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NAHOST/860: "Israel ist ihr Heimatland" - UNICEF fordert Bleiberecht für Migrantenkinder (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 1. September 2011

Nahost: "Israel ist ihr Heimatland" - UNICEF fordert Bleiberecht für Migrantenkinder

Von Jillian Kestler-D'Amours


Jerusalem, 1. September (IPS) - Das UN-Kinderhilfswerk (UNICEF) hat die israelische Regierung aufgefordert, ein Urteil des Obersten Gerichtshofs vom April umzusetzen und den bislang in Israel geborenen Migrantenkindern ein Bleiberecht zu garantieren.

"Die Regierung sollte endlich dafür sorgen, dass diesen Kindern und ihren Familien die Ungewissheit ihres Schicksals genommen wird. Sie muss eine Migrationspolitik ohne Drehtüreffekt erarbeiten, die nicht wie bisher Kinder von Migranten ausweist und gleichzeitig neue Migranten ins Land lässt, denen sie das Recht auf Familiengründung verwehrt", forderte Moriel Matalon, Vorsitzender der israelischen UNICEF-Sektion im Gespräch mit IPS.

Seine Organisation besteht zudem darauf, dass Kinder der auf ihre Ausweisung wartenden Migrantenfamilien nicht wie Erwachsene in Abschiebehaft genommen werden dürfen. Diese Praxis verstoße eindeutig gegen die auch von Israel unterzeichnete UN-Kinderrechtskonvention, betonte Matalon.

Als die israelische Regierung im Juli 2009 die Abschiebung von 1.200 Kindern illegal im Land lebender Migranten ankündigte, richtete sie angesichts der öffentlichen Kritik einen interministeriellen Ausschuss ein. Auf dessen Beschluss hin wurde die Zahl der ausgewiesenen Kinder auf 400 reduziert. Die übrigen 800 sollen ein Bleiberecht erhalten, falls sie bestimmten Anforderungen genügen.

Dazu gehören die Beherrschung der hebräischen Sprache und der Besuch einer israelischen Grund- oder Sekundarschule. Außerdem müssen sie entweder in Israel geboren oder vor dem 13. Lebensjahr legal mit ihren Eltern eingewandert sein und seit mindestens fünf Jahren in Folge in Israel leben. Regierungschef Benjamin Netanjahu erklärte damals: "Wir haben ein Herz für Kinder, doch wir müssen dafür sorgen, dass der jüdische Charakter des Staates Israel gewahrt bleibt."


Arbeit oder Mutterschaft

Ein jetzt vom Obersten Gerichtshof für verfassungswidrig erklärtes Gesetz hatte von illegalen Arbeitsmigranten mit Kindern verlangt, den Nachwuchs unverzüglich ins Heimatland zurückzuschicken. Andernfalls drohte ihnen der Verlust ihrer Arbeitserlaubnis. "Es verstößt gegen die Normen der israelischen Gesellschaft und gegen die Verfassung, wenn man Frauen zwingt, zwischen einer dauerhaften Beschäftigung und dem damit verbundenen Einkommen und dem Recht auf Mutterschaft zu wählen", stellte der Oberste Gerichtshof fest.

Der Urteilsspruch gilt nicht rückwirkend. Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation 'Israeli Children', die sich um Betroffene kümmert, wurden seither weitere 60 Kinder ausgewiesen. "Was bislang fehlt sind verbindliche amtliche Vorschriften für den Umgang mit Migrantenfamilien, die vor der Abschiebung stehen", meinte dazu Noa Galili, die Sprecherin der Hilfsorganisation.

"Am Ben-Gurion-Flugplatz in Tel Aviv gibt es für Migranten in Abschiebehaft weder einen Arzt noch einen ständig dort eingesetzten Sozialarbeiter", berichtete die Aktivistin. "Wir bestehen nicht auf einem Bleiberecht für alle in Israel geborenen Kinder. Doch diejenigen, die jetzt hier leben, gehen zur Schule und sprechen Hebräisch. Ihre Heimat ist Israel", stellte sie fest. (Ende/IPS/mp/2011)


Links:
http://www.unicef.org
http://www.israeli-children.org.il/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=104938

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. September 2011