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LATEINAMERIKA/1118: Mexiko - Zivilgesellschaftlichen Organisationen gehen die Mittel aus (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 19. August 2010

Mexiko: Zivilgesellschaftlichen Organisationen gehen die Mittel aus

Von Emilio Godoy


Mexiko-Stadt, 19. August (IPS) - Mexikanische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) sind sich darüber einig, dass Rechtstaatlichkeit und öffentliche Sicherheit im Land dringend verbessert werden müssen. Für wirksame Projekte fehlt ihnen jedoch die notwendige Finanzierung. Vor allem der Staat hält sich mit Zuschüssen zurück.

Wie Jorge Villalobos, Mitautor einer kürzlich vorgestellten Untersuchung, sei es wichtig, in eine gut organisierte und partizipative Zivilgesellschaft zu investieren. Villalobos leitet das Mexikanische Zentrum für Filantrophie (Cemefi), das sich gemeinsam mit rund 350 NGOs an der Studie beteiligt hat. Die Stärke der mexikanischen Zivilgesellschaft wurde anhand einer Skala von 0 bis 100 bewertet. Die NGOs vergaben durchschnittlich 40 Punkte vergaben, eine schwache Leistung des lateinamerikanischen Landes.

Das Bewertungssystem, das seit 2000 bereits in 55 Ländern erprobt wurde, ist Teil eines Projekts der Weltallianz für Bürgerpartizipation (CIVICUS). Diem internationalen Netzwerk sind Gewerkschaften, NGOs, Berufsverbände und Stiftungen angeschlossen. Der CIVICUS-Index für Mexiko wurde von Cemefi und der nichtstaatlichen Bürgerinitiative zur Förderung einer Dialogkultur (ICPCD) entwickelt.

Die US-amerikanische Kellogg-Stiftung und die britische Botschaft in Mexiko finanzierten das Projekt. Parallel zu Meinungsumfragen wurden acht Workshops in verschiedenen Regionen des Landes abgehalten.


Sorge über Gewalt in Bundesstaat Chihuahua

Vertreter nichtstaatlicher Organisation äußerten sich unter anderem beunruhigt über die Lage im nördlichen Bundesstaat Chihuahua, wo die Drogenkriminalität besonders hoch ist. Mehrere Rauschgiftkartelle kämpfen hier, nahe der Grenze zu dem größten Drogenmarkt USA, um die Vorherrschaft.

Der mexikanische Präsident Felipe Calderón führt seit seinem Amtsantritt Ende 2006 einen erbitterten Kampf gegen die Kartelle. Tausende Soldaten sind in Städten im Einsatz, um Rauschgifthändler dingfest zu machen. Nach offiziellen Angaben wurden dabei 28.000 Menschen getötet. Auch Menschenrechtler werden häufig zu Zielscheiben der Gewalt. Im Bundesstaat Hidalgo, etwa 100 Kilometer nordöstlich von Mexiko-Stadt, wurden am 19. Juli die Leichen von zwei Mitarbeitern der Organisation 'Habitat para la Humanidad Mexiko' gefunden.

Die Bemühungen der zivilgesellschaftlichen Gruppen um Rechtstaatlichkeit und öffentliche Sicherheit werden jedoch nicht angemessen honoriert. Etwa 43 Prozent der im Rahmen der Studie befragten NGOs klagten über einen Rückgang ihrer finanziellen Mittel. Lediglich 23 Prozent gaben an, über ein höheres Budget zu verfügen. 22 Prozent aller interviewten Vereinigungen erhalten staatliche Zuschüsse, 23 Prozent werden von privaten Spendern unterstützt. Laut Maria Verduzco von der Organisation 'Alternativas y capacidades' schlagen öffentliche Mittel bei der Finanzierung der NGOs lediglich mit neun Prozent zu Buche.

Die Untersuchung bezog sich in erster Linie auf ein Investitionsprogramm des Nationalen Instituts für Entwicklung (Indesol). Im vergangenen Jahr waren dort 3.000 Projektanträge eingegangen. Die gesamten vom Staat für Nichtregierungsorganisationen bereitgestellten Mittel unterlagen in den vergangenen Jahren deutlichen Schwankungen. Zwischen 2007 und 2008 erhöhte sich das Budget von etwa 173 Millionen auf fast 380 Millionen US-Dollar, bevor es im vergangenen Jahr wieder sank.


30.000 Nichtregierungsorganisationen

In Mexiko sind rund 30.000 NGOs tätig, von denen nur 9.000 bei Indesol registriert sind. "Eine der großen Herausforderungen liegt darin, mehr öffentliche und private Mittel einzuwerben", erklärte Villalobos.

Nach Erkenntnissen von Cefemi verfügen etwa 15 private Stiftungen in Mexiko über einen Kapitalstock von mehreren Milliarden US-Dollar. Zu ihnen gehört die Stiftung des mexikanischen Telekom-Unternehmers Carlos Slim, der laut dem US-Magazin 'Forbes' der reichste Mann der Welt ist. (Ende/IPS/ck/2010)


Links:
http://www.cemefi.org/spanish/index.php
http://www.indesol.gob.mx/web/Index.php
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=96148

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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. August 2010