"Wir sprechen der Regierung von Papua-Neuguinea das Recht ab, Menschen aufzunehmen, die in Australien einen Flüchtlingsstatus beantragt haben, und diese auf unbefristete Zeit unter unmenschlichen Bedingungen festzuhalten", betonte Namah in einem öffentlichen Statement. "Wir werden mit einstweiligen Verfügungen die Freilassung der Gefangenen erzwingen und die Regierung davon abhalten, weitere, aus Australien kommende Asylsuchende aufzunehmen oder einzusperren."


Zum Rechtsbruch verführt

Ian Rintoul vom australischen Migrantenhilfswerk 'Refugee Action Coalition' (RAC) würdigte die Offensive als einen "Schritt nach vorn für die Menschenrechte in Papua-Neuguinea und Australien". Sie sei auch im Licht der Tatsache, dass die australische Regierung Papua-Neuguinea und Nauru in eine Situation bringen könnte, in der sie gegen die Genfer Flüchtlingskonvention verstießen, von großer Bedeutung. Papua-Neuguinea ist Vertragsstaat der Übereinkunft von 1951.

Auch Graham Thom, Sprecher der Australien-Sektion von 'Amnesty International', begrüßte die Initiative Namahs, vor allem weil sie ein Schlaglicht auf die miserable Menschenrechtslage in den Haftzentren werfe. "Die australische Regierung ist hauptsächlich für die dort untergebrachten Asylsuchenden verantwortlich, Papua-Neuguinea trägt die Verantwortung dafür, wie die Menschen behandelt werden", erläuterte er.

Die australische Einwanderungsbehörde verweigert bisher jeden Kommentar zu der Namah-Initiative.

Die Zahl der Menschen, die auf dem 'Fünften Kontinent' um Asyl ansuchen, ist verhältnismäßig klein. 2011 bemühten sich 11.488 Menschen um einen Flüchtlingsstatus. In Südeuropa waren es 66.800 und in den Vereinigten Staaten sogar 74.000. In der ersten Hälfte des Jahres 2012 wurden in Australien 7.879, in Deutschland 22.477 und in Frankreich 25.361 Asylanträge eingereicht.

Seit 1992 ist die Inhaftierung von Migranten in Australien Pflicht. Die Regierung beruft sich auf ein Gesetz von 1958, das die Festnahme von Nicht-Bürgern ohne Einwanderungsstatus vorsieht. Insgesamt wurden im letzten Jahr 7.633 Menschen weggesperrt, von denen die meisten am Ende als Flüchtlinge anerkannt wurden.

Das Haftzentrum in Manus war erstmals von 2001 bis 2004 unter der Regierung des liberalen australischen Ministerpräsidenten John Howard geöffnet worden. Die derzeitige Labor-Regierung hatte die Praxis der Zwangshaft von Asylsuchenden im letzten Jahr nach einer Aussetzung wieder eingeführt.

Australien argumentiert, dass die Inhaftierung in Offshore-Zentren viele Asylsuchende davon abhalten wird, sich Menschenhändlern anzuschließen und die gefährliche Reise übers Meer zu wagen. Doch im letzten Jahr erreichten 259 Boote mit Asylsuchenden an Bord die australischen Gewässer. Das waren 69 mehr als 2011.

Die Regierung preist die Gefangenenlager auf den Pazifikinseln als Zeugnisse einer "nachhaltigen und effektiven regionalen Zusammenarbeit" an. Doch das UN-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) vertritt die Position, dass Festnahmen zur Bestrafung illegaler Einwanderung und/oder zur Abschreckung von Asylsuchenden gegen internationale Menschenrechtsabkommen verstoßen. Es verweigert deshalb jede Beteiligung an dem Offshore-Programm.


Leben in tür- und fensterlosen Containern

Derzeit sind 238 Männer, Frauen und Kinder aus Afghanistan, Pakistan, dem Irak, aus Sri Lanka und dem Iran auf Los Negros inhaftiert. Fotos zeigen Menschen, die hinter Hochsicherheitszäunen in Containern ohne Fenster und Türen bei Temperaturen von bis zu 34 Grad Celsius und einer Luftfeuchtigkeit von 95 Prozent ohne Schutz vor Malariainfektionen schmoren. Der australischen Einwanderungsbehörde zufolge entsprechen die Unterbringungsmodalitäten lokalen Standards.

In diesem Monat berichtete die RAC über einen Hungerstreik sowie mehrere Selbstmord- und Fluchtversuche im Haftlager von Manus. Die Zahl der Suizidversuche von Männern und Frauen in den Offshore-Lagern ist 41 beziehungsweise 26 Mal höher als im nationalen Durchschnitt, wie der Australische Rat für mentale Gesundheit mitteilte.

Amnesty International hat angekündigt, das Zentrum in Manus im März einer Untersuchung zu unterziehen, um zu überprüfen, inwieweit sich Australien an internationales humanitäres Recht halte. Bei einem Besuch des Haftzentrums auf Nauru hatte sich die Gefangenenhilfsorganisation besorgt über die illegalen Festnahmen, die Unmenschlichkeit der Haftbedingungen und die schlechte sanitäre Versorgung geäußert.

Die australische Regierung hat mitgeteilt, dass in den letzten fünf Monaten 213 Srilanker, vier Iraker und zwei Iraner, die nach Nauru gebracht werden sollten, "freiwillig" in ihre Herkunftsländer zurückgekehrt seien. (Ende/IPS/kb/2013)


Links:

http://www.refugeeaction.org.au/
http://www.ipsnews.net/2013/01/australian-boot-to-asylum-seekers-challenged/

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IPS-Tagesdienst vom 30. Januar 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Februar 2013