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NAHOST/898: Palästinenser durch US-Waffen getötet - Kampagne hinterfragt US-Militärhilfe an Israel (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 15. März 2012

Nahost: Palästinenser durch US-Waffen getötet - Kampagne hinterfragt US-Militärhilfe an Israel

von David Elkins

Die Wunden von Überlebenden israelischer Angriffe auf den Gazastreifen sind noch nicht verheilt - Bild: © Eva Bartlett/IPS

Die Wunden von Überlebenden israelischer Angriffe
auf den Gazastreifen sind noch nicht verheilt
Bild: © Eva Bartlett/IPS

Washington, 15. März (IPS) - In den USA hat eine Allianz aus 380 Organisationen die Regierung aufgefordert, die Militärhilfe für Israel zu überdenken. Wie aus einer neuen Veröffentlichung der Kampagne zur Beendigung der israelischen Besatzung hervorgeht, lieferten die USA von 2000 bis 2009 mehr als 670 Millionen Rüstungsgüter inklusive Munition an Israel. Im gleichen Zeitraum "tötete Israel mindestens 2.969 unbewaffnete Palästinenser, darunter 1.128 Kinder".

"Die US-Militärhilfe an Israel ist eine Politik, die auf Autopilot läuft und überdacht werden muss", sagte Josh Ruebner, der Kampagnenleiter und Autor des Papiers. "Waffen, die auf Kosten der Steuerzahler an Israel geliefert werden, machen Washington zum Komplizen der Menschenrechtsverletzungen Israels gegen Palästinenser, die seit 44 Jahren unter der militärischen Besatzung des Westjordanlandes, Ost-Jerusalems und des Gaza-Streifens leben." Diese Lieferungen konterkarierten die Zielsetzungen der US-Außenpolitik, den israelischen Siedlungsbau zu stoppen, die Besatzung zu beenden und einen gerechten und dauerhaften israelisch-palästinensischen Frieden zu etablieren.

Ruebner zufolge verstoßen die Waffenlieferungen an Israel oftmals gegen das US-Gesetz zur Auslandshilfe und Waffenexportkontrolle. Das 1961 in Kraft getretene Gesetz sieht vor, dass "keinem Land, dessen Regierung kontinuierlich gravierende Verstöße gegen international anerkannte Menschenrechte verübt, Sicherheitshilfe geleistet werden darf".

Der Bericht räumt ein, dass zwar mehrere US-Regierungen die Finanzhilfen an solche Staaten einschließlich Israel sanktioniert oder zurückgehalten haben. Gleichzeitig jedoch stießen offizielle Nachforschungen über die Militärhilfe an Israel seit Jahrzehnten auf zunehmenden Widerstand innerhalb und außerhalb der US-Regierung.


Tote durch Tränengas und Gummigeschosse

Obwohl teure Panzer und Flugzeuge größtenteils Gegenstand der Kaufverträge zwischen der israelischen Regierung und den USA sind, geht die größte Gefahr für Palästinenser von Kleinwaffen aus. Dem Bericht zufolge setzen die israelischen Streitkräfte Tränengas und Gummigeschosse ein, die in den USA fabriziert wurden. Viele Todesfälle in den Palästinensergebieten werden damit in Verbindung gebracht.

"Zwischen 2000 und 2009 hat das State Department - mit den Geldern US-amerikanischer Steuerzahler - mehr als 595.000 Tränengaskanister und andere Rüstungsgüter zur Niederschlagung von Protesten an das israelische Militär verkauft. Der Wert überstieg 20,5 Millionen Dollar", heißt es in dem Bericht.

In einer Absichtserklärung hätten die USA Israel im Jahr 2007 30 Milliarden Dollar Militärhilfe für den Zeitraum 2009 bis 2018 zugesagt. Das bedeutet einen 25-prozentigen Anstieg der durchschnittlichen jährlichen Militärhilfe im Vergleich zu den vorherigen Jahren. Im Fiskaljahr 2012 wird Israel von den USA mit etwa 3,1 Milliarden Dollar militärisch unterstützt.

Wie Ruebner unlängst auf einer Konferenz in Washington erklärte, führten die USA nicht nur ihr Versprechen für den allgemeinen Schutz der Menschenrechte ad absurdum. Die Militärhilfe an Israel laufe zudem den strategischen Interessen Washingtons im Nahen Osten zuwider. Abgesehen davon, dass dadurch ein großer Teil der in den USA selbst benötigten Steuergelder verloren gehe, gefährde die US-Militärhilfe den US-Wunsch nach einer Zwei-Staaten-Lösung für Israel und Palästina und trage zu einer Verlängerung der israelischen Besetzung der Palästinensergebiete bei.


Sozialinvestitionen statt Militärhilfe

Der Report beruft sich auf Angaben des US-Zensusbüros, um die US-Militärhilfe in einem weitergefassten Zusammenhang darzustellen. "Mit der gleichen Menge Geld, die die USA jedes Jahr zur Finanzierung von Waffen für Israel ausgibt, könnte die Regierung in Washington Wohnungsbeihilfen für 350.000 sozial schwache Familien bezahlen", heißt es in dem Bericht. Alternativ könnten rund 500.000 Arbeitslose für 'grüne' Jobs ausgebildet, Lesekurse für 900.000 schwache Schüler durchgeführt sowie etwa 24 Millionen Menschen ohne Gesundheitsversicherung mit einer Basisversorgung ausgestattet werden.

Die US-Militärhilfe an Israel werde zunehmend zu einem politischen, ökonomischen und strategischen Problem, so Ruebner. Zeitgleich mit der Vorstellung des Papiers der Organisation hielt die Lobbygruppe 'American Israel Public Affairs Committee' in Washington ihr Jahrestreffen ab, auf dem auch Präsident Barack Obama auftrat. Verteidigungsminister Leon Panetta bekräftigte das Eintreten des Landes für die Sicherheitsinteressen Israels. Inbegriffen ist die Finanzierung eines Raketenabwehr- und Kampfjetsystems.

Kürzlich brachten die Kongressabgeordneten Eric Cantor und Steny Hoyer einen Gesetzentwurf ein, der die Befugnisse Israels zur Tätigung von Geschäften im Rahmen des Gesetzes zur auswärtigen Militärhilfe weiter stärkt. Der US-Präsident soll dadurch verpflichtet werden, dem Parlament über Maßnahmen zu berichten, "die Israels Ankauf von F-35-Kampfflugzeugen beschleunigen und kostengünstiger gestalten können". (Ende/IPS/ck/2012)


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http://www.aidtoisrael.org/downloads/Policy_Paper_print.pdf
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=106981

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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. März 2012