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LATEINAMERIKA/1236: Kolumbien - Erste Generalstaatsanwältin ahndet Verbrechen der Uribe-Regierung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 23. Februar 2011

Kolumbien:
Erste Generalstaatsanwältin ahndet Verbrechen der Uribe-Regierung

Von Helda Martínez


Bogotá, 23. Februar (IPS) - In Kolumbien ist mit Viviane Morales erstmals eine Frau an die Spitze der Generalstaatsanwaltschaft aufgerückt. Kaum waren die ersten 40 Tage ihrer Amtszeit erreicht, kündigte sie rechtliche Schritte gegen ehemalige Minister und Beamte des Ministeriums für landwirtschaftliche Entwicklung an. Menschen- und Frauenrechtsorganisationen gilt der jüngste Vorstoß als erster Hinweis darauf, dass sie fest entschlossen ist, Korruption und andere Verbrechen der Regierung von Ex-Präsident Álvaro Uribe zu ahnden.

Die Juristin, ehemalige Abgeordnete und politische Kommentatorin, ist seit Dezember 2010 im Amt. Sie war vom amtierenden Staatschef Juan Manuel Santos für den Posten vorgeschlagen und von 14 der 18 Richter des Obersten Gerichtshofes gewählt worden.

Am 21. Februar kündigte Morales die Eröffnung eines strafrechtlichen Verfahrens im Zusammenhang mit einem Korruptionsskandal an, den eine lokale Zeitschrift im Oktober 2009 aufgedeckt hatte. Insgesamt sollen sieben hochrangige Beamte einschließlich die beiden Agrarminister unter Uribe (2002-2010) Andrés Felipe Arias und Andrés Fernández sowie 15 weitere Personen angeklagt werden. Ihnen wird vorgeworfen, 2,25 Millionen US-Dollar unterschlagen zu haben, die ursprünglich für kleinbäuerliche Entwicklungsprogramme bestimmt waren. Gegen 50 weitere Personen sind bereits Gerichtsverfahren anhängig. Um Arias und Fernández unter Anklage stellen zu können, muss ihnen zunächst die Immunität aberkannt werden, die sie als ehemalige Kabinettsmitglieder genießen.


Lob

Mit ihrer offensiven Vorgehensweise ist die neue Generalstaatsanwältin auf großen Zuspruch gestoßen. Vor allem zivilgesellschaftliche und soziale Gruppen zeigten sich erfreut über die offensichtliche Bereitschaft, energisch gegen Korruption und Misswirtschaft vorzugehen. Auf der Agenda der Generalstaatsanwältin steht auch die Untersuchung von mehr als 2.000 extragerichtlichen Hinrichtungen, an denen rund 100 Militärs beteiligt waren. Nicht zu vergessen der Abhörskandal, der sich gegen Richter, Menschenrechtsaktivisten und Journalisten richtete.

Um die Korruption wirksam zu bekämpfen, die oft mit Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang steht, kann Morales auf eine weitere 'Wunderwaffe' zählen: auf Sandra Morelli, die im August von 222 der 268 Abgeordneten des Zweikammerparlaments zur Leiterin des nationalen Rechnungshofes gewählt worden ist.

Auch Frauenverbände begrüßten die Ernennung der beiden Frontfrauen. Morales und Morelli gehörten zu den 57 Prozent aller Universitätsabgängerinnen, die den 46 Millionen Menschen zählenden Kolumbiern einiges zu bieten hätten, hieß es. Hinzu kommen all jene Frauen, die sich und ihre Kinder jeden Tag vor der alltäglichen, sozialen und innerfamiliären Gewalt im Zuge des mehr als 50 Jahre währenden Krieges in Sicherheit bringen.

"Es gibt Frauen, die vergewaltigt oder bedroht werden, weil sie für ihre sozialen Rechte eintreten", so die Anwältin Luz Marina Monzón, die als Sonderverteidigerin in Fällen, die vor dem interamerikanischen Menschenrechtssystem ausgetragen werden, fungiert. Als Beispiel nannte sie den Fall einer Vertriebenen, die sich über die Sonderbehandlung beschwert hatte, die Behörden des Landes den ultrarechten Paramilitärs zukommen ließen. Um die Frau zum Schweigen zu bringen, drohten die Kämpfer damit, ihre 14-jährige Tochter zu vergewaltigen. (Ende/IPS/kb/2011)


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http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=97598

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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Februar 2011