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NAHOST/774: Unrealistische Forderungen an den Iran unterlaufen Abrüstungsgespräche (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 16. Februar 2011

Iran/USA:
Unrealistische Forderungen unterlaufen Abrüstungsgespräche

Von Ali Gharib


New York, 16. Februar (IPS) - Bei den internationalen Verhandlungen in Istanbul über das iranische Atomprogramm sind die Gesprächspartner keinen Schritt weitergekommen. Nach Ansicht politischer Analysten sind Fortschritte nur durch einen Wandel der US-iranischen Beziehungen möglich: Anstatt weiter wie bisher nach dem Prinzip 'Zuckerrohr und Peitsche' zu verfahren, sollte Washington lieber die Zusammenarbeit mit dem Land in anderen Bereichen suchen und dem sanktionsgeplagten Land Anreize in Aussicht stellen.

Die USA hatten an den P5+-Gesprächen der fünf ständigen UN-Sicherheitsratsmitglieder und Deutschlands in der türkischen Hauptstadt teilgenommen. Während der Iran dort weiterhin darauf pochte, das Programm diene lediglich der Nutzung der Kernenergie für medizinische und Energieversorgungszwecke, fürchten westliche Länder, dass der Staat bereits an einer Atombombe bastelt.

Dass die Verhandlungen, die durch die politische Krise in Ägypten überschattet waren, einfach nicht vorankommen wollen, wirft bei etlichen US-amerikanischen Analysten die Frage auf, wie in dem Fall in Zukunft am besten weiter verfahren werden kann. Viele sind der Meinung, dass die Erwartungen an die Gespräche viel zu hoch gewesen seien.

"Wir machen einfach keine Fortschritte. Ebenso wenig wird uns die Gewissheit zuteil, die wir nach unseren Vorstellungen haben sollten", sagt Marc Lynch von der George-Washington-Universität. "Keine der bisherigen Optionen zur Lösung des Problems habe funktioniert.

Die geringen Fortschritte bei den Gesprächen leiten Wasser auf die Mühlen derjenigen, die Iran seit langem verdächtigen, an einer Atombombe zu bauen. Selbst wenn dies der Fall wäre, nach Ansicht von Greg Thielmann von der 'Arms Control Association', in Washington hätte die internationale Gemeinschaft keine Möglichkeit, die Entwicklung aufzuhalten.


Anreize statt Drohungen

Die USA und ihre Verbündeten sowie internationale Gremien versuchen den Iran mit einem dualen Ansatz zu einer Aufgabe seines Atomprogramms zu bewegen. Zeigt es sich willig, winkt eine Belohnung, andernfalls droht die Bestrafung. Doch nach Ansicht von Thielmann würden auch Sanktionen wenig gegen einen Staat ausrichten, der zum Bau von Atomwaffen fest entschlossen sei. Selbst ein Militärstreich, wie er von der US-amerikanischen Rechten in politischen Zirkeln heftig diskutiert wird, werde den Iran letztlich nicht davon abhalten können, Atomwaffen herzustellen.

Thielmann zufolge macht es somit keinen Sinn, sich auf unrealistische Maßnahmen die Anreicherung von waffenfähigem Uran zu konzentrieren. Seiner Meinung nach wäre es sinnvoller, die atomaren Aktivitäten des Iran gut im Auge zu behalten. Transparenz sei hier das Zauberwort.

Auf einem Forum, das das 'National Security Network' und das ' Center for American Progress' unlängst gemeinsam organisiert hatten, bemängelte auch Barry Blechman vom 'Stimson Center' in Washington, dass die bisherige US-Strategie nichts bewirkt habe. Für ihn steht fest, dass die USA ihre Politik ins Gleichgewicht bringen muss.


Diplomatie gefragt

Blechman ist Ko-Autor eines Stimson-Berichts, in dem die USA "dringend" aufgefordert werden, ihre Beziehungen jenseits der Atomproblematik auszubauen. Es sei "dumm", US-Diplomaten auf der ganzen Welt zu verbieten, normale Beziehungen zum Iran aufzubauen, meint Blechman. "Wir müssen in Fragen, in denen wir gemeinsame Sicherheitsinteressen wie den Kampf gegen den Drogenhandel verfolgen, zweigleisig fahren. Es wird Zeit, der Diplomatie eine Chance zu geben und sich dem Land gegenüber realistischer und großzügiger zu verhalten."

Tatsächlich könnte das sanktionsgeplagte Land Hilfe gebrauchen. "Der Iran macht längst nicht mehr den Eindruck einer neuen Hegemonialmacht", sagte Lynch auf dem Forum. Er verwies auf US-Gesetze, die Sanktionen gegen den Iran von dessen Haltung gegenüber dem Libanon und dem Nahostkrieg abhängig machten. Solche Gesetze seien einer Lockerung der Sanktionen, wie sie dem Iran in den Gesprächen angeboten wurden, abträglich. "Wollen wir glaubwürdig rüber kommen, sollten wir auch zusichern können, dass wir unsere Zusagen auch einhalten können." (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Februar 2011